Erstellt am: 14. 10. 2010 - 15:19 Uhr
Es ist nicht alles Goldfrapp, was glänzt
Die Vorzeichen standen nicht gut für das Konzert am Mittwoch. Sängerin Alison laborierte letztes Wochenende noch an einer Halsentzündung, die Konzerte in Ljubljana und Lausanne wurden abgesagt und das Gasometer ist für seine Akustik berüchtigt.
Loveley 2 C U
Punkt 21.15 flattert Alison Goldfrapp als geteerter und gefederter Spatz durch einen überdimensionalen silbernen Grammophon-Trichter auf die Bühne, der von den zwei schwulen Besuchern hinter mir treffend als "Disco Rosette" bezeichnet wird. Alison hat nicht erst seit ihrem Outing, momentan eine Frau zu lieben, viele homosexuelle Fans. Goldfrapps Soundtrack zum Film "My Summer of Love", in dem es um die Liebe zweier junger Frauen geht, und Alisons Gast-Auftritt in „The L-World“ hat sie bei der LesBiSchwulen-Community bekannt und beliebt gemacht.

EPA/HERBERT P. OCZERET
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EPA/HERBERT P. OCZERET
Auf der Bühne komplementieren zwei Ladies, jeweils an den Drums und Keyboards und ein stoischer Bassist das Set-Up des britischen Duos, das vor zehn Jahren mit „Felt Mountain“ sein Debütalbum vorlegte. "Felt Mountain", eine cinemaskopische Kreuzung von TripHop und sanfter Elektronik, brauchte einige Zeit, bis es sich vom Geheimtipp in den kommerziellen Durchbruch verwandelte. So wie „Felt Mountain“ anfangs ein brancheninterner Schläfer war, wirkt auch Komponist und Keyboarder Will Gregory in seinem silberig-schwarzen Overall – verschlafen. Langsam kommt er in die Gänge und lächelt verschmitzt in die Menge, Alison hingegen widmet sich dem Publikum kaum. Man sieht ihr an, dass sie noch nicht ganz fit ist – müde und abgekämpft wirkt sie – und das ist dann auch der gesamte Auftritt. Während Alison in ihrem schwarzen Tonband-Fransen-Oberteil effektvoll vor zwei Ventilatoren posiert und alle Songs bis auf den titelgebenden Track des neuen Albums „Head First“ ins Mikrophon haucht, kommt im Publikum kaum Stimmung auf. Windmaschinen alleine machen noch keine Show.
Head First
Das neue Album bemüht sich um den Synthie-Pop und die Italo-Disco der Achtziger Jahre, aber schafft es nicht, eigene Akzente zu setzen. Limahls "Neverending Story", Abba und Giorgio Moroder grüßen und der Hörer wird von den Unmengen an Glitter, Pailletten und Schulterpolstern fast erschlagen. Willkommen in der Referenz-Hölle! Es fällt auf, dass die Songs live fast genauso klingen wie auf Platte - Halbplayback sowie der fehlende Mut zur Improvisation machen es möglich.
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EPA/HERBERT P. OCZERET
Nach 45 Minuten ist der offizielle Konzertteil auch schon wieder vorbei, ohne dass er richtig begonnen hat. Bei der vorletzten Nummer "Train" waren endlich die ersten Hände in der Luft und nachdem Alison bei "Ooh La La" das Publikum erstmals mit einem "Come On, Come on" anfeuert, verschwindet die Band von der Bildfläche. Umziehpause. Dann gibt es noch 2x2 Songs als Zugabe und Goldfrapp beenden das Konzert mit ihrem Hit "Strict Machine". Gleich darauf geht das Licht an und erhellt die langen Gesichter im Publikum - die Reaktionen reichen von "Fad" bis "Viel zu kurz". Der Auftritt in Prag am Tag zuvor ist auch nicht länger ausgefallen, Alison entschuldigte sich dafür via Twitter. Wegen ihren gesundheitlichen und stimmlichen Problemen kann sie momentan keine längeren Sets bestreiten. Schade! Bleibt zu hoffen, dass es mit ihrem "Voicething" bald wieder besser klappt.