Erstellt am: 19. 9. 2010 - 20:07 Uhr
Die Kraft der Wiedervereinigung
Zugegeben: Zur Blütezeit des Wiener Downbeat-Sounds Mitte der 90er Jahre war ich nicht sein größter Fan. Die weichgespülten Synthie-Melodien, wabernden Bässe und halligen Percussions mit all den Genre typischen Delay-Effekten und Jazz-Schnipseln obendrüber wirkten auf mich oft belanglos und zu gefällig. Trotz heimischer Qualitätsware wie den klanglich undogmatischen Veröffentlichungen von Werner Geiers Uptight-Label oder der Vielfalt des 1998 gegründeten Sonar Kollektivs war und bleibt meine Beziehung zum schmooven Groove eine schwierige.
walknermoestl.com
Was passiert aber, wenn dieser Sound von damals in die Jetztzeit überführt wird und man ihn mit jeder Menge zeitgenössischen Einflüssen aus der britischen Clubszene füttert? Kurz gesagt: Es ist eine verblüffend erfrischende, abwechslungsreiche Musikreise. So eine Entwicklung oder besser gesagt Neuerfindung kann natürlich am besten jemand vornehmen, der damals auch schon mit dabei war. Bei Uwe Walker und Karl Moestl ist das definitiv der Fall: Mit ihrem Projekt Walkner.Moestl sind sie um die Jahrtausendwende am Höhepunkt der Elektronik-Lounge aufgetaucht. Ihre erste EP "Bluish" ist 1999 beim renommierten Kruder & Dorfmeister-Label G-Stone erschienen. Es folgen eine weitere EP und ein paar Remixes. Kurz danach wird es aber schon bald wieder still um die beiden Produzenten. Der Name bleibt jedoch weiterhin im Ohr.
Uwe Walkner, Karl Moestl
Das Album-Debüt zur Wiedervereinigung
Ich war verblüfft als ich bei der Recherche erfuhr, dass Walkner.Moestl seit 2000 keine eigene Veröffentlichung mehr hatten und bislang überhaupt noch nie ein komplettes Album gemeinsam produziert haben. Das am Freitag, den 24. September erscheinende Album "Structures" ist somit ihr Album-Debüt - nach zehnjähriger Pause.
"Hauptsächlich sind unsere Frauen daran schuld, die uns wieder zusammengeführt haben", antwortet Uwe Walkner auf die Frage, wie die beiden nach all der Zeit wieder den gemeinsamen Weg ins Studio gefunden haben. Trotz der unterschiedlichen, individuellen Erfahrungen waren schnell die alten Gemeinsamkeiten wieder da: Die Neugier in Bezug auf neue, kontemporäre Clubsounds, das wechselseitige Vorspielen von frisch entdeckter Musik und der Vorgabe, beim Produzieren "einfach mal zu schauen, was herauskommt."
Zu Gast im FM4 Soundpark: Uwe Walkner und Karl Moestl anlässlich ihres Album "Structures". In der Nacht von Sonntag, 19. September auf Montag, 20. September, ab 1 Uhr.
Die gesammelten Erfahrungen der beiden Produzenten haben das wieder erstarkte, gemeinsame Projekt also nicht verhindert, sondern im Gegenteil in jeder Hinsicht mit Ideen, Einflüssen und Erfahrungen bereichert. Das Ergebnis der Bildungsreisen nach London und Umgebung, nach denen junge und aktuelle Strömungen wie Dubstep oder Wonky mit alten Tugenden wie Electro-Dub, Downbeat und Techno fusioniert wurden, lassen die Walkner.Moestl-Tracks von vor zehn Jahren stark erblassen.
Inhalt und Ablauf der Soundpark-Sendung findet man im sonntäglichen
FM4 Radioprogramm.
Darüber hinaus hat Karl Moestl mit seinem 2007 gegründeten Label Defusion bereits ein gutes Netzwerk etabliert und damit nun volle Kontrolle über den Werdegang von "Structures". Vor allem in Bezug auf die zeitliche Planung und die mögliche Spontaneität bei der Veröffentlichung sei das eigene Label ein großer Vorteil, so Moestl im FM4 Soundpark-Interview. Er selbst produziert mittlerweile in verschiedenen Elektronik-Projekten solo und mit unterschiedlichen Musikpartnern und hat so innerhalb der letzten Jahre ein breites Sound-Spektrum entwickelt, aus dem er schöpfen kann. Diese Vielfalt - bei gleichzeitiger Huldigung der eigenen Wurzeln - hört man "Structures" in jedem seiner 15 dramaturgisch perfekt angeordneten Stücke an.