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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

5. 11. 2010 - 17:53

Fade Fabel

Nichts neues in Albion. Wir genderbenden, rülpsen und prügeln uns ein weiteres Mal durch ein belangloses Fantasy-Märchen.

John Cleese und Stephen Fry als Sprecher in der englischen Originalfassung. Die Entscheidungen über Geschlecht und sexuelle Ausrichtung des eigenen Avatars. Beziehungsformen zwischen Monogamie und Orgie. Das Spielen mit Geschlechterrollen durch die freie Wahl von Outfits. Und zwischendurch immer wieder Hinweise darauf, dass die Designer dahinter oder zumindest ihr Übervater, Peter "Spielschöngeist" Molyneux, kulturbeflissen sind - etwa bei Missionen, wo wir Theaterszenen nachspielen müssen. "Fable III" tut vieles, um sein spielerisch verkorkstes Wesen mit hübsch inszeniertem Beiwerk und schickem Autoren-Schmuck zu verdecken.

Bildschirmfoto aus dem Videospiel "Fable III": Der tyrannische Bruder des Königs am Thron, daneben sein Adjutant.

Lionhead / Microsoft Xbox

Unentschuldbare Langeweile

Worum geht's inhaltlich?

Wir sind wahlweise Tochter oder Sohn des Königspärchens in der Märchenwelt Albion. Weil unser regierender Bruder plötzlich zum Tyrannen geworden ist, müssen wir auf eigene Faust durch die Dörfer des Königreichs ziehen und Verbündete für die Revolution finden.

Unser Hund ist wieder mit von der Partie, neu hinzugekommen ist der persönliche Diener und ein königlicher Berater.

Es ist schon ärgerlich genug, wenn man einem Game nachsehen muss, dass seine ersten Spielstunden langweilig sind. Fans und Journalisten fordern gerne, dass man darüber hinwegsieht, weil es in manchen Fällen danach plötzlich viel besser würde. Was aber, wenn darauf keinerlei Aussicht besteht und die anfängliche Langeweile der eigentliche Kern ist?

"Fable III" versucht - auf die exakt selbe Weise wie sein Vorgängerteil - durch Effekthascherei in der Präsentation ein tolles Gesamterlebnis vorzutäuschen. Soziales Verhalten und moralische Entscheidungen sind auch diesmal wieder zentrale Spielelemente. Selbstinszenierung und das eigene Auftreten in der Gesellschaft haben Einfluss auf den Ruf, den die Bevölkerung von uns entwickelt. Die Interaktion passiert allerdings, ebenfalls wie im Vorgängerteil, nur mittels simpler, blödsinniger Faxen, die man einer Person gegenüber macht. Handeschütteln oder Pfeifen erhöht das Ansehen, Beschimpfen oder Rülpsen hat die gegenteilige Wirkung.

Bildschirmfoto aus dem Videospiel "Fable III": Die Heldin feuert einen Schuss ab.

Lionhead / Microsoft Xbox

Kaschierte Konventionen

Unter der kurios präsentierten Oberfläche ist "Fable III" ein geradliniges Rollenspiel. Es gibt mäßig inspirierte Aufträge zum Geldverdienen wie Kuchenbacken oder Gitarrespielen, die mit dummdreisten Minispielchen verknüpft sind, Wegstrecken von A nach B, wo man am Zielort wahlweise mit Leuten reden oder gegen sie im ewigen Schlag-und-roll-zur-Seite-Stil kämpfen muss und Gegenstände, mit denen man die eigenen Fähigkeiten ausbauen kann. Wer genug Gold hat, kann sich ein eigenes Haus kaufen oder zumindest neue Waffen oder Kleidungsstücke. Der Hund findet ja immer wieder mal ein paar versteckte "Zelda"-Schatztruhen in der ansonsten leeren Landschaft.

"Fable III" leidet unter denselben Problemen wie schon die Vorgängerteile. Es ist ein unausgegorener Mix aus überholten und uninspirierten Spielelementen, die immerhin in eine schlau geschriebene Fantasy-Welt eingebettet sind. Doch amüsante Dialoge und das oberflächliche Anreißen von sozialen Themen wie Sexualität und Freundschaft alleine machen noch kein gutes Spiel aus. Auch der dritte Teil der Molyneux'schen Fabelei kommt über den Gimmick-Status nicht hinaus, übrig bleibt ein belangloses, ebenso witziges wie kindisches Rollenspiel. Die dumme KI, das unausgegorene Sounddesign und facettenreiche Bugs runden das Gesamterlebnis konsequent ab.