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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

8. 9. 2010 - 15:10

Fußball-Journal '10-52.

Die interessante Konsequenz des Katastrophen-Siegs gegen Kasachstan: der ÖFB sagt das nächste Traininslager ab.

Meisterschaft und Cup, das "europäische Geschäft", das Nationalteam, der Nachwuchs, aber vor allem auch das hiesige Medienverhalten und die Wahnsinnigkeiten im Umfeld: das Fußball-Journal '10 begleitet die Saison mit ungeschöntem Blick.

Heute mit den Nachwehen des beschämenden Auftritts beim ersten Qualifikations-Spiel des ÖFB-Teams gegen Kasachstan.

Die Netzwerk-Analyse des Standard belegt auf erschreckende Weise die strategische Planlosigkeit eines Spiels ohne (bekanntermaßen eh nur überschätzte) Taktik.
Eine andere interessante Analyse zum Spiel findet sich hier.
Detailliert und spannend: die laola1-Taktik-Analyse.

Das für Dezember geplante ÖFB-Trainingslager wurde heute, am Tag nach dem Kasachstan-Spiel, das eklatante Teambuilding-Schwächen und eine spielerisches Nichts geboten hatte, offiziell abgesagt.
Trainingslager finden statt, um eine Mannschaft zusammenzuspielen, ein System (gar eine Taktik) zu enstwickeln und einen gemeinsamen Nenner fürs Spiel zu finden.

Die Absage kann nur bedeuten, dass die ÖFB-Spitze mit dem ersten Bewerbs-Auftritt so unglaublich zufrieden war, dass jede weitere Schulung nur Schaden anrichten kann. Oder, dass es der ÖFB-Spitze eh schon wurscht ist, weil sie aufgegeben hat.

Die wirklichen Gründe für die Absage sind ähnlich peinlich. Ich darf die APA zitieren: "Die zusätzliche Trainingswoche war am 10. August in Klagenfurt in Abstimmung mit der Bundesliga beschlossen worden. Schon zu diesem Zeitpunkt war klar, dass die Legionäre nicht freigegeben werden müssen und Salzburg bis Mitte Dezember im Europacup engagiert ist."

Und genau das, die Nicht-Freigabe, war jetzt der Grund für die Absage.
Hauptsache, man hatte vorher umsonst geplant und diverse Jubelmeldungen rausgeschickt.

Eh-wurscht-Trainingslager

Allerdings verliert sich die Sinnhaftigkeit von Traininslagern (die dafür da sind, dass ein Team sich für ein wichtiges Match einspielt und eingroovt) sowieso komplett wenn dem Teamchef die alles auf den Kopf stellende Linz-Variante erst ein paar Stunden vor dem Spiel einfällt und sie so nicht einmla ansatzweise geübt werden konnte.

Denn das, was die ÖFB-Truppe gestern abend vor sich hin improvisiert hat, war nicht das, was im Trainingslager geübt und trainiert wurde.

So wie Constantini merklich alles komplett wurscht ist, was mit Überlegung, Plan und Nachhaltigkeit zu tun hat, so wurscht ist ihm auch die Funktion des Trainingslagers.
Dessen Ergebnisse hat DiCo nämlich durch die Linz-Maßnahme schlicht und ergreifend gekübelt.

Insofern wird ihm die Absage des Dezember-Trainingslagers nur recht sein: es fällt bloß eine Woche anstrengende Arbeit weg, deren Früchte er sowieso nicht zu nutzen verstanden hätte. Mangels Philosophie, managels Ethos, mangels Einstellung, mangels Spielintelligenz, mangels Einsatzwille.

Mit dem Abnicken dieser Ansage, mit dieser Selbstaufgabe auf Ansage schließen dann auch die ÖFB-Planer nahtlos an die bemitleidenswürdige Vorstellung des Coaching-Teams von gestern an, das - in Abwesenheit von Taktik (eh überschätzt), oder gar einer Strategie - erneut den Beleg seiner Untauglichkeit ablieferte, und sich mit seinen oft erschreckenden Ausredenwelten bereits tief in eine absurde Scheinwelt verirrt hat.

Eine Scheinwelt, die ihnen von einem Präsidenten, der in waldheim'scher Diktion davo erredet, dass man seine Pflicht erfüllt habe, planiert wird.
Und eine Scheinwelt, in die sie auch die Spieler reinzerren: die reden sich mittlerweile auf den Rasen und die kritischen Zuschauer raus: reinste DiCo-Schule, eine Abputzerei par excellence, die vor allem Nachdenken und substanzielle Analyse scheut wie der Teufel das Weihwasser.