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Roland Gratzer

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27. 9. 2010 - 18:53

Steiermark: Rot-Schwarz ist die einzige Möglichkeit

Bei der gestrigen Wahl hat die FPÖ als einzige Partei wirklich gewonnen. Eine Koalition mit den Freiheitlichen dürfte für Franz Voves aber ganz schön kompliziert werden.

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Wahlsiege sind eine Frage der Interpretation. Bei der gestrigen Landtagswahl in der Steiermark haben laut Eigendefinition alle gewonnen: Die SPÖ bleibt auf dem ersten Platz, die ÖVP hat eine "sensationelle Aufholjagd" hingelegt, die Grünen haben nicht verloren, die KPÖ bleibt im Landtag und das BZÖ hat sich verdoppelt. Wirkliche Gewinner sind aber nur die Meinungsforscher, die das Ergebnis fast punktgenau vorausgesagt haben und die FPÖ. Zwar war das Ergebnis 2005 wirklich blamabel, der Wiedereinzug in den Landtag und die Landesregierung und der Sprung von Platz fünf auf das Stockerl geben der im Wahlkampf fast zu hundert Prozent monothematischen Partei viel Aufwind. Daran können auch die Briefwähler, die vielleicht erst heute oder morgen ihr Kreuz machen, nichts mehr ändern.

Hochrechnung Steiermark-Wahl

SORA/ORF

Ob sie auch den Landeshauptmann mitwählen dürfen, liegt jetzt bei Franz Voves. Er kann entweder die große Koalition weiterführen, wofür allerdings erst die Beziehungsprobleme mit VP-Chef Hermann Schützenhöfer beseitigt werden müssen. Auch wenn man das übliche Wahlkampfgetöse ausblendet: Gut verstehen sich die beiden wirklich nicht. Für die anstehenden Verhandlungen mit der Volkspartei will er sich die Option FPÖ offen halten, um Druck auf die ÖVP ausüben zu können. Realistisch ist das rot-blaue Szenario aber nicht. Weder in der Landes- noch der Bundespartei sind die Genossen auf eine Zusammenarbeit mit der Strache-Partei scharf. Im Wiener Wahlkampf lässt sich Häupl auf die Zweikampf-Metaphorik ein und Kanzler Faymanns sanfter Links-Kurs würde auf einen Schlag auch höchst unglaubwürdig wirken. Aber wer wie Voves zu Parteikollegen gerne mal "Nimm a Coca Cola und schleich di" sagt, lässt sich wohl auch von der eigenen Bundespartei wenig dreinreden. Seine Position in der bei den letzten Wahlen permanent abgestraften SPÖ hat sich durch den "Wahlsieg" sicherlich gestärkt.

Franz Voves

APA (Markus Leodolter)

Realpolitisch eher mühsam

Realpolitisch wäre ein solches Bündnis aber nicht unbedingt eines, das fix für fünf Jahre halten kann. Die Mehrheit im Landtag würde aus genau einem Mandat stehen. Damit hätte jeder FPÖ-Abgeordnete quasi ein Vetorecht, wie Österreichs Plug-and-Play-Analyst Peter Filzmaier gestern richtig bemerkt hat.

"Billig" ließe sich die FPÖ diesmal nicht für eine Koalition kaufen. In der Klasnic-Ära reichte das um die Agenden Energie, Forschung, und Infrastruktur aufgefettete "Blasmusik-Ressort" Volkskultur, um die Freiheitlichen zur Wahl der Landeshauptfrau zu bewegen. Die aktuelle Parteileitung will am liebsten das Sozialressort bekommen.

Apropos Ressorts: Auch wenn sich Voves von der FPÖ wählen lässt, in der Landesregierung hätte er es trotzdem mit der ÖVP zu tun, die ebenso wie die Sozialdemokraten vier fixe Sitze im obersten Gremium bekommen. Dank des steirischen Proporzsystems, das die drei stimmstärksten Parteien zur Zusammenarbeit verdammt, müssen Beschlüsse notgedrungen mit einer zumindest relativen Mehrheit gefällt werden. Wenn die ÖVP hier aus Trotz blockiert, ginge im Land ziemlich wenig weiter.

ÖVP hat Niederlage noch nicht eingestanden

Ganz schlechte Karten hat die ÖVP. Trotz Platz Zwei haben sie gestern den Eindruck vermittelt, über einen Erdrutschsieg zu jubeln. Kurz später war aber auch klar, dass schwarz-blau keine Mehrheit im Landtag haben wird. Schützenhöfer bleibt somit nur die verlängerte Zusammenarbeit mit Voves. Dass es sich die beiden im Wahlkampf schwer besorgt haben, könnte aber zu einigen Problemen führen. Auch wenn die Niederlage mit Parolen wie "Sensationelle Aufholjagd" und "wer hätte das gedacht" schön geredet wird: Der ÖVP ist es nicht gelungen, der schwer angeschlagenen SPÖ den ersten Platz zu erreichen. Ein Eingeständnis der verfehlten Ziele gibt es aber nicht. Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder hat heute mittag den Rücktritt von Voves verlangt und Schützenhöfer spricht noch immer von seinem "grün-weißen Bündnis". Zwar hat Bundeschef Josef Pröll bereits gestern klar gemacht, dass die Steiermark erst in fünf Jahren zurück geholt werden soll, seine steirischen Parteikollegen haben die Hoffnung aber noch nicht aufgegeben. Schützenhöfer hat mathematische Chancen, zum Landeshauptmann gewählt zu werden. Dafür braucht er aber ein ÖVP-FPÖ-Grünen-Bündnis. Und das ist vor allem eines: Völlig außer Reichweite.

All das könnte aber ohnehin zum virtuellen Planspiel verkommen, wenn der mögliche Fall eintritt, dass durch die Briefwähler noch ein Mandat von der SPÖ zur KPÖ wandert. Dann führt an Rot-Schwarz kein Weg mehr vorbei.

ÖVP im Steiermark-Wahlkampf

APA/Herbert Neubauer

Wer zu wem und warum?

Die Ergebnisse der Wählerstromanalysen zeigen vor allem eines: Die von der Wirtschaftskrise betroffenen Arbeiterschichten in der Obersteiermark sind von der SPÖ zur FPÖ gewandert. Schützenhöfers Wahlkampf-Ausrichtung auf eben diese Leute hat nichts gebracht. Dafür hat er die schwarze Stammwählerschaft in den ländlichen Gebieten sträflich vernachlässigt. Dort, wo sich die SPÖ auf Gemeinderatsebene mit der FPÖ und kleinen Bürgerlisten um ein paar Sitze matcht, hat Voves ein überraschend gutes Ergebnis eingefahren. Das und das noch überraschendere Ergebnis in Graz hat ihm den Landeshauptmann-Sessel gerettet.

Ebenfalls ist sichtbar, dass sich die Grünen und die KPÖ großteils um die selbe, vor allem urbane Wählerschicht matchen. Einige Proteststimmen von vor fünf Jahren sind von den Kommunisten wieder zur FPÖ gewandert. Die große Überraschung der Wahlanalysen liefert aber die KPÖ-Spitzenkandidatin Claudia Klimt-Weithaler: Sie hat in den Motivanalysen die besten Werte aller Spitzenkandidaten bekommen. Will heißen: Die Person Klimt-Weithaler war für mehr als die Hälfte der KPÖ-Wähler der Grund, eben dort ihr Kreuzerl zu machen. Der um das Vielfache bekanntere Werner Kogler von den Grünen steigt in dieser Analyse schlecht aus. Auch Voves hat als Person viel zum Sieg der SPÖ beigetragen. Das ist aber kein Wunder. Schließlich hat sich die Personaldecke dahinter in letzter Zeit ziemlich ausgedünnt.

Gerald Grosz war nach dem verpassten Einzug in den Landtag gestern überraschend ruhig. Aber so schlimm ist es auch nicht: Schließlich hat er noch zwei Mandate in anderen Parlamenten.