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Elisabeth Gollackner

Subjektivitäten, Identitäten und andere feine Unterschiede.

30. 9. 2010 - 14:17

Oh! Schnürlreden

Oben ohne. Unten ohne. Ohne ohne.

Oh! - Irritationen im Alltag

In London, Mailand, Paris sei sei gewesen, sagt sie.
Damals vor 35 Jahren.
Die Armreifen klirren, als sie sich mit ihren schönen Fingernägeln eine weißblonde Locke aus dem Gesicht streift. Ich kann ihr Alter schwer schätzen, aber die knittrige Haut ihres Dekolletés lässt auf 60+ schließen.

Was sie da gemacht habe, in London, Mailand, Paris, will ich wissen.

Und kurz schaut sie mir direkt in die Augen, als ob sie rausfinden wollte, was ich für eine bin. Ein bisschen lässt sie den Kopf zwischen die Schultern fallen, und mit herausforderndem Blick sagt sie: Revuetänzerin. Sie war Revuetänzerin.

Comcistil; jemand denkt an eine Stringtanga.

elisabeth gollackner, fm4

Ich bin begeistert und frag Dinge wie "Mit Ausziehen?", "An der Stange?", "Oben ohne?". Und sie erzählt mir von ihren Kostümen, den Brustwarzenpickerln und den Veränderungen; dass es nicht das Alter war, warum sie aufgehört hat, sondern dass sich alles plötzlich in ein Puff verwandelt habe, die Varietés, die Bühnen. Tanzende Huren. Das wollte sie nicht.

"Aber es kommt wieder", sagt sie und nippt an ihrem vormittäglichen Whiskey-Cola. Einer ihrer Stammgäste verlässt grad die Kneipe, grüßt zum Abschied in eine Runde freundlichen Alkoholikerlächelns, und sie schreit ihm herzlich nach: "Servas, Tschusch, bis morgen!" Dann dreht sie sich wieder zu mir und sagt: "Diese Dita von Teese, diese Burlesque-Shows... das kommt wieder!"

Und nochmal erzählt sie mir von strassbesetzten Korsagen und Glitzerfransen, von bunten Schals und Stringtangas. Ein paar Mal hätte sie es später probiert, "diese Untergatten" sagt sie und macht eine abfällige Geste über die Hüften und ein fades Gesicht. Weil ihr Freund, der Bruno, immer sagt, das sei doch obszön. Aber sie sei es halt so gewöhnt.
"Wenn ich kein Schnürl zwischen die Arschbacken hab, dann fühl ich mich einfach nackert."