Erstellt am: 22. 9. 2010 - 17:45 Uhr
Mixed Race
"Mixed Race" ist kein schönes Wort und der Name des neunten Album des düsteren brillanten Geists aus Bristol. Wie schon auf der Vorgängerplatte "Knowle West Boy" nimmt uns Tricky mit auf Reisen in seine Vergangenheit, seine Geschichte. "Knowle West" ist der Name des roughen und toughen Viertels, wo Tricky aufgewachsen ist. "Mixed Race" bezieht sich auf Trickys Familie.
Wenn du bei uns am Tisch gesessen bist, gab es jede Hautfarbenschattierung.
Trickys Mutter Maxine Quaye, nach der er sein erstes Album benannt hat, nahm sich das Leben, als Tricky vier Jahre alt war. So nahmen Trickys Onkels, gestandene englische Gangster, sich des kleinen Jungen an. "Mixed Race" ist laut Tricky auch ein Gangster Album. "Murder Weapon", die erste Single daraus, ist ein Punkt, in dem viele Fäden von Trickys Geschichte zusammenlaufen.
domino rec
Time for a Showdown!
"Murder Weapon" ist eine Coverversion eines jamaikanischen Hits aus den 90er Jahren von Echo Minott. Worum es in der Nummer geht, muss wohl nicht weiter erklärt werden. Tricky musste als Teenager aus seinem Viertel verschwinden und zog zu seiner Schwester. Die Leute in der Gegend seiner Schwester waren wiederum nicht gut auf Trickys Posse zu sprechen. So stand er eines Tages bei einem Greißler - ein paar unfreundlich aussehende Jungs kamen herein und begannen, "Murder Weapon" zu singen. So etwas vergisst man nicht und Tricky vergisst auch seine Freunde nicht.
Am Anfang der Nummer ist eine Spieluhr zu hören. Der Typ, der sie bedient, ist kein Musiker, sondern ehemaliger Fremdenlegionär, dessen Leben viele Parallelen zu Trickys aufweist. Er ist ein Freund und Tricky wollte diesen Menschen physisch präsent in seinem Werk haben. Ein wunderschönes Tribut an die Freundschaft.
Wie bei Murder Weapon hat Tricky auch auf anderen Tracks versucht, die Geister von Freunden einzufangen, sie hörbar zu machen. Auf "Come To Me", einem Liebeslied, sind immer wieder Teile eines auf Anrufbeantworter gesungenen Liedes zu hören: letztes Lebens- und Liebeszeichen einer Frau, die wichtig war.
Neben Trickys eigener Stimme ist Franky Riley zu hören, die mit Tricky seit "Knowle West Boy"-Zeiten auf Tour ist. Auch andere Menschen, die Tricky persönlich nahe stehen, tauchen auf seiner Platte auf: Bobby Gillespie von Primal Scream hat mit ihm auf der Nummer "Really Real" gesungen. Terry Lynn hat mit Tricky eine neue Version ihres Hits "Kingston Logic" aufgenommen - ein Stück über das bizarre Leben, das die beiden führen - es geht darum, immer erkannt zu werden, immer unter Beobachtung zu stehen. Ein Stück Musik darüber, wie es sich anfühlt, wenn das eigene Leben wie eine Illusion wirkt, meint Tricky. Ein Weiterer Gast, der Tricky am Herzen liegt, ist auf "Bristol to London" zu hören: Trickys jüngster Bruder Marlon.
In meiner Familie ist Verbrechen als Tradition an die nächste Generation weitergegeben worden. Ich wollte meinen kleinen Bruder zur Musik bringen. Im Moment sitzt er. Er wird zwei Jahre hinter Gittern sein anstatt im Studio zu arbeiten.
Trickys Alben sind eine Sache. Ihn live zu sehen schickt mich jedesmal auf eine psychische Achterbahnfahrt. Sein Exzess und die Gewalt, die er auf die Bühne bringt, haben nichts mit Überschreitung, mit Rock'n'Roll-Rebellion zu tun. Es ist eher ein Implodieren, ein Verschwinden. Deshalb habe ich immer großen Respekt bzw. Ehrfurcht vor Tricky gehabt. Die Energie seiner Konzerte hat mich erschreckt. Ich wollte Tricky nie über den Weg laufen, wenn er so richtig mies drauf ist.
Am 18. August war ein finsterer, aber guter Tag. Tricky auf der Interview Couch at his best. Ich war nicht mal 15 Sekunden nervös.
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