Erstellt am: 23. 9. 2010 - 15:17 Uhr
FM4 Draußen Sommerpanorama: Salzburg
Klaus Brunner berichtet für FM4 aus Salzburg
von Klaus Brunner
Es hätte wohl mal eine Autobahnausfahrt werden sollen, jetzt stehen hier stapelweise ausrangierte Lärmschutzwände und Betonblöcke in allen Größen herum. Nicht unbedingt ein gemütlicher Ort, dafür ein Paradies für Trial-Biker. Denn es gibt eigentlich nichts, das nicht mit dem Trial-Mountainbike bezwungen werden könnte. Hüpfend, balancierend und ohne von den Pedalen zu steigen.

Wolfgang Lienbacher
Tom Öhler
- Geburtsdatum: 11.06.1983 in Linz
- Homespot: Salzburg/Liefering
- Beruf: Mountainbike-Trial-Fahrer und Student
- www.smooth.at
Tom Öhler, einer der besten Trialbiker, macht das seit 15 Jahren. Neben dem Weltmeistertitel hält er auch den Weltrekord im Fahrrad-Hochsprung. Trotz aller Erfolge ist der Oberösterreicher extrem am Boden geblieben. Wenn er nicht gerade Shows oder Contests fährt, studiert der 27-Jährige Sportwissenschaft in Salzburg.
"Hier stört mich keiner, es ist perfekt für relaxtes Radfahren und um neue Tricks auszuprobieren", sagt Tom über seinen Secret-Spot in Salzburg-Liefering. Den ASFINAG-Schrottplatz hat er zufällig beim Vorbeifahren entdeckt. Eines seiner sechs Bikes hat er sowieso ständig im Kofferraum. Dass sein Homespot jetzt von Trialbikern überrannt wird, darüber muss er sich keine Sorgen machen. "Es gibt ungefähr 100 Fahrer hierzulande, in Salzburg bin ich der einzige, so viel ich weiß."
Ob gerade aus mir der hundert-und-einste Trialbiker in Österreich wird, das sollte auf jeden Fall getestet werden. Ich schwinge mich auf das aufgemotzte 2000-Euro-Rad: Es hat keine Gangschaltung, dicke Reifen, einen leichten Rahmen und das Mini-Sattelchen ist nur zur Zierde da. Tom gibt mir seinen Helm „weil am Anfang haut es einen sowieso ständig auf die Schnauze“.

Wolfgang Lienbacher
"Am wichtigsten ist die Balance", erklärt er weiter. Aha, nicht sehr überraschend. Doch leicht gesagt, schwer getan. Das wird jeder bestätigen, der mal versucht hat, mit seinem Fahrrad "einfach so" auf der Stelle stehen zu bleiben. Bei der ersten Gleichgewichtsübung an einer Betonkante zeige ich mich ziemlich talentfrei. Nun gut, ich habe mir ohnedies mehr Action erhofft. Was dem Skater der Ollie, ist dem Radfahrer der Bunny-Hop. Der eine oder andere kleine Hüpfer gelingt mir bald, mit dem 10cm-Erfolgserlebnis beginnt die Sache Spaß zu machen.

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Nun ist es Zeit für eine kleine Pause in der Spätsommersonne. Ich setze mich auf eine kaputte Straßenabsperrung, Tom schnappt sich sein Rad, überwindet Betonstapel um Betonstapel und beendet die Einlage mit einem 2-Meter-Drop. Zwischendrin streut er immer wieder locker 180ies, Wheelies und Tailwhip ein: "Wir übernehmen immer mehr Tricks vom BMX. Es ist lustig und der Trial-Sport ist damit nicht mehr so statisch."

Wolfgang Lienbacher
Alle Fotos: Wolfgang Lienbacher
Jetzt bin ich wieder dran. Mein Coach lässt mich einen 30 cm Betonblock erklimmen. "Ein Finger ist immer auf den Bremsen", rät der Trial-Meister. Das ist mir anfangs wurscht, es erweist sich aber bald als wichtiger Hinweis. So ein Trial-Bike macht sich beim Hochziehen gerne mal selbstständig. Aua! Trial ist wirklich schwierig, mag es beim Profi noch so spielerisch aussehen.

Wolfgang Lienbacher
Früh übt sich, das gilt natürlich auch bei diesem Sport. Tom erzählt von seinen Anfängen im oberösterreichischen Pettenbach: "Als Teenager sind wir mit 20kg Mountainbikes durch den Wald gegurkt und haben unsere Gaudi gehabt. Es hat sich bald herausgestellt, dass ich ein gewisses Talent habe." Die Bikes wurden leichter, Tom immer besser. Inzwischen ist das Trialbiken sein Beruf: "Ich bin privilegiert. Ich mache das, was mir Spaß macht und sehe dabei die ganze Welt." Aber manchmal will er einfach in Ruhe Radfahren gehen. Dann kommt er hierher zum Betonschrottplatz, irgendwo zwischen Autobahn und bayrischer Grenze.