Erstellt am: 21. 9. 2010 - 17:00 Uhr
Avalon - Der Film
Der Stadt Allentsteig fehlt das Hinterland, weil dort von den Nazis einst der größte Truppenübungsplatz Europas eingerichtet wurde. Seit Jahrzehnten ziehen immer mehr Menschen aus der sterbenden Stadt, die Jugendarbeitslosigkeit ist so hoch wie sonst nirgends in Niederösterreich. Man sollte glauben, dass ein Verein, der dort ehrenamtliche Jugendarbeit leistet, willkommen ist und jede erdenkliche Unterstützung erhält. Doch weit gefehlt: Der Kulturverein Avalon hat aufgrund ständiger behördlicher Schikanen sukzessive seine Aktivitäten im Waldviertel zurückgeschraubt und schließlich auch das letzte Konzertlokal (von dreien) geschlossen. Jetzt erzählt eine Doppel-DVD die Geschichte vom Aufstieg und Fall des Avalon.
Avalon
Die Spritze
Auf Disc 1 erinnern sich Musiker ans Avalon, es sind Konzertschnipsel zu sehen und die Betreiber des Kulturvereins erzählen von nicht enden wollenden Querelen mit Politikern und Polizeibeamten. René Loncsar: "Eines Tages war in der Zeitung zu lesen, das auf den Stiegen des Avalon eine Spritze gefunden wurde. Unser damaliger Geschäftsführer Gugi ist auf den Polizeiposten in Allentsteig gegangen und wollte Details wissen. Wir wollten darüber reden, Akzente setzen, vielleicht gegensteuern. Es hat sich dann herausgestellt, dass dieser Vorfall nicht dokumentiert war. Es gab keinen Polizisten, der diese Spritze gesehen hat. Es gab keinen Akt dazu. Aber in der Zeitung war es zu lesen und hat natürlich dementsprechend die öffentliche Meinung beeinflußt." Christian Rabl: "Das hat sich gleich unmittelbar auf unsere Arbeit niedergeschlagen. Am Tag vor einem Großkonzert stand auf einmal die Exekutive da mit einem Bescheid des Bezirkshauptmanns, der die nächste Veranstaltung untersagt hat."
Avalon
Trotz der häufigen Verbote und Schikanen haben in 17 Jahren über 1000 Bands in den Avalon-Clubs gespielt. Die Doku auf DVD 1 zeigt Bands wie die Sportfreunde Stiller, die Guano Apes oder Bauchklang. Und auch das sechszehnseitige Booklet erzählt von der Schaffensperiode des Vereins, kommentiert Konzertmitschnitte und beschreibt angewandte Kulturpolitik in Niederösterreich. Rene Loncsar erinnert sich: "In einem Verein passiert das meiste ehrenamtlich. Wenn dann ein ständiger psychischer Druck herrscht und eine permanente Rechtsunsicherheit – kann ich die nächste Veranstaltung machen? Kann ich meine vertraglichen Verpflichtungen mit den Künstlern einhalten? – all diese Fragen haben uns permanent beschäftigt. Das ist ständig im Kopf herumgespukt und irgendwann stellst du dir die Frage: Warum mach ich das eigentlich?"
Avalon
Liebesmüh
Für die Dokumentation des siebzehnjährigen Geschehens haben Christian Rabl und René Loncsar hunderte Videobänder in verschiedensten, teils obsoleten Formaten gesammelt und gesichtet. "Das waren neun Monate harter Arbeit", sagt Rabl: "Wir hatten drei Bananenschachteln voll mit Material. Nicht nur VHS- und Super-VHS-Kassetten, sondern auch Mini-DV, Hi 8 und viele Formate mehr. René hat irgendwann vor zwei Jahren begonnen, diese Bänder zu digitalisieren. War er mit einer Bananenschachtel fertig, haben wir die nächste angeschleppt."
Was nicht mehr in den Film gequetscht werden konnte, ist auf Disc 2 zu sehen: Längere Konzertmitschnitte, und bisher nie veröffentlichte Interviews mit Bands im Backstageraum. Die Doppel-DVD "Avalon – Der Film" ist ein interessantes Dokument eines der wichtigsten Kulturprojekte der neunziger und nuller Jahre. Ein Dokument, in dem der Umgang mit Jugendkultur in Niederösterreich so deutlich wird wie selten zuvor. Die DVD "Avalon – Der Film" ist direkt auf der Website des Kulturvereins Avalon erhältlich.