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Christian Fuchs

Twilight Zone: Film- und Musiknotizen aus den eher schummrigen Gebieten des
Pop.

11. 11. 2010 - 07:12

Funny or Die

Was wäre das Leben ohne Zach Galifianakis und Will Ferrell? "Due Date" und "The Other Guys" sind filmische Antidepressiva gegen die Herbsttristesse.

Es soll ja Menschen geben, die in Diskussionen noch immer abschätzige Bemerkungen über die grundsätzliche Dumpfheit der Amerikaner fallen lassen. Und die sich gleichzeitig den Mund fusselig reden, wenn es um europäische kulturelle Errungenschaften geht.

Ich muss dann im Gegenzug erst gar nicht mit bestimmten politischen Beispielen argumentieren, die avancierte amerikanische Gegenwartsliteratur erwähnen oder die Bedeutung des Stadtteils Brooklyn für den gesamten Pop der letzten Dekade hervorheben.

Es reicht, auf eine der größten Leistungen der US-Kultur hinzuweisen, die weltweit konkurrenzlos dasteht. Ich rede von der Website Funnyordie.com, der dazugehörigen Philosophie und allen Menschen, die dahinter stehen. Namen gefällig? Jack Black, Ben Stiller, John C. Reilly, Sarah Silverman, Judd Apatow, Michael Cera, Marion Cotillard, Will Arnett, Aziz Ansari, Aubrey Plaza, James Franco, um nur einige zu nennen.

In einer Zeit, in der die soziale, okönomische und sonstige Apokalypse ständig droht, das Wetter meistens schlecht ist und Antidepressiva bei vielen zum Alltag gehören, versuchen diese und andere Lichtgestalten therapeutischen Beistand zu leisten. Vorausgesetzt, wir sind der englischen Sprache mächtig und verstehen auch die Feinheiten ihres wahnwitzigen Frat-Pack-Humors.

Due Date - Stichtag

Warner Bros

Einer der (ge-)wichtigsten humoristischen Wunderheiler im Umfeld von Funny or Die hört auf den etwas komplexen Namen Zach Galifianakis. Die meisten von uns schnöden Erdenbürgern haben wahrscheinlich in "The Hangover" zum ersten Mal mit seiner engelshaften Erscheinung Bekanntschaft gemacht. Und seitdem können wir nicht mehr genug bekommen.

Der grandiose Herr liefert nicht nur unvergesslich verstrahlte Auftritte in der Spitzenserie "Bored To Death" (mit dem natürlich zur Funny-Family gehörenden Jason Schwartzman), er hat uns mit diversen Cameos auch schon mitteldurchschnittliche Filme veredelt. Zach Galifianakis ist so etwas wie der John Belushi des Hier und Jetzt, der glücklicherweise eher kifft als gefährliches Pulver zu schnupfen und uns deswegen hoffentlich länger erhalten bleibt.

Wer an der magischen Galifianakis-Aura zweifelt, sollte sich die gesammelten Folgen der schnuckeligen Talkshow "Between Two Ferns" ansehen, wo er als Host auf Jon "Mad Men" Hamm, Charlize Theron und diverse Frat-Pack-Stars trifft. Sagen wir mal so: Wenn von der Erfindung des Internets irgendwann mal nur diese kurzen Webisodes übrig bleiben, war es die Sache wert.

Due Date - Stichtag

Warner Bros

Gemessen an Geniestreichen wie "Between Two Ferns" kommt Zach Galifianakis neuer Kinofilm relativ konventionell daher.

Sehenswert ist "Due Date", bei uns eben als "Stichtag" angelaufen, aber auf jeden Fall. Nicht nur, weil ausgerechnet der große Robert Downey Jr. für 100 Minuten mit Zach G. in einem Buddymovie wider Willen zusammengespannt ist. Sondern auch, weil sich Regisseur Todd Phillips seit seinen Tagen als Punk-Dokumentarist und Streifen wie "Old School" und eben "The Hangover" als einer der zentralen Erforscher der männlichen Psyche erwiesen hat.

Okay, das enorme Versprechen, das diese Kombination andeutet, löst "Due Date" nicht ein. Zu einfach gestrickt wirkt die Story vom gesettelten Architekten (Downey Jr.), der dringend zu seiner hochschwangeren Frau nach L.A. muss und leider gezwungen ist, mit einem Vollkoffer von Jungschauspieler (Galifianakis) mitzufahren. Der Roadtrip, frei nach John Hughes' Klassiker "Planes, Trains and Automobiles", ist natürlich mit horriblen Pannen gespickt.

Aber Berechenbarkeit hin oder her: Ein Film, der einen herrlichen Kurzauftritt von Juliette Lewis als Potdealerin enthält, Robert Downey bei der rabiaten Erziehung ungezogener Kinder zeigt, der sich in autistischen Galifianakis-Moneyshots suhlt (die besten Szenen involvieren Marihuana und menschliche Asche in einer Kaffeedose) und immer wieder die Kurve zu einer sanften Melancholie kriegt, muss und darf genossen werden. Ach ja, nicht zu reden von dem masturbierenden Hund.

Due Date - Stichtag

Warner Bros

Wir bleiben auch beim nächsten Film im Funny-or-Die-Universum. Ausgerechnet die Schöpfer, Initiatoren und kreativen Köpfe der famosen Website habe ich nämlich vergessen zu erwähnen. Die hören auf die Namen Will Ferrell und Adam McKay und sind seit Streifen wie "Anchorman - The Legend of Ron Burgundy", "Talladega Nights - The Legend Of Ricky Bobby" und "Stepbrothers" ein eingespieltes Bombenteam.

In ihrer neuesten Zusammenarbeit nehmen sich der Comedy-Superstar und sein Regiekumpel ein eigentlich schon breitgetrampeltes Genre vor. Die Polizeifilm-Klamotte wurde bereits mit Klassikern wie "Naked Gun" in den späten Achtzigern an einen Endpunkt getrieben, spätestens der britische "Hot Fuzz" setzte zuletzt unübertreffbare Maßstäbe.

Dass doch noch was rauszuholen ist und man nicht wie Kevin Smith jämmerlich scheitern muss, beweist "The Other Guys". Die etwas anderen Cops, das sind die New Yorker Detectives Gamble und Hoitz alias Will Ferrell und Mark Wahlberg. Der eine ein tollpatschiger Bürokrat, der andere ein traumatisierter Parademacho.

Ins Rampenlicht kommen die beiden Loser im Gegensatz zu manchen umjubelten Kollegen nie, arbeiten sie doch nur an mickrigen Fällen. Bis Gamble und Hoitz durch einen Zufall einem gigantischen Wirtschaftsverbrechen auf die Spur kommen.

The Other Guys - Die etwas anderen Cops

Sony

Brachial, subversiv, surreal: Die ersten beiden Kollaborationen von Adam McKay und Will Ferrell waren einfach nur zum Niederknien. Bereits "Stepbrothers" drosselte den absurden Irrsinn eine Spur, zugunsten einer etwas massenkompatibleren Albernheit. Und "The Other Guys" schließt mit seiner klassischen Struktur und zahlreichen Actionschauwerten hier an.

Trotzdem reichen die unzähligen Gags und Pointen locker für einen durchgelachten Kinoabend. Neben Ferrell entpuppen sich nämlich auch Mark Wahlberg und Eva Mendes als erstklassige Comedytalente, blödeln sich Samuel L. Jackson und Dwayne "The Rock" Johnson durch einen wunderbaren Kurzauftritt. Und alleine wie "The Other Guys" in seinem Nachspann die Finanzkrise sarkastisch auf den Punkt bringt, sucht im Hollywood-Mainstream seinesgleichen.

Bleibt zu hoffen, dass auch das heimische Publikum diesmal auf den Geschmack kommt. Bislang taten sich die Österreicher mit dem Ferrell'schen Wortwitz wegen zugegeben extremer Synchronisierungsschwierigkeiten ja schwer. Meisterwerke wie "Anchorman" liefen nur im Filmmuseum, "The Other Guys" war der Überraschungsfilm der heurigen Viennale. Eine verquere Leinwandwelt, wenn US-Megaerfolge bei uns in Cineastentempel ausweichen müssen.

Und was ist mit all jenen, die den göttlichen Unfug auch im Original nicht lustig finden? Für diese bedauernswerten Menschen, denke mir öfter, sollte es Kurse geben, wo man Will Ferrells oder Zach Galifianakis' Humor so erlernen kann wie den Zugang zu Jazz, E-Musik oder das Lesen von Untertiteln. Es lohnt sich.

The Other Guys - Die etwas anderen Cops

Sony