Erstellt am: 14. 9. 2010 - 15:18 Uhr
crowd2cloud
Die Movement Research Group entstand an der New York University und besteht heute aus 12 Mitgliedern - Künstler, Informatiker, Game Designer. Ständig sucht die Gruppe nach Freiwilligen für ihre Experimente, an denen oft hunderte Menschen teilnehmen. Jedes Spiel läuft anders ab - nicht nur, weil Regeln und Spielziele ständig modifiziert werden. Auch die Menschen, mit denen das Team spielt, verhalten sich je nach Ort anders, sagt Christoph Bregler von der Movement Research Group: "Jede Nacht haben wir eine andere Crowd. Wir bemerken unterschiedliche kulturelle Einflüsse in den Ländern, in denen wir spielen, und es kommt auch darauf an, ob wir in einem Musikclub, auf einem Kunstfestival oder auf einem Spielplatz sind. In Linz hatten wir zum Beispiel eine Menge Leute, die sehr ambitionierte Fußballspieler waren. Sobald sie einen Ball sahen, traten sie danach. Das Spiel war dadurch sehr energiegeladen. In der nächsten Nacht gaben wir die Anweisung, den Ball nicht zu treten, sondern zu werfen."
movement research group
Auf der Ars Electronica in Linz veränderte die Künstlergruppe außerdem das Motion Tracking: Die Infrarotkameras an der Decke erfassten nicht wie sonst üblich die Bewegungen der Spieler im Saal, sondern die Bewegungen der Bälle. Während des Spiels werden auf Videoleinwänden rund um die Spieler digital aufbereitete Informationen dargestellt, etwa ein virtuelles Modell des Raums, Repräsentationen der Bälle, dazu Mauern, Blöcke oder andere Spielobjekte. Außerdem können jene Mitspieler, die sich zum Programmieren und Gamedesign berufen fühlen, selbst zur Tastatur greifen und das Spiel mitgestalten. Christoph Bregler: "Es ist wie ein Open Mic. Wie in einer Bar, in der jeder seine Slam Poetry vortragen kann. Jeder kann nach oben kommen und das Programm verändern. Wir stellen die Technologie und die Crowd zur Verfügung."
Einer der Experten, die im crowd2cloud Team ständig für Programmierung und Game Design zuständig sind, ist Ian Spiro. Ihm geht es sowohl um das Erforschen neuer Spielmechaniken und Regeln, als auch um die Reaktionen der Menschen darauf: "Bei unserem Game Design ist die Herausforderung zuerst einmal der Ball. Er ist zum einen nämlich ein ziemlich ungenaues Steuerungsgerät. Bei einer Nintendo-Konsole hast du Buttons, die Fernbedienung und ein sehr sauberes Signal. Bei crowd2cloud haben wir eine riesige Halle mit Bällen, die unsaubere Signale übermitteln, es gibt sehr viele Störquellen.Wenn es uns nun gelingt, die Bälle zu tracken, dann können wir etwas damit tun. Aber: Es gibt kein Patentrezept dafür, wie die Bewegungsdaten den virtuellen Raum verändern sollen. Wenn der Ball sich nach vorne bewegt, veränderst du dann die ganze Sicht auf der Videoleinwand, für alle Spieler? Und was,wenn es mehrere Bälle gibt?" Ian zeigt mir auf einer Videoleinwand eines der letzten Experimente: Ein Breakout-Game, das hundert Spieler auf einmal in der Halle, mit riesigen Gummibällen und Blick auf die Videowalls gerichtet spielen.
c2c
crowd2cloud ist also gleichermaßen soziales Experiment, Kunstprojekt und Gamedesign-Studie. Auf der Ars Electronica in Linz hat Ian Spiro auch wieder etwas neues herausgefunden: "Das Spiel, das die Teilnehmer auf der Ars Electronica am geliebt haben und auch mir am meisten Spaß gemacht hat, war das 'Posession Game' - obwohl es eigentlich 'Anti-Posession-Game' heißen müsste. In dem Spiel gibt es einen Haufen Bälle. Wir teilen die Halle in zwei Hälften, und das Ziel ist es, alle Bälle auf die andere Spielhälfte zu kriegen."
Ein marktreifes Produkt ist "crowd2cloud" nicht. Das Team will derzeit lieber auf Kunstfestivals auftreten - und neue Rekorde aufstellen. Beim beim bisher größten crowd2cloud-Spiel haben 4000 Menschen mitgemacht.