Erstellt am: 26. 10. 2010 - 11:55 Uhr
Ans Herz gelegt
FM4 Heartbeat
- Ginga: Paper Bird hat sie ihre "favourite boy band" genannt. Sie hören nicht gern, dass sie gut aussehen, also sollte man sie ständig damit necken, schließlich kriegen sie sonst eh nur von allen Lob um die Ohren gehaut. Zurecht natürlich. Eine jetzt schon perfekte Pop-Band, die trotzdem bloß noch besser werden wird.
- Bensh: Exzentrisches Wunderkind, das in seinem Songwriting zum erfrischenden Hakenschlagen neigt. Hat zwischen Reykjavik, London, Wien und Berlin ein Album produziert, das - wenn es denn endlich rauskommt - für einige Verblüffung sorgen wird. Ich hab ihn einmal mit den Super Furry Animals verglichen, Gruff Rhys solo wäre vielleicht die treffendere, aber natürlich längst nicht ausreichende Referenz gewesen.
- Ping Ping: Loretta Who schreibt und singt, Mauracher hilft offenbar bei der Umsetzung. Was ich bisher von ihrem Album gehört habe, klingt nach großer, glitzernder Popmusik.
- Mika Vember: Ihr neues Album "Our Lady of the Loops", koproduziert von Alexander Nefzger, hat meine erste Grippe dieses Herbstes auf halluzinogene Weise begleitet. Und "We All Agree" ist der Protestsong der Stunde.
- Francis International Airport: Eh, oder? Wunderschöne Produktion, herrlich unbescheiden mit Hooklines um sich werfende Songs.

Niko Ostermann
Francis International Airport
FM4 High Spirits
Dienstag, 26. Oktober:
FM4 High Spirits serviert:
Österreichische Housemannskost. Die besten interdimensionalen Rezepte aus den heimischen Grooveküchen - vom Ländle bis nach Wien-Landstrasse.
- Skwerl: Während für die meisten Produzenten im House-Bereich "Akkordarbeit" meist auf die möglichst omnipräsente Reproduktion eines Trademarksounds abzielt, arbeitet Michi Beim alias Skwerl lieber tatsächlich an den Akkorden, Harmonien und der Realisierung einer umfassenden Musikalität. Weniger ist mehr, das heißt keine endlose Liste an Tracks und Remixen, dafür auf den Punkt gebrachte Songs, die das seltene Kunststück schaffen, modern und klassisch zugleich rüberzukommen, mit viel Charisma und extrem langer Halbwertszeit.
- Motivic Records (Linz): Stephan Hoellermann baut mit viel Liebe und Phantasie an einer neuen österreichischen Plattform für den "spirit of house" in einer zeitgemäßen und offenen Interpretation. Die Veröffentlichungen von Discjackson, Mundo Loco und Stephan selbst haben 2010 schon einmal ein international beachtetes Fundament gelegt. Das Projekt eines ganz großen Musikliebhabers, das wird noch sehr spannend.
- Tipanic: Florian Riching produziert mit Selector Loopus Reggae und Dancehall (Bassrunner Soundsystem). Mit dem Alter Ego Tipanic geht er in eine unberechenbarere, im besten sinne interdimensionale Richtung. Freestyle swingen, manchmal raffiniert, manchmal brachial - "elektronisch gewaltsam" heißt's so schön im Soundpark-Profil - da stehen noch weitere sehr überzeugende Ansagen wie: "glaubt an die liebe, mag gemüse aber auch steak." Ich mag auf jeden Fall die Michael Jackson Coverversion "Rock With You" oder den Tipanic Remix für Tiger Tales auflegen.
- Nermin & Patrick Bo: Die Soul-House Brothers aus dem Ländle - children of a deeper society - Reschpekt.
FM4 House Of Pain
- Hella Comet: Neben Oberösterreich ist die Steiermark eines der Zentren für die kleine Noiserock-Revolution, die seit einigen Jahren in heimischen Proberäumen tobt. Lichtjahre entfernt von metallischen Posen arbeiten Bands wie The Striggles oder Reflector an einer menschenfreundlichen Härte mit Postgrunge-Touch. Die Sympathieträger schlechthin dieser Szene sind aber die Grazer Hella Comet. File Under: Atmosphärischer Krach, Wüstenrock-Hypnose, Sonic Youth-Flirren. Und dank Sängerin Lea schwebt die Band auch wie ein heller Komet über den üblichen Ausbrüchen brüllender Lärmbuben.
- Mastic Scum: Als "Grindrock" irgendwo zwischen Melvins und Napalm Death bezeichneten die Salzburger 2002 noch ihren Stil. Seitdem hat sich einiges getan und Masic Scum sind mit Sicherheit eine der kompromiss-losen Mitbegründer jenes Genres, welches da Deathcore genannt wird und sind ohne Zweifel eines der Metal-Aushängeschilder über österreichische Grenzen hinweg.
- Naca7: Die Schwechater lassen sich bis heute nur auf einen Stil festlegen, nämlich ihren eigenen und nannten das gleich ganz selbstbewusst "Airport Hardcore". Naca7 haben hörbar Spaß daran und lassen sich gern vom Besten aus Metal, Hardcore oder Punk beeinflussen, ohne je auf den modischen Metalcore-Zug aufgesprungen zu sein. Nicht umsonst war das vielfältige Quartett bereits auf einigen FM4-Festen und im House Of Pain zu Gast.
- Reap schafften es verdientermaßen 2005 im Metal Hammer zum "Underground Artist of the month", wobei sie schon längst auch außerhalb dieses sog. Underground bekannt sein sollten. Zwar ist es schon lange kein Geheimnis mehr, dass Melodien und brachiale Gitarren sich nicht ausschließen, die richtige Mischung ist es aber, die es ausmacht. Wo andere bei aller Vielfältigkeit zu weinerlich werden, hauen Reap im richtigen Moment mit einer ordentlichen Portion Death-Metal wieder drauf.

Christopher Mavric
Hella Comet
FM4 Tribe Vibes
- Cid Rim ist schon der dritte Produzent futuristischer Rhythmusgebilde aus dem Funkkomplex JSBL (nach Dorian C. und The Clonious). Trotzdem oder gerade deshalb findet er wieder ganz eigene Zugänge zu Klang und Synkope. Zumindest zweiteres überrascht nicht, schließlich ist er im Erstberuf ja Schlagzeuger.
- Def Ill hat schon vor dem Stimmbruch sein erstes Texta-Feature absolviert und jetzt nach vielen verschiedenen Projekten als erbarmungslose Dialekt-Rap-Maschine eine vorläufige Bestimmung gefunden. Und er ist noch immer jung, auf ihn sollte man also in Zukunft auf jeden Fall aufpassen...
- Parkwächter Harlekin ist der missing link zwischen HipHop und einer anderen Dimension. Wie schon der Superhit "Exil" könnte auch der Rest seines Debütalbums ein paar Anläufe brauchen, um volle Wirkung zu entfalten. Diese wird es dann aber wert sein.
FM4 La Boum De Luxe
- Elektro Guzzi: 1 Gitarre + 1 Bass + 1 Schlagzeug - und das klangliche Resultat ist wider Erwarten die exakte Antithese zur archaischen Grundformel testosteronverspritzender weißer Buben. Verführerisch, stimmungsvoll, deep und rau zugleich. Und wo normalerweise gilt, dass elektronische Musik nur sehr schlecht live performt werden kann (entweder schnarchig, weil alles aus der Konserve oder große klangliche Kompromisse) gibt's bei Elektro Guzzi den "Bauchklang-Effekt" - Man muß es live sehen um es zu glauben! Was hier drei Menschen für einen Sound kreieren ist an Virtuosität im Clubbereich beispiellos.

Philipp L'heritier
Elektro Guzzi