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Daniel Eberharter

Fotografie, Design und Handwerk. Kunst ohne künstlich.

29. 10. 2010 - 15:41

Feast your eyes on this

Der November wird mit dem Festival Eyes On zum Monat der Fotografie. Hier ein kleiner Guide mit einigen Geheimtipps.

Monate, fotografisch betrachtet

Der November steht metereologisch betrachtet im Zeichen des Nebels und der Kälte, modisch gewiss im Zeichen des Schals und seelisch des Sich-Damit-Abfindens, dass Weihnachten auch dieses Jahr wieder passieren wird. Aus fotografischen Blickwinkeln werden November in der Regel recht selten betrachtet. Um genauer zu sein, aber zumindest alle zwei Jahre.

Das Fotografiefestival Eyes On - Monat der Fotografie findet von 29.10.-04.12.2010 an über 150 Locations in ganz Wien statt.

Eyes On - Monat der Fotografie findet dieses Jahr zum vierten Mal statt. Das Festival wuchs aus dem ursprünglichen Kooperationsprojekt zwischen KünstlerInnen in Wien und Berlin (2004) zu einem Netzwerk mit TeilnehmerInnen in Luxemburg, Bratislava, Rom und Moskau (seit 2006) heran.

Eine gemeinsame Ausstellung ("Mutations III", siehe unten) mit Arbeiten aus ganz Europa bildet den Kern der Eyes On. Der nahezu erschlagend schwere Großteil des Festivals ist jedoch Soloausstellungen gewidmet.

Dank des zweijährlichen Rhythmus, welcher zum einen die Qualität der Ausstellungen hebt, zum anderen nicht so laut daherposaunt wie ein jährliches Event, schreitet Eyes On recht léger und selbstbewusst an die Spitze der europäischen Fotografie-Termine. Direkt vor der Wiener Haustür und das meiste bei freiem Eintritt.

Augen auf! Einige Höhepunkte des Programms

Die Anzahl der Ausstellungen ist gigantisch, insgesamt sind 600 FotografInnen an 168 Orten zu sehen. Die Bandbreite der verschiedenen fotografischen Stile, Themen, Medien ist dadurch klarerweise genauso groß. Das Spektrum reicht von historischer Fotografie über zeitgenössische Kunstfotografie bis zu wissenschaftlicher Dokumentarfotografie und der Fotografie von Alltagsgegenständen.

Wer sich keinen Urlaub nehmen kann, um das Programm zu durchforsten, dem bieten vielleicht folgende Tipps einen kleinen Überblick.

Mutations III Public Images, Private Views.
Dauer: 29.10.10-08.01.11
Ort: MUSA (Museum auf Abruf)
Die paneuropäische Sammelaustellung. Eine Auseindandersetzung mit der Fragestellung "Fotografie und Internet" von 14 FotografInnen ua. aus Dänemark, Frankreich, Niederlande und Österreich. Die Ausstellung ist mehr eine Präsentation einzelner, schon bestehender Arbeitsprojekte. Sehenswert sind vor allem die Projekte zu Guantanomo und Sochi.

Susanne Wehr, Mutations III, Eyes On

Susanne Wehr

Susanne Wehr - Public Images, Private Views

Marlies Plank - La Treizieme Fille
Dauer: 01.11.10-04.11.10
Ort: Café Kandinsky
Für die literarische Herangehensweise steht dieses Projekt: Marlies Plank konzentrierte sich auf eine bestimmte Stelle in Patrick Süßkinds "Das Parfum" und möchte die darin beschriebene Atmosphäre (nicht die Orte und Begebenheiten) mit Ihren Fotografien wiedergeben.

Birgit Minichmayer von Mirjam Unger. "Am Set"

Mirjam Unger

miupar: Birgit Minichmayr am Set (Foto: Mirjam Unger)

Mirjam Unger & Pamela Rußmann - 5:Miupar
Dauer: 16.11.10.-21.11.10, Vernissage 15.11., 18 Uhr
Ort: Hotel Altstadt
Die Namen Mirjam Unger und Pamela Rußmann werden HörerInnen (und LeserInnen) von FM4 ebenfalls ein Begriff sein. Die beiden fotografieren seit 2005 unter dem Namen Miupar. Ein Merkmal der beiden: Sie kommen ganz nah an die österreichische Prominenz heran und ermöglichen so äußerst intime Einblicke. Mit dieser Ausstellung werden die letzten fünf Jahre kompiliert und gefeiert.

Nadezhda Chipeff - Kontrapunkte Auf Bulgarisch
Dauer: 03.11.10.-29.11.10, Vernissage 02.11., 19 Uhr
Ort: Haus Wittgenstein
Bulgarische Reportagefotografie der letzten 10 Jahre, aus Politik und Gesellschaft. Wie oft bekommt man schon einen Blick auf Bulgarien auf dem Silbertablett präsentiert?

Damaso Reyes - Vienna From The Shadows
Dauer: 03.11.10-30.11.10, Vernissage 02.11., 18 Uhr
Ort: Amerika Haus
Klassischer Fotojournalismus mit US-amerikanischer Sichtweise auf österreichische Verhätlnisse. Reyes' Bilder von Aslysuchenden zur einen und Wiens "High-Society" zur anderen Seite sind pointiert und transportieren Inhalte, welche zu beschreiben man sonst zu viele Worte benötigt. Einer meiner drei Top-Tipps.

Damaso Reyes "Dead President", Eyes On/Monat der Fotografie

Damaso Reyes

Damaso Reyes - Dead President

Daniel Gebhart de Koekkoek, Clemens Fantur & Christian Flatscher - Mountains Beyond Mountains
Dauer: 06.11.10-05.12.10, Vernissage 05.11., 19 Uhr
Ort: Weingarage Bründlmayer
Und es sind noch mehr Leute aus dem FM4-Universum bei der Eyes On vertreten. Die Tiroler Buam Daniel Gebhart de Koekkoekk und Clemens Fantur (vielleicht besser als Manuva bekannt) bringen gemeinsam mit Christian Flatscher ihre Berge mit einem, eigenen, sehr stimmungsvollen und persönlichen Touch in eine sonst recht kalte Garagenhalle. Der Austragungsort ist Teil des Konzepts.

Freilich gibt es auch ein schmuckes Rahmenprogramm mit Führungen, Artist-Talks, Workshops und Fahrten ins benachbarte Bratislava zu deren eigenen Eyes On.

5 Directions Of Photography Through Photography
Dauer: 24.11.10-18.12.10, Vernissage 23.11., 19 Uhr
Ort: Hilger Brotkunsthalle
Studis der Klasse Kunst und Fotografie an der Bildenden Akademie stellen sich gegenwärtigen Fragen der Fotografie. Wieviel Macht hat die Kamera, kann sie Menschen in Ikonen verwandeln? Ist beim Weglassen des sperrigen Texts wohl eine spannende Fragestellung. Arbeiten von Susanne Quehenberger, Elsa Okazaki, Johann Schoiswohl uvm.

Katarina Balgavy - To Replace An Empty Mind With An Open Mind
Dauer: 28.10.10-05.11.10
Ort: Galerie Studio 18
Katarina Balgavy dokumentiert mit ihrer Ausstellung ein Grassroots Schulprojekt im größten Favela Rio de Janeiros, dem Complexo da Maré. Die alternative Schule UERÊ wurde vor 12 Jahren gegründet und bietet Straßenkindern einen Weg aus der alltäglichen Gewalt an einem der ärmsten Orte Brasiliens. Es gilt mittlerweile als großes Vorzeige-Bildungsmodell in Brasilien. "Einen Schritt in den Complexo da Maré zu setzen, wo es normal scheint, im Kugelhagel aus dem Auto zu steigen, löst ein komisches Gefuhl aus. Vor allem wenn man in Wien aufgewachsen ist", so Katarina Balgavy. Top Tipp Nummer 2.

Katarina Balgavy, to replace a closed mind with an open mind, eyes on /monat der fotografie

Katarina Balgavy

Katarina Balgavy - to replace an empty mind with an open mind

Stirn Prumzer - Experikrement
Dauer: 28.11.10-28.11.10, Vernissage 27.11.
Ort: Ankerbrot Expedit Halle
Stirn Prumzer schüttet und spritzt, versaut und bekleckert. Seine Schüttbilder und -aktionen sorgten schon im vergangenen Winter für Aufsehen. Stirn Prumzer sucht die Demaskierung einer "desolaten Realität, die jeglichen Anspruch auf Wahrheit verloren hat". Bilder werden geschossen, übermalt und wieder fotografiert; einem visuellen Mash-Up gleich.

Hinter Stirn Prumzer stecken zwei Wiener Künstler, ein Fotograf und ein Grafiker. Mehr will nicht verraten werden. Man sollte sich auf jeden Fall den 27.11. im Kalender ankreuzen - anschütten! - denn es wird noch eine gewaltive Eröffnungsfeier angekündigt. Richtig, Top-Tipp 3.

Update! Mittlerweile steht auch das Programm fest: Nitro Mahalia, Fuckhead, Jakuzi's Attempt und Patrick Pulsinger. Und mehr. Na holla. Mehr info auf stirnprumzer.com.

Stirnprumzer/Kurt Prinz/Schüttbild

Stirnprumzer

Stirn Prumzer

Gavin Lyons - Österreichische Schluchten
Dauer: 15.10.10.-15.11.10
Ort: Zebra Schwarzweiß Labor
Dass Österreich nicht immer auf der Höhe ist, kann man in geordneten Abständen anhand lokaler und nationaler Wahlergebnisse ablesen. Einblick in geologische Tiefen bietet Gavin Lyons mit seinen Bildern von Alpenfelsschluchten, Abgründen und Klammen.

Markus Sepperer, verschichtet global x2, eyes on (detail)

Markus Sepperer

Markus Sepperer - # 11 (detail)

Markus Sepperer - verschichtet-global x²
Dauer: 09.11.10-18.12.10, Vernissage 05.11., 19 Uhr
Ort: Lichtraum 1
Die Neuauflage einer sehenswerten Ausstellung vom letzten Jahr. Während mehrmaliger Aufenthalte in China und Japan sammelte Sepperer Bilder und Eindrücke einer Kulturregion der Gegensätze und Kontraste. Diese Scheren macht er mit seinen großformatigen Fotokollagen auf Leinwand beeindruckend sichtbar. Die Bilder sind überladen und aufdringlich, es ist schwer, sich ihnen zu enziehen.

Übrigens: Große Mainstream-Ausstellungen wie Hyper Real im MUMOK oder Valie Export im Belvedere werden ebenfalls als Veranstaltungen im Rahmen von Eyes On gelistet, sind jedoch in den meisten Fällen um einiges länger zu besichtigen als nur im November. Mein Tipp: Erst die kleinen, versteckten, die neuen, die jungen ansehen.