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Natalie Brunner

Appetite for distraction. Moderiert La Boum de Luxe und mehr.

11. 10. 2010 - 18:09

Von Coldcut, Ninja Tune und Futurespective

Zum 20. Geburtstag von Ninja Tunes: Ein kleiner Ausflug in die Geschichte

Ninja Tune feiert den 20. Geburtstag, die Party in London hat schon stattgefunden, wir feiern hier und in der FM4 Homebase weiter

Alles begann 1986, als ein Kunstprofessor und ein Computerprogrammierer, Jonathan More und Mat Black aka Coldcut, aufeinander trafen und einige revolutionäre Ideen ausbrüteten. Ein Loop hier. Ein paar neue Beats da und dann Samples drüber kleistern.

Heute erzählen Coldcut mit mildem Lächeln in Interviews, wie intuitiv sie an die Sache herangingen. Sie waren Dadaisten, collagierten, was nur ging.

ninja tune

Sie erwähnen als Ahnen und Geistesverwandte den Schriftsteller William S. Burroughs, die Industrial-Pioniere Throbbing Gristle und verbeugen sich vor den Hip-Hop-Helden Double Dee and Steinski. Coldcut haben uns gelehrt, jede Art von Klang, der möglicherweise noch zusätzliche Assoziationsmöglichkeiten und Referenzen in sich trägt, als Ausgangsmaterial von Musik zu denken. "Wir hatten keine Rapper in Reichweite und so ließen wir Samples für uns sprechen", meinen die beiden lakonisch.

Coldcut weigerten sich, ihren DJ-Focus einzuengen. Die Welt, alles, was jemals auf Vinyl gepresst wurde, war ihr Ausgangsmaterial. Sie verwendeten Cut-up-Samples von Hip Hop, Jazz Breaks, Spoken Word, verbunden mit Kinderplatten, Ausschnitten aus Filmen und Werbespots.

1987 kombinierte Matt Black in einem Mix "King of the Swingers" aus dem Soundtrack zum Dschungelbuch mit dem Break aus James Browns "Funky Drummer". Das war die Geburt von Coldcut. Sie feilten etwas herum, bauten die Idee zu einer Nummer aus, die als White Label unter den Namen "Say Kids What Time Is It?" erschien. In der vordigitalen Zeit arbeiteten Coldcut mit Magnet Tape. Die Schleifen und Loops gingen oft durch den ganzen Raum.

Der Vorstoß in die Welt der Charts war ein Remixauftrag für "Paid in Full" von Eric B und Rakim. Signifikant verwendeten sie die Vocals von Ofra Haza. Die Plattenfirma war entsetzt und weigerte zuerst sich den Remix anzunehmen. Ein Hit wurde es dennoch.



1990, nach einer Japan Tour, riefen sie das Label Ninja Tune ins Leben. Die Figur des im Versteckten operierenden, aber dann mit ungeheurer Wucht zuschlagenden Ninjas faszinierte sie und schien ihnen die passende Identität für ihr Independent Label.

Abtract Hip Hop Electronic Folk, Jazz Breaks Dub, Electronic, Turntablism, Yardcore, Diaspora Post dubstep und diverse andere Subgenres des verspielten Irrsinns, deren Existenz 1990 noch nicht abzusehen war, hatten eine Heimat gefunden.

Coldcut entwickelten für ihre Live Sets Vjamm, eine audivisuelle Software, mit der man Bilder und Sound mischen kann, und stellen sie nach wie vor jedermann gratis zur Verfügung.

In den Interviews zu ihrem 20. Geburtstag sprechen die sich selbst als "funky granddads" bezeichnenden Ninja-Gründer Matt Black und Jonathan More davon, dass sie anlässlich ihres Geburtstags in die Zukunft und nicht in die Vergangenheit blicken wollen. Futurespective ist das Wort, das für diese Mission erfunden wird. Auf der CD Box lassen sie Generationen von Ninja-Artists sich gegenseitig remixen.

Sieht man sich die neuen Album-Veröffentlichungen auf Ninja Tune bzw. dem Hip Hop Sub Label Big Dada an und fragt nach, was das Ninja Hauptquartier momentan spannend findet, dann wird man mit dem Wort "Post Dubstep Diaspora" konfrontiert. Sprich Musikerinnen, die in den letzten paar Jahren mit der Soundästhetik von Dubstep aufgewachsen sind und dabei sind, Elemente dieser Musik in andere melodische und harmonische Universen zu führen, Spin-offs und Hybride zu kreieren. Emika, Offshore, Eskmo sind Namen, die fallen.

Hörbeispiele gefällig?

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