Erstellt am: 13. 10. 2010 - 17:34 Uhr
Was wäre wenn...
Die Wien Wahl 2010 auf FM4
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Nach der am Sonntag geschlagenen Wien-Wahl beginnt nun die Bildung der Stadtregierung. Nachdem die SPÖ die absolute Mehrheit verloren hat, muss sie sich jetzt einen Koalitionspartner suchen. Seit Dienstag führt Michael Häupl "ergebnisoffene" Gespräche mit allen Parteien. Eine rot-blaue Koalition hat er aber bereits ausgeschlossen, bleibt also nur mehr Schwarz oder Grün. SJ und VSSTÖ haben gestern ihre Präferenz für Rot-Grün bereits mit einem rotgrünen Teppich für Häupls Weg ins Rathaus kundgetan.
APA/ROLAND SCHLAGER
„Die Jungen sind für Rot-Grün, da brauchen wir nicht lange herumreden.“ meint Michael Häupl, er selbst will sich auf nichts festlegen. So wie sich die gesamte Wiener SPÖ derzeit ein Redeverbot über die Koalitionsverhandlungen auferlegt hat. So meint auch SPÖ-Jugendwahlkampfleiter Peko Baxant am Telefon, er habe eine eindeutige Präferenz, für die er sich auch wie ein Löwe einsetze, er könne aber dazu derzeit keine Aussage treffen.
Die Grünen haben sich Montagabend auf ihrer Landeskonferenz geschlossen für eine Rot-Grüne Koalition in Wien ausgesprochen. Einen ersten Gesprächstermin mit Häupl gibt es angeblich schon heute. Chefverhandlerin ist Spitzenkandidatin Maria Vassilakou. Sie hat im Vorfeld keinen Hehl daraus gemacht, dass sie für sich gerne das Integrationsressort beanspruchen würde. Sie meint allerdings auch: „Wichtig ist, dass wir uns auf ein Gesamtpaket verständigen, am Ende können wir uns die Ressortkompetenzen dann neu anschauen und überlegen, wie man das am besten aufteilt.“
Der Charme des Neuen
Eine rot-grüne Koalition wäre eine absolute Neuheit für Österreich. Wo wären Berührungspunkte in den Vorhaben der beiden Parteien, wo gibt es Konfliktfelder? Und welche Partei würde wie von einer solchen Koalition profitieren?
„Es wäre eine in die Zukunft gerichtete Option, Rot-Grün zu etablieren“, meint der Politikberater Thomas Hofer „Das gab es bislang noch nie, insofern würde die SPÖ Breite zeigen und sich für die Zukunft Optionen aufmachen, die so jetzt nicht da sind. Derzeit ist die SPÖ fast ein wenig an die ÖVP gekettet. Das wäre also der größte Vorteil für die SPÖ.“
Im Gegensatz dazu ist Rot-Schwarz eine Koalition, die man in Österreich schon in den verschiedensten Varianten gesehen hat, sei es auf Gemeinde-, Landes- oder auf Bundesebene. „Die würde im Prinzip nichts Neues bieten, sondern alleine als Verliererkoalition dastehen“ , sagt Thomas Hofer „Während Rot-Grün auch eine Verliererkoalition ist, der aber immerhin der Charme des Neuen anhaftet.
Gemeinsame Grundhaltungen
Eine große Übereinstimmung zumindest in gesellschaftspolitischen Grundhaltungen gibt es bei der SPÖ und den Grünen ja. Maria Vassilakou kann einiges aufzählen: „Angefangen vom Umweltschutz, wo vieles gemeinsam möglich ist, die Frage der Sozialen Gerechtigkeit, die ist beiden Parteien ein großes Anliegen, bis hin zu Fragen der Weltoffentheit und der Menschenrechte gibt es – theoretisch – viele Übereinstimmungen.“
Auch Stefan Schennach weiß um die Gemeinsamkeiten von Rot und Grün bestens Bescheid, ist er doch im September von den Grünen zur SPÖ übergewechselt. Und als SPÖ-Bundesrat hat er im Gegensatz zu seinen Wiener Parteikollegen keine Schweigepflicht in Punkto Rot-Grün. Er meint: „SPÖ und Grüne treffen sich bei grundsätzlichen gesellschaftspolitischen Fragen. Das sind Fragen der Bildung, der Kultur, auch in der Umweltpolitik und der Menschenrechte sowie der sozialen Gerechtigkeit.“
Schennach sieht auch im Bereich der Wirtschaft eine Überschneidung der Interessen. Denn während die ÖVP zwar den Wirtschaftsbund hinter sich wisse, hätten SPÖ und Grüne vor allem Kontakt zu Ein-Personen-Unternehmen. Was außerdem hinzukomme, sie, dass eine Drittel der Wiener Firmen von ZuwanderInnen gegründet werden, zu denen SPÖ und Grüne auch mehr Zugang hätten als die ÖVP.
Außerdem wurde in der Wiener Stadtpolitik zwischen Roten und Grünen ja auch schon seit Jahren zusammengearbeitet: Der Wiental-Radweg wurde genauso von SPÖ und Grünen gemeinsam beschlossen, wie es der Zusammenarbeit der beiden Parteien zu verdanken ist, dass in Wien das größte Biomasse-Kraftwerk Europas steht.
Konfliktthemen Migration, Sicherheit und Verkehr
Allerdings gibt es auch Themen, auf die man sich nicht so leicht einigen wird können. Das sind vor allem solche, bei denen die SPÖ aufpassen muss, dass sie nicht noch mehr WählerInnen an die FPÖ verliert. Dazu zählt Migrationspolitik genauso wie Sicherheitspolitik aber auch Verkehrsfragen.
Bezüglich des Ausbaus und der besseren Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel sind sich SPÖ und Grüne in der Verkehrspolitik noch einig, danach hört es sich mit dieser Einigkeit schon auf. Denn Grüne Ideen wie eine Citymaut stoßen auf wenig Liebe bei der SPÖ.
Auch bei der Migrationspolitik wird es – trotz der gemeinsamen Grundhaltung – wohl einiges an Konfliktpotenzial geben. Stefan Schennach sieht das so: „Die Grünen müssen verstehen, dass eines der herausragendsten Themen die Zuwanderung ist. Aber sie können den Koalitionspartner SPÖ in dieser Frage nicht überhitzen.“ Schennach meint hier Zugeständnisse an jene Schichten, die extreme Ängste gegenüber Zuwanderern aufgebaut haben. „Und die kann ich nicht nur mit einer Gutmensch-Aktion von dieser Angst befreien, sondern ich muss das sehr behutsam, Stück um Stück, aber trotzdem konsequent machen. Schlüssel ist hier sicher die Bildung.“
Wobei sich bei der Bildung Rot und Grün doch angeblich treffen.
Maria Vassilakou möchte sich im Vorfeld der Verhandlung jedenfalls auf keine möglichen Konfliktthemen einlassen. Sie sagt: „Ich gehöre nicht zu denjenigen, die bevor sie Verhandlungsgespräche beginnen, schon wissen, wo es sich eventuell spießen könnte.“
APA/ANDREAS PESSENLEHNER
Frage Verlässlichkeit
Was außerdem gegen eine Rot-Grüne Koalition spricht: Bei Rot-Schwarz kennt man einander bereits, man weiß um die gegenseitige Verlässlichkeit. Die Grünen hingegen haben während des Wahlkampfs mit Listenspaltungen und Konflikten zwischen Basis und Parteiführung ein wenig zuverlässiges Bild abgegeben. Daher, meint Schennach, müssten die Grünen nun in den Koalitionsverhandlungen ihre Verlässlichkeit erst einmal unter Beweis stellen.
Maria Vassilakou sieht hier kein Problem: „Es regieren nicht die Bezirke, regiert wird auf Gemeindeebene. Das heißt hier haben wir es mit eine Klub zu tun dem zehn oder elf Mandatarinnen oder Mandatare angehören werden, die sehr erfahren und zuverlässig sind.“
Signal an die WählerInnen
Bleibt nur noch die Frage, welches Signal eine Rot-Grüne Wiener Stadtregierung an die WählerInnen wäre. Immerhin haben beim dieser Wahl besonders viele ehemalige Grün-WählerInnen Rot gewählt, besonders viele Junge und vor allem Frauen. „Das heißt es gibt eine neue Dynamik in der Stadt, und Rot-Grün hieße, dieser Dynamik Rechnung zu tragen.“ meint Stefan Schennach dazu. Denn die SPÖ möchte diese neuen WählerInnen natürlich behalten. Die andere Seite der Medaille sind allerdings die jungen Männer aus der Arbeiterschicht, die von dieser Koalition wohl nicht angesprochen werden. Diese würde man allerdings mit Rot-Schwarz genauso wenig zurückholen.
Nicht unwesentlich ist auch die Bundesregierung, Rot-Grün wäre doch ein Konfliktfeld für mit der ÖVP, auch wenn diese selbst auf Landesebene durchaus mit anderen koaliert, wie etwa 2003 in Oberösterreich mit den Grünen oder mit FPÖ/FPK und SPÖ in Kärnten. „Ich glaube aber nicht dass es nur auf die Bundesregierung ankommen wird bei dieser Koalition“ meint Thomas Hofer „Häupl wird schon die Konstellation wählen, die er für seine Landespartei für die Richtige hält.“