Erstellt am: 2. 10. 2010 - 13:55 Uhr
Kino der körperlichen Reaktionen
Dem Mann kann man vertrauen. Andreas Prochaska hat mit seinem packenden Teenieslasher „In drei Tagen bist du tot“ und der noch besseren Fortsetzung gezeigt, dass auch in Österreich packendes Horrorkino möglich ist. Als einer der wenigen heimischen Regisseure nähert sich der ehemalige Cutter von Michael Haneke dem Genrefilm nicht bloß via liebloser TV-Auftragsarbeit oder missverstandenem Tarantino-Fantum. Prochaska nimmt das Unterhaltungskino als Kunstform ernst, sein Zugang ist emotional und seriös. Auch wenn es, wie in seinem neuen Film, um bewusst tiefe Blödeleien geht.
- Austro-Horror (Artikel vom 25.12.2008)
Zusammen mit Michael Ostrowski als Coautor und Hauptdarsteller versucht Andreas Prochaska in „Die unabsichtliche Entführung der Elfriede Ott“ die amerikanischen Saubartel-Witze der Farrelly-Brüder und den Herzblut-Humor eines Judd Apatow zu „versteirern“. Wo die meisten Kabarettfilme nämlich ganz auf den Wiener Schmäh setzen, ist dieser Film eine spezifische Grazer Klamauk-Variante geworden. Das ist ebenso schön wie der Versuch, die Bizarrheit eines Will Ferrell mit Nestroy- und Operettenzitaten kurzzuschließen.
Warum ihm der Dialekt genauso wichtig ist, wie der Anschluss an internationale Kinovorbilder, wie Elfriede Ott das ganze Team lachtechnisch in die Knie gezwungen hat und wieso österreichischer Indiepop so zentral für seine Filme ist, erzählte Andreas Prochaska im FM4-Interview.
Nach zwei Slashermovies jetzt der Sprung vom Horror zur Komödie; hattest du genug von Blut, Schreien und Terror – musste es jetzt was zum Lachen sein?
Es gab schon eine Phase, in der ich mir dachte, ich bin jetzt genug im Blut gewatet und es wird Zeit, was anderes zu machen, und dabei ist mir dieses Drehbuch mehr oder weniger in den Schoß gefallen. Michael Ostrowski hat die Geschichte zu mir gebracht. Ich hab nur den Titel gehört und mir gedacht: „Das muss man machen.“
Dor Film
Horror ist ja ein sehr körperliches Genre, man versucht Gänsehaut und Panik zu erzeugen, aber auch die Komödie ist sehr körperlich, weil die Leute ja lachen müssen. Wo ist der Zusammenhang und was ist der zentrale Unterschied? Man bedient sich ja in beiden Fällen gewisser Tricks.
Für mich sind tatsächlich beide Genres nicht sehr weit voneinander entfernt, weil beide im besten Fall physische Reaktionen beim Publikum produzieren – wenn man die Dinge hoffentlich richtig gemacht hat. Bei beiden muss das Timing perfekt sein; der große Unterschied ist, bei der Komödie ist das um einiges anstrengender, weil die Hilfsmittel nicht so beliebig einsetzbar sind. Wenn ich einen Dialog zwischen zwei Schauspielern hab, die sich gegenseitig die Wuchteln zuschieben und das Timing stimmt nicht, dann hilft keine Musik, kein Schnitt und keine tolle Kamerafahrt. Das muss einfach am Drehort stimmen.
Welche zeitgenössischen Komödien sind denn Einflüsse gewesen? Hat sich das ganze Team amerikanische oder französische Komödien angeschaut?
Ich hab mit Michi Ostrowski gemeinsam einige Dinge angeschaut, weil wir auch gemeinsam an der finalen Drehbuch-Fassung gearbeitet haben. In erster Linie amerikanische Komödien – Kingpin, Me, Myself and Irene, Step brothers – überhaupt einige Will Ferrell Filme, die für mich Paten waren für diese Geschichte, ebenso wie die Farrelly Brüder. Ich muss gestehen, diese Form von Körperflüssigkeitshumor findet bei mir durchaus Anklang. Und da sind schon einige Momente in „Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott", die von deren Filmen inspiriert sind.
Mit deinen beiden Horrorfilmen hast du Neuland betreten on Österreich. Komödien gibt’s sehr viele, das ist bisher das einzig wirklich funktionierende Genre gewesen. Wie habt ihr versucht euch abzuheben von den typischen, österreichischen Komödien und Kabarettfilmen?
Gegenfrage: Was ist eine typisch österreichische Komödie? Ich bin jetzt konfrontiert worden mit einer Kritik in der steht, mein Film sei eine typische, österreichische Mainstream-Komödie. Und ich kenn keine solche. Die meisten dieser Komödien sind – ich sag's jetzt mal ganz bösartig – Kabarettvehikel. Das ist jetzt keine Wertung, aber die basieren oft auf Kabarettprogrammen mit den entsprechenden Protagonisten. Komödien aber, die keinen Star haben, außer Elfriede Ott – Michael Ostrowski kennt man vielleicht aus „Nacktschnecken“ – haben es da schwerer. Es ist jetzt auch nicht so, dass Ostrowski so bekannt wäre wie Roland Düringer.
DorFilm Petro Domenigg
Du bist jetzt nach Horror, Thriller und Komödie ein Aushängeschild des österreichischen Genrekinos, Wie bist du überhaupt zu dieser Art von Film gekommen?
Viele andere machen künstlerisch wertvolle Dinge, bei denen ich aber immer das Gefühl hatte, das bin nicht ich, und das interessiert mich auch nicht so. Ich schau mir diese Filme schon an, aber es ist nicht das, was ich machen möchte. Ich hab mir immer gewünscht, eine Synthese zu finden zwischen Genrefilmen, die ich immer gerne geschaut hab und einer österreichischen Realität. Diese Ambition hat zu „In 3 Tagen bist du tot“ geführt, und ich hab das Gefühl, das ist etwas, was nicht so viel gemacht wird bei uns. Ich hab immer versucht, Nischen zu suchen.
Da ist vielleicht nicht nur eine Generation nachgekommen, die diese Grenzen zwischen künstlerischem Autorenfilm und Genrekino gar nicht mehr so sieht …
Meine Hoffnung ist, dass das Image des österreichischen Films, das er bei Jugendlichen hat, durch meine kleine Beiträge vielleicht auch ein wenig besser wird. Für die Leute, die sich jetzt vielleicht nicht unbedingt einen Haneke-Film anschauen würden, möchte ich Geschichten erzählen.
Österreichische Musik ist auch ein Schlüsselelement in all deinen Filmen. Suchst du die Musik selbst aus oder lässt du dich vielleicht auch von der Musik für gewisse Szenen inspirieren?
Es gibt Szenen, wo man sich für die Musik vorher schon vorher entscheiden muss, wie bei den Tanzszenen in den „3 Tage“-Filmen. Beim ersten Teil war Mathias Zsutty mein Musikberater, weil ich geb zu, ich kenn mich in der österreichischen Musikszene nicht so gut aus. Beim letzten Film hat mich mein Sohn Daniel beraten, der den Film auch geschnitten hat. Er macht auch selbst Musik, und ein Song von seiner Band One, Two, Three Cheers And A Tiger ist auch am Soundtrack dabei. Er hat mich mit Musik zusammengebracht, die ich wirklich nicht kannte. Ich sage nur Effie oder Francis International Airport. Ich möchte die heimischen Kräfte bündeln in diesen Geschichten und andererseits ist es auch viel günstiger eine österreichische Band zu nehmen als eine amerikanische, wo man für ein paar Sekunden zig-tausend Euro zahlt. Dafür haben wir einfach auch das Budget nicht. Aber man muss dazu sagen, das, was die Österreicher liefern hat internationalen Standard und ist für meine Filme immer perfekt gewesen.