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Chris Riebenbauer Graz

Protestkultur, Musik, Mode - punk routine in blog form.

17. 11. 2010 - 13:05

Straight Edge III

Die Basement Show Trilogie über die Gegenkultur im Punk geht in die finale Runde. Wie die Straight Edge Szene und ihre musikalischen Protagonisten in den 90igern die österreichische Szene beeinflusste, erfährt ihr heute ab 22 Uhr im House of Pain.

Straight Edge war Anfang der 90iger bereits eine globale Bewegung. Die Entwicklungen um die "Youth Crew Ära" in den 80igern, in der Tierrechte und Veganismus in die ideologischen Wurzeln des Straight Edge integriert wurden, führten mitunter auch zu einer Radikalisierung dieser subkulturellen Bewegung. Die sogenannte Hardline Bewegung, eine militante Abspaltung der Szene stellte das Dogma der Drogenfreiheit über die Selbstentscheidung des freien Handelns und Denkens. Schnell bildeten sich gangartige Gruppierungen und vereinzelt kam es auch zu gewaltvollen Übergriffen auf "Andersdenkende". Schwulenfeindlichkeit und Abtreibungsgegnerschaft wurden vereinzelt in diesen radikalen Gruppierungen propagiert, sodass auch bald rechtsextreme Aktivisten die bekannten Szenecodes überahmen. Der Großteil der aktuellen Straight Edge Szene ist friedlich und noch immer der Bewegung des Punk zuzordnen.

X Let's MOSH X

War musikalisch betrachtet der Straight Edge Sound der "Gründer-Väter" noch sehr roh und punkig, hat sich die dritte Generation in den 90ern schon eher in einen düsteren Hardcore metallischer Prägung verwandelt. Vor allem Bands wie Strife, Morning Again, Culture oder Earth Crisis prägten eine junge und neue Generation von Straight Edge Kids. Die Szene professionalisierte sich neben den USA auch zunehmend in Europa. Vor allem in Belgien versammelte sich ein kleiner und aktiver Haufen von Szene-Protagonisten und Labels wie Good Life Records , Genet Records oder etwa in Deutschland Crucial Response Records erfreuten sich immer größerer Anhängerschaft. Von diesen "aktiven Zellen" aus wurde die gesamte europäische Szene mit stetig neuen Releases versorgt. Events wie das Ieper Fest in Belgien oder das Fluff Fest in Pilsen wurden zu grenzübergreifenden Treffpunkten von Straight Edge und Hardcore Kids, wo zwischen veganem Essen und Shopping im Hardcore-Supermarket, noch immer Jahr für Jahr die aktuellsten Bands gastieren. Vor allem diese frühe europäische Szene hatte Mitte der 90iger auch ihre Auswirkungen auf die österreichische Punk und Hardcore Szene. Eine junge Band aus Olbendorf im Burgenland ist als erste ernstzunehmende und international aktive österreichische Straight Edge Band zu nennen. Racial Abuse führten Ende der 90iger im Raum Oberwart zu einem regelrechten Straight Edge Boom, der Entwicklungen in Wien und Graz in den Schatten stellte.

Bugenländische Straight edge Band Racial Abuse

Aaron Tauss

NO NEED

"No Need" war der Titel des Debüt Albums. Erschienen auf dem deutschen Label Lost and Found Records, legten Racial Abuse damit internationale Reife in Sound und Produktion an den Tag und die Latte für österreichische Kollegen hoch. Noch dazu waren die Bandmitglieder rund um Sänger Aaron Tauss nicht älter als 15 Jahre, ihr Drummer gerade mal 12. Was macht man also, wenn man als allzu junge Hardcore Punk Band auf Tour gehen will und vom Gesetz her gar nicht befugt ist dies zu tun? Man lässt seinen Vater einen Bus kaufen und verpflichtet ihn als Tourmanager, Fahrer und Merchandiser. So geschehen bei Racial Abuse. Daddy Tauss hat kurzerhand diese Aufgaben übernommen und die Band zur damals renommiertesten österreichischen Hardcore Band gemacht. Schon bald spielten Racial Abuse ausverkaufte Häuser von Belgien bis Spanien und fuhren mit der Band 25 Ta Life im Nightliner durch Europa, während der Rest der österreichischen Alternative-Bands noch nicht mal das lokale Juz vollmachte und im Proberaum noch an "Smells like Teen Spirit" scheiterte.

Punk Band Racial Abuse

Aaron Tauss

Mit dem zweiten Album auf Lost and Found ,"Climb", gingen sie ihren Weg konsequent weiter. Vereinzelt konnte man jedoch schon düstere Töne vernehmen. Mit Ihrem dritten und finalen Album "What Mirrors Conceal" wechselten Racial Abuse das Plattenlabel und unterzeichneten bei Good Life Records. Mit diesem Album festigten sie ihren metallischen Sound und passten sich somit gekonnt dem damaligen Trend der Szene an.

Straight Edge Band Racial Abuse

Aaron Tauss

Auf Tour lernten Racial Abuse dann auch die schwedische Band Refused kennen und lieben. Der Einfluss der Schweden führte schlussendlich zur Metamorphose des nächsten grandiosen Projekts der kreativen Burgenländer. Racial Abuse lösten sich auf und verwandelten sich in Cameran. Die Fesseln der gemeinschaftlichen Etikettierung einer subkulturellen Bewegung wurden abgeschüttelt, mehr musikalische und literarische Einflüsse zugelassen. Der neue Stil, das neue musikalische Outfit professionalisiert. Mit ihrer Split 7 inch auch Moo Cow mit der brasilianischen Band Bastard in Love debutierten sie mit unglaublichen Songs. Wut, Harmonie, musikalische Perfektion. Das ursprüngliche Line-up von Racial Abuse zerbrach jedoch an Cameran. Eine Tatsache die Cameran in den darauffolgenden Jahren ihrer Existenz noch ordentlich verfolgen sollte. Einzige Konstante im Bandgefüge waren rückblickend gesehen die Cousins Aaron Tauss und Pascal Holper. Cameran verschwanden 2007 nach dem grandiosen Album "A Caesarean" von der Bildfläche. Nichtsdestrotz beeinflusste der frühe professionelle Zugang der Jungs aus Olbendorf die gesamte Region. Das OHO in Oberwart wurde zum Szene Treffpunkt, Festivals wie das "Mind over Matter" brachten die gesamte österreichische Szene ins Burgenland. Der Weg der vier Burgenländer wurde zum Vorbild für viele lokale Musiker. Von den österreichischen Medien wurden sie nie akzeptiert und wahrgenommen. Ein österreichisches Phänomen, möchte man fast meinen....

Pascal holper.

Aaron Tauss

Die FM4 Basement Show im House of Pain! Mittwoch Nacht ab 22 Uhr.

Parallel zu Racial Abuse waren sicherlich noch andere österreichische Straight Edge Bands wichtig und aktiv. Vor allem H-Street aus Wien hielten die drogenfreie Fahne in der Landeshauptstadt hoch und waren auch europaweit auf Achse. Eine musikalische Sammlung dieser Szene sowie Interviews mit prägenden Persönlichkeiten könnt ihr heute, Mittwoch, ab 22 Uhr im House of Pain genießen, wenn es zum dritten und letzten mal heißt: The Basement Show untersucht das Phänomen Straight Edge.