Erstellt am: 9. 9. 2010 - 11:26 Uhr
Mind and Matter, buckle up!
Vom 10. bis 12. September 2010 findet im Raum D (Museumsquartier) das Paraflows-Symposium statt.
Das Thema ist heuer ist "Mind and Matter". Mit den Begriffen Geist und Materie scheint ein Begriffspaar unablöslicher, feststehender Konzepte bezeichnet zu sein. Die zunehmenden Herausforderungen und Reflexionsweisen des digitalen Lebens und Kulturschaffens haben zu einer produktiven Befragung besagter Dichotomie beigetragen. Die Netzkultur hat die Bedingtheit der beiden, nur an ihrer Oberfläche widersprüchlichen Systeme verdeutlicht und in neue technologische Realitäten überführt. Das Symposium will mittels eines interdisziplinären Ansatzes dem verschränkten Miteinander kultureller, künstlerischer und technischer Praxen nachspüren, Entwicklungen nachzeichnen, Forschungsstände praxis- und beispielnah verdeutlichen und Ausblicke in potentielle weitere Entwicklungen ermöglichen.
Es sind wieder jede Menge internationale Diskursstars da: Etwa Lin Hsin Hsin aus Singapur (Demystification of Digital Media), Jane Tingley aus Kanada (Network Sculpture) oder Adam Flynn und Sarah Outhwaite aus den USA (Love across Time and Space. Methods and Tools of Long-Distance Relationships).
Ich nehme mir aber die Freiheit auf ein paar der Talks genauer einzugehen.
Jane Tingley
Dmytri Kleiner wird über "P2P communism vs. the client-server state" sprechen. Indem er sich auf die klassische politische Ökonomie und die Geschichte des Internets und der freien Kultur stützt, entwickelt er Analogien zwischen verschiedenen Produktionsformen und Netzwerkarchitekturen, um zu erklären, warum der Kapitalismus das Internet und die freie Kultur zerstören wird und warum Risikokommunismus der einzige Weg ist, dies zu verhindern.
C. Heller
Christian Heller (vielen durch sein Web 2.0 Handle "plomlompom" bekannt) widmet sich dem Thema der Gegenwartsaufbewahrung und Vergangenheitsrekonstruktion. Die Ausdehnung jeglicher Art von Information über eine gewisse Zeit hinweg ist eine große Herausforderung. Sie beinhaltet oft verlustbehaftete Übersetzungsprozesse von verfallenden Aufbewahrungsmedien des Geistes zu verfallenden Aufbewahrungsmedien der Materie und umgekehrt. Er möchte einige auffallende Beispiele solcher Entwicklungsübungen näher beleuchten:
- 1. Die Konservierung des eigenen Selbst; das Erlangen von Unsterblichkeit in Pyramiden, in Geschichtsbüchern, Kühlkonservierung und Gedanken-Uploads. Welche geistige und körperliche Information sollen wir speichern, wenn wir das, was uns ausmacht für die Zukunft erhalten wollen? Wird die Post-Singularitätszivilisation in der Lage sein, uns alle zu rekonstruieren?
- 2. Rekonstruktion unserer materiellen Umwelt, besonders der Städte; Rekonstruktion von vergangenen Realitätserfahrungen in Filmen und Videospielen; Aufbewahrung dreidimensionaler Momentaufnahmen von Stadtbildern für die Zukunft in „Grand Theft Auto“ und „Google Earth“; vermehrte Realitätsebenen, die Vergangenes über Gegenwärtiges legen: bau mit dem Handy das World Trade Center und die Berliner Mauer wieder an ihren ursprünglichen Plätzen auf.
- 3. Einebnung und Postmodernisierung von Geschichte; die Befreiung der Geschichte von der materiellen Beschaffenheit der Zeit - sie wird dadurch zu einem nicht-linearen Spielplatz, einem schwerelosen Text, mit dem gespielt werden kann. Da Geschichte nur einer von vielen Texten ist, können Spiele auf bewusste Weise Geschichte(n) verändern, sodass neue Abfolgen sichtbar werden.
- 4. Kosmologische Grenzen in Bezug auf die Speicherung und Rekonstruktion von Information. Ist das Universum ein digitaler Datenverarbeitungsprozess? Und falls dem so ist, wie groß müsste dann die Festplatte sein, um dessen Information zu speichern? Ist Bewusstsein, das in materiellen Prozessen gespeichert ist noch nicht bearbeitbar durch unsere digitalen Datenverarbeitungsmachinen?
Too Sci-Fi? Hmm... dann vielleicht Kyle Machulis aus der Bay Area?
J. Grenzfurthner
Heutzutage sind Videospiele beständig auf der Suche neue Wege zu finden, um unsere Sinneswahrnehmungen in die Eier zu treten. Intensive Grafiken, Mehrkanalton und nun auch erweiterte Umwelten, um die Erfahrungen abseits des Bildschirms zu steigern. All dies lässt eine Frage dringlich werden: Wie können wir ein Spiel kreieren, das ohne all das auskommt und dennoch interessant ist? Der Vortrag widmet sich der Entwicklung eines auf Biometrie basierenden Videospiels, ohne Grafik, ohne Ton und mit der einfachsten Form der Steuerung (nur ein Steuerungsknopf). Indem wir den Körper der Spielerin oder des Spielers als Spielmechaniker verwenden, können wir Spiele herstellen, die dennoch lustig, schwierig und möglicherweise sogar lehrreich sind.
Also, hinschauen!
commodore
Ich werde mich auch ins Zeug werfen und euch über die Geschichte der panischen und blödsinnigen technophoben Darstellung "des Computers" in Popmusik-Lyrics erzählen. Das öffentliche Bild des Computers wurde durch Gruppen wie "Kraftwerk" geprägt, aber auch stark durch obskure Schlager wie France Galls "Computer Nr. 3" oder Ulli Bäers Werbesong "I hob an Amiga". Und da gibt es viel zu analysieren - und zu besingen.
Paraflows-Symposium MIND AND MATTER
10. bis 12. September 2010
Jeweils 14-19 Uhr
Raum D, QDK, quartier21, MQ, Museumsplatz 1, 1070 Wien