Erstellt am: 1. 11. 2010 - 17:54 Uhr
#uniflimmert
"#unibrennt - Bildungsprotest 2.0" nennt sich die Dokumentation über die Audimax Besetzung aus dem Herbst 2009, die seit 29. Oktober die österreichischen Kinos bespielt. Der Film bietet einen niederschwelligen Einstieg in das komplexe System "Audimaxismus". Er ist aber auch eine gelungene Zusammenfassung der Ereignisse, der die Chronologie des überraschenden Erfolges dieses dezentralen Protestbiotops in Erinnerung ruft.
Die #unibrennt-Bewegung ist noch nicht tot. Das zeigt auch das Interview von Michi Schmid mit der Cloud.
Das Filmmaterial basiert auf dem Footage der AG Doku - das sind diejenigen unter den freiwilligen HelferInnen der Audimax-Besetzung, die es sich zum Ziel gesetzt haben, den #unibrennt-Protest für die Nachwelt zu dokumentieren. Das Material in unterschiedlicher Qualität serviert einen unmittelbaren Einblick in den Verlauf der Ereignisse, denn seit gut einem Jahr ist mit der Besetzung des Audimax der Blick auf die Bildungslandschaft Österreichs fundamental verändert worden.
Die #unibrennt-Bewegung hat es in beispielloser Konsequenz geschafft, Bildungspolitik wieder auf die Agenda der Tagespolitik zu bringen und gleichzeitig eine ganze Generation von Studentinnen und Studenten auf ihre Art und Weise zu politisieren. Die Bildsprache der Dokumentation schafft es, der heterogenen Struktur dieser Bewegung gerecht zu werden. So wird zum Beispiel auf einen Off-Sprecher verzichtet. Wenn die Originale den narrativen Fluss verlieren, kitten Interviews die Narben. Um die Dynamik der unterstützenden Web 2.0 Werkzeuge zu veranschaulichen, bieten passende Tweet-Popups kommentierende Beiträge. Es wird auch nicht versucht, die subjektive Sicht der jeweiligen Linse durch einen objektivierenden Überbau zu verschleiern. Es ist sehr schön, dass die Dokumente so ungehindert arbeiten können und ungefiltert auf das Publikum einwirken.
flickr | phirue
Dass ausgerechnet ein "schoenswetter" Tweet den Auftritt von Gustav im Audimax begleitet, lässt mich bei der Vorstellung erröten und offenbart auch meinen ganz persönlichen Blick auf diese Bewegung. #unibrennt hat Wien und möglicherweise auch Europa verändert und die Stärke dieser "Cloud-Demonstration" ist ihr popkultureller Ansatz. Pop als "ich kann mich darin wiederfinden".
flickr | zingh
Es wäre nur halb so schön, wenn nicht auch über den Film gestritten werden würde. Auf Facebook fordert man die Veröffentlichung unter CC.
Die Audimax-Besetzung ist streitbar, die Aktionen sind es, genauso wie die so offenbar zutage tretende Ignoranz der nationalen politischen Eliten. Aber es ist so erfrischend wunderbar, dass es seit der Besetzung des Audimax in Österreich möglich geworden ist, destruktives Schweigen und konservierenden Konsens durch basisdemokratischen Streit zu ersetzen. Dieser frische Wind ist die Frucht der #unibrennt-Bewegung und auch wenn das Ende des Streifens doch etwas resignierend ausgefallen ist, so ist dies vielleicht ein geschickter Schachzug des Drehbuchs: Man verlässt den Kinosaal mit einem Wunsch nach Wiederholung.