Erstellt am: 22. 9. 2010 - 13:25 Uhr
Weniger Melancholie, mehr Zorn
![© Filter](../../v2static/storyimages/site/fm4/20100938/shortbus_body_small.jpg)
Filter
Ich komme nicht umhin ein wenig (pardon) nostalgisch zu werden, wenn es um die Band Filter geht. 1995 habe ich von dieser Band zum ersten Mal gehört, als Markus Kavka noch Moderator beim Musiksender Viva war und in der von ihm moderierten Sendung "Metalla" das Video von "Hey Man, Nice Shot" präsentierte. Mir war in diesem Moment klar, dass das dazugehörige Album "Short Bus" sofort her musste und bis heute hat dieses Erstwerk nichts von seiner Faszination zwischen Heaviness, Pop Appeal, Industrial Anleihen und todtrauriger Melancholie eingebüßt. Eine solche Mischung trauten sich zu der Zeit noch nicht viele und "Short Bus" funktioniert heute noch wie damals, woran selbst die dümmsten Musikprogrammierer von Kaufhaus- oder Fahrstuhlmusik jemals etwas ändern können, wenn sie versuchen diese wunderbare Musik für ihre Zwecke zu missbrauchen.
Der sogenannte Mainstream ließ freilich nicht lange auf sich warten und mit dem Nachfolger "Title Of Record" wurden Filter tatsächlich ein wenig glatter, jedoch nicht unbedingt schlechter. Mit dem großen Erfolg des Erstlings war auch wesentlich mehr Geld für die Produktion da und viele - mich eingeschlossen - machten den Ausstieg von Richard Patricks Partner Brian Liesegang mit dafür verantwortlich, dass Filter auf ihrem zweiten Album weniger roh waren als auf ihrem Debüt. Ein Irrtum, wie sich später herausstellen sollte, aber mehr dazu ein paar Zeilen weiter unten.
![© Filter Richard Patrick von Filter](../../v2static/storyimages/site/fm4/20100938/Filter3_body.jpg)
Filter
Zum 2002 erschienenen "The Amalgamut" gab es dann einige skurrile Interviews vom damals inzwischen schwer alkoholabhängigen Richard Patrick zu lesen, danach hörte man von Filter für lange Zeit nichts mehr und just als man gar nicht mehr damit rechnete von dieser Band jemals wieder zu hören, erschien 2008 überraschend "Anthems For The Damned". Ein Protest gegen den Irak Krieg aus persönlicher Sicht des Richard Patrick, der in diesem Krieg einen guten Freund verloren hat und ihm auch dieses Album widmete. Dieses Album war sein politisches Statement gegen diesen sinnlosen Krieg und musikalisch wohl jenes mit dem bisher höchsten Anteil an Balladen auf einem Filter Album. Viel Melancholie, allerdings musikalisch wenig Zorn.
Gründe für die lange Pause von 2002 bis 2008 gab es viele. Der schlimmste davon waren wohl die persönlichen Probleme von Richard Patrick, der massiv mit Alkoholismus zu kämpfen hatte und darüber auch heute noch ganz offen redet. Nachdem er "clean" war und das bis heute geblieben ist, richtete sich später sein Fokus auf das Projekt "Army Of Anyone", das er zusammen mit Dean und Robert DeLeo von den Stone Temple Pilots ins Leben rief.
Initialzündung des Filter Combacks vom großen Bruder
![© Kinowelt Robert Patrick in Terminator 2](../../v2static/storyimages/site/fm4/20100938/robertpatrick_body_small.jpg)
Kinowelt
Dass man von Filter vor zwei Jahren überhaupt wieder etwas hörte, ist wahrscheinlich einem der größten Fans der Band zu verdanken. Niemand Geringerer als Richard Patricks nicht minder prominenter Bruder Robert, einigen vielleicht aus seiner Rolle des sog. flüssigen Terminators in "Terminator 2" bekannt, redete ihm ordentlich ins Gewissen, Filter doch endlich wieder zu reaktivieren.
Wie gesagt, bei Anthems dominierte die traurige und sehr melancholische Seite von Filter, "The Trouble With Angels" überrascht da allerdings angenehm in mehrerlei Hinsicht. Auch wenn in Richard Patricks Leben inzwischen alles in geregelten Bahnen zu laufen scheint, er inzwischen glücklich verheiratet und Vater zweier Kinder ist, so hat er gleichzeitig auch wieder Lust auf wütenden Rock/Metal Verschnitt mit leichtem Industrial Einschlag. Gerade jetzt hätte man sich von ihm ja eigentlich ein noch ruhigeres und eher zurückgelehntes Album erwartet, das Gegenteil ist der Fall. Die Melancholie ist immer noch da, allerdings wieder im Wechselspiel mit kernigen Zornesausbrüchen, wie man sie schon auf "Short Bus" zu schätzen wusste.
Just be your fuckin' self
![© Filter Cover des Filter Albums "The Trouble With Angels"](../../v2static/storyimages/site/fm4/20100938/Cover-2_body_small.jpg)
Filter
Im Interview meinte Patrick, man solle sich ruhig mal vor Augen halten, dass nicht immer alles rund laufen muss und im weiteren Verlauf des Gesprächs redete er sich regelrecht in Rage, wenn ihm Menschen in den Sinn kommen, die sich ganz furchtbare Sorgen um ihr Auto oder den Erwerb des neuesten Apple Gadgets Sorgen machen. Sein Rundumschlag während des Gesprächs geht dann gleich weiter zu Hip Hoppern, die sich über Größe ihrer Diamanten definieren und Metallern, die sich selbst gar zu ernst nehmen. Denen sagt er dann schon mal ganz gerne sowas wie: "You're not a fuckin' Vampire, man. Just be your fuckin' self."
Dass "The Trouble With Angels" seine persönliche Abrechnung mit der Kirche ist und was im Namen der Religion schon seit Jahrhunderten schief läuft, liegt quasi auf der Hand. Er hat eben ein Problem mit diesen Dingen, nimmt sich aber selbst nicht ganz so wichtig wenn er meint, dass er den Song einfach als Anstoß sieht darüber zu reden.
Das kleine Comeback des Brian Liesegang
Eine der größten Überraschungen ist mit Sicherheit der Song "Fades Like A Photograph (Dead Angel)", auch wenn Freundinnen und Freunde der groben Gitarre vermutlich gleich auf "Next" drücken werden. Beteiligt daran ist nämlich bereits erwähnter Brian Liesegang, der maßgeblich mit am Debüt "Short Bus" beteiligt war.
![© Filter Richard Patrick und Brian Liesegang von Filter](../../v2static/storyimages/site/fm4/20100938/patrickliesegang_body_small.jpg)
Filter
Viele, mich eingeschlossen, waren ja der Meinung, dass dessen Ausstieg mit dafür verantwortlich war, dass Filter "poppiger" und weniger grob wurden. Beim Hören dieses Songs und nach dem Interview mit Richard Patrick muss ich diese Theorie wohl verwerfen. Vielmehr ist es Patrick, der sich mit harten Gitarren generell wohler fühlt, Liesegangs Funktion war mehr die des Sounddesigners. Trotz der Trennung blieben die beiden miteinander befreundet und so wurde er für diesen Song wieder mit ins Boot geholt. Zu hören war selbiger übrigens bereits letztes Jahr auf dem Soundtrack von "2012", womit das wohl das einzige Highlight dieses Schrottfilms sein dürfte.
Für Richard Patrick ist "The Trouble With Angels" das, was er selbst wieder als ein "richtiges" Filter Album bezeichnet und man gibt ihm mit diesem "right into the face" Album recht. Dem Mann geht es zum Glück wieder blendend und so ausgeglichen wie er selbst ist auch die wieder Balance zwischen Pop, Rock und Metal. Schön, dass Filter wieder da sind. Dem Terminator sei Dank.
![© Filter Richard Patrick von Filter](../../v2static/storyimages/site/fm4/20100938/Filter1_body.jpg)
Filter
Filter Special im House of Pain
Anlässlich des neuen Albums "The Trouble With Angels" werden sich Christian Fuchs und Dr. Nachtstrom am Mittwoch, den 22. September ab 22 Uhr im House Of Pain Ihres Vertrauens ausführlich dem Thema Filter widmen. Dabei gibt es dann neben einem kleinen Best Of auch neue Songs und jenes Interview zu hören, das ich vor kurzem mit Richard Patrick führen durfte.
Gewinnspiel beendet
Wir haben drei Filter T-Shirts verlost, unter allen, die uns eine Email geschrieben haben und folgende Frage wussten: Mit welcher Band war Richard Patrick vor der Gründung von Filter als Gitarrist tätig? Die richtige Antwort lautet "Nine Inch Nails".
Die GewinnerInnen wurden per Email verständigt.