Erstellt am: 23. 11. 2010 - 15:10 Uhr
Studiengebühren auf Umwegen
Seitdem die im Oktober in Loipersdorf ausgearbeiteten Sparpläne durchgesickert sind, haben vor allem zwei Punkte daraus jede Menge Protest ausgelöst: Die Einsparungen bei Familien, vor allem die Streichung der Familienbeihilfe ab 24 Jahren, und die Streichung der Subventionen für außeruniversitäre Forschung. Beides hat für Protest gesorgt, der auf breite öffentliche Unterstützung getroffen ist. Gestern haben Regierungsmitglieder VertreterInnen aus dem Wissenschaftsbereich zum "Bildungsgipfel" getroffen. Dort wurde aber anscheinend nicht über das neue Sparpaket, sondern die altbekannten Finanzierungsprobleme der Unis gesprochen, denen ja mindestens 250 Millionen Euro zur Erhaltung des Status Quo fehlen. Die VertreterInnen der ÖH sind schon nach wenigen Minuten gegangen, was wie schon vorher geplant rüberkommt. Andererseits kann man seinen Abend ja wirklich sinnvoller verbringen, denn Pröll und Faymann haben sich erwartungsgemäß auf keine konkreten Planänderungen festgelegt. Pröll: "Für uns ist wichtig gewesen, dass der Finanzrahmen hält. Wir werden hier keine Änderungen vornehmen." Es bleibt bei dem vagen Bekenntnis zum Abschleifen von Härtefällen, dem Verweis auf eine Studie, die Ende des Jahres fertig werden soll und dem Plan zur Studienplatzfinanzierung.
apa/HERBERT NEUBAUER
Hintertürgebühren
Im Wissenschaftsbereich erhöhen die Sparpläne einerseits den ohnehin schon hohen Druck auf Studierende in mehrerlei Hinsicht:
Diese drei Maßnahmen sollen innerhalb von vier Jahren zusammen etwa 270 Millionen Euro bringen - auf Kosten der Studierenden. Viel mehr ist mit sozial verträglich gestalteten Studiengebühren auch nicht drinnen.
- Neben dem Ende der Familienbeihilfe mit 24 Jahren, die man mit ein wenig Zynismus als unsanfte Maßnahme zur Beendigung des Studiums nach Erreichen des von Studierendenseite ungeliebten Bachelortitels interpretieren kann,
- sollen die staatlichen Zuschüsse zur studentischen Selbstversicherung wegfallen. Das würde in den nächsten vier Jahren 32 Millionen Euro bringen. Thomas Wallerberger von der ÖH: "Das bedeutet für Studierende, die sich selbst versichern müssen 30 Euro mehr pro Monat an Versicherungsbeiträgen."
- Die Kürzung der Förderung von Studierendenheimen, die - wohl wegen längerfristiger Zusagen - erst so richtig ab 2014 erfolgen kann, soll 4,9 Millionen Euro sparen. Teurere Heimplätze treffen vor allem Studierende vom Land, die nicht mehr bei ihren Eltern wohnen können.
Auch weitere Sparmaßnahmen tragen nicht zur Exzellenz österreichischer AbsolventInnen und ForscherInnen bei:
- Beim Erasmus-Programm sollen innerhalb der nächsten vier Jahre 7,6 Millionen Euro gestrichen werden, weitere Mobilitätsstipendien sollen wegfallen - Auslandsaufenthalte werden also schwieriger und teurer.
- Und schließlich sollen über 19 Millionen Euro für diverse Stipendien und Forschung eingespart werden.
Für kommenden Samstag, 27.11.2010 ist in Wien eine Demonstration gegen einige der Sparpläne der Regierung geplant.
"Es gibt internationale Beispiele, wie genau jetzt, in den Ausläufern der Finanzkrise, verstärkt in Zukunftsressorts investiert wird. Deutschland gibt zum Beispiel 12 Milliarden mehr aus." sagt Thomas Wallerberger. Obwohl diese hochgesteckten Ambitionen an der Budgetrealität scheitern könnten, werden die Bildungsausgaben in Deutschland in den kommenden Jahren zumindest nicht sinken.
Im österreichischen Budgetentwurf hingegen ist wie zum Hohn angekündigt mit je 25.000 Euro pro Jahr die "nachhaltige Entwicklung" einzusparen.