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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

26. 8. 2010 - 23:44

Fußball-Journal '10-43.

Déjà-vu. Die fortgesetzt interessante Rolle von Österreichs Klub-Fußball in Europa, oder: the Nightmare returns.

Egal ob Meisterschaft, Cup, Medienverhalten, die National-Mannschaft, oder wie aktuell, das "europäische Geschäft": das Fußball-Journal 10 begleitet die Saison mit ungeschöntem Blick.

Das Déjà-vu setzte gegen 22 Uhr ein.
Es war wie an diesem Donnerstag-Abend im Vorjahr, dem 27. 8. 2009. Damals war ich auf dem Rückweg aus dem Horr-Stadion, in dem (in der Overtime) ein harter ukrainischer Gegner gebogen wurde - wogegen man diesmal gegen einen wesentlich fitteren griechischen Gegner keine echte Chance hatte. Und weil sich (Verlängerung und so) ein "Schnell-Heim!" nicht auszahlte, hab ich mich damals in ein 10. Hieb-Beisl gedrängt, um dort noch die restliche zweite Halbzeit von Rapid in Birmingham mitzubekommen. Und da sah es, auch bis zur etwa 60. Minute, zwar gut, aber nicht wirklich gut aus. Und erst dann, in der 60. Minute (und die kam diesmal so gegen 22 Uhr) war dieses Gefühl da.

Ein Tor und sie sind drin. Und dieses Tor, es wird kommen.
Und dieser Gegner, der große Name, der strahlte diese Instabilität aus.
Vor einem Jahr war das so.
Und heuer wieder.

Die Belohnung tags drauf, die EL-Auslosung bringt folgendes:

Rapid spielt in Gruppe L gegen den FC Porto (eben Supercupsieger geworden, home of Raul Meireles, Fucile, Álvaro Pereira und Otamendi), Besiktas Istanbul (Ekrem Dag) und CSKA Sofia (aktuell trainerlos, Präsident Dimitar Penev herrscht).

Salzburg hat die Knaller-Gruppe (A) schlechthin erwischt: Juventus (Manninger, Büchel) und den Groß-Einkäufer Manchester City (Yaya Toure, Jerome Boateng, David Silva, Villas Milner, Jo, Kolarev, den schlimmen Balotelli uam) dazu Lech Posen (Wichniarek).

In der 60. Minute (heuer bin ich zu Hause geblieben, ich wollte beide Spiele zur Gänze sehen, das der Austria und das von Rapid, zweiteres gab's im Live-Stream; an Sturm hab ich, sorry, nicht mehr geglaubt) schreib ich "Erinnerungen ans Vorjahr, als Rapid auch keine Chance hatte und trotzdem so dicht im Spiel war".
Direkt danach kam der Elfer, und als der vergeben wurde (auch wie im Vorjahr, auch ein reines Déjà-vu), gab es trotzdem fünf Minuten später die Führung - das war unvermeidlich, aber das eine nötige Tor, es fiel dann.

Der zurückgekehrte Albtraum

Im Vorjahr war es das nötige Auswärtstor zum 1:2.
Heuer war es das nötige Auswärtstor zum 2:2.

Dass es Sonnleitner, der den Elfer verbockte, geköpft hat, Klasse.
Genauso wie die Tatsache, dass das erste Tor von Kavlak und Nuhiu kam und das dritte von Trimmel und Gartler.

Villa konnte nach dem 2:2 genausowenig zurückkommen wie damals nach dem 1:2. Und genauso wie der Beisl-Crowd damals das Maul kollektiv offenstand, genauso hab ich mich heuer wieder gefühlt.

Das mitgeführte Transparent der Rapid-Fans sagte: "The Nightmare Returns!" Und wußte gar nicht, wie recht es hatte.
Dass Aston Villa aktuell sowas von in der Krise ist (O'Neill-Abgang direkt vor Saisonstart, US-Besitzer gegen Interimstrainer, Medien gegen US-Besitzer, 0:6 gegen Newcastle, alle gegen Carew, Nachtreten gegen O'Neill) soll nichts abschwächen.

Zum Déjà-vu gehört auch die mediokre Vorstellung von RBFC Salzburg, die wieder aus pur eigener Schuld die Champions League verpassten und sich jetzt mit säuerlicher Miene in die EL einreihen. Denn ihr Hapoel hieß im Vorjahr einfach Maccabi. Gut, da sind ideologische Welten zwischen dem Arbeiter-Klub und dem der "besseren Leut'", aber israelischer Meister bleibt israelischer Meister.

Ausbildungs-Vereine auf dem richtigen Weg

Bei Juve saßen im übrigen zwei Österreicher auf der Bank: neben Alexander Manninger (der ist noch nicht 100%ig fit und deshalb aktuell zweiter Tormann hinter Storari, das wird sich ändern) auch Marcel Büchel, eigentlich "nur" Primavera-Spieler, aber auf der EL-Meldeliste und bei Coach Luigi Del Neri offenbar wohlgelitten. Derselbe Büchel, den sich ein paar ÖFB-Coaches vor der U19-EM als Bad Boy und Sündenbock ausgesucht und öffentlich zur Sau gemacht hatten.

Das Déjà-vu störte Sturm Graz - nicht wegen der Leistung, die soll auch gegen Juventus Turin gut gewesen sein (wie gesagt, nichts davon gesehen).
Aber: Juve ist eben ein anderes Los als Metalist Charkiw im Vorjahr. Und offenbar auch ein verlässlicherer Player als Aston Villa. Und Sturm kann seine wichtigste Aufgabe (das Entwickeln junger Spieler) auch so erfüllen.

Und Metalurg Donezk, die letzte Euro-Liga Hürde der Austria im Vorjahr, ist auch nicht mit Hector Cupers Aris Saloniki zu vergleichen. Einer Austria Wien, die trotz dieses Ausscheidens auf einem sportlich richtigen Weg ist, weil sie höheres spielerisches Niveau anstrebt und auch durchexerziert.

Das nächste Déjà-vu kommt aber in dem, was mir als erstes in den Sinn kommt.
2009, nachdem feststand, dass es vier Ö-Klubs in die Europa-League geschafft hatten, stand es gebetsmühlenartig in jedem Journal: allein das ist schon toll. Egal, ob sie jetzt noch einen einzigen Punkt machen. Und es wäre auch okay gewesen, wenn es nicht alle in die EL geschafft hätten.

2010 sag ich dasselbe, ganz ohne Möglichkeitsform.
Für Sturm und die Austria waren die Gegner diesmal halt zu stark; und nominell wäre das auch für Rapid der Fall gewesen. Einer von dreien, das ist mehr, als ich gedacht hatte.
Ich hab mich schon auf ein langweiliges Salzburg-Solo eingestellt.

... der zentrale Hofmann...

Im übrigen haben es sogar mehr Österreicher in die Champions-League geschafft, als da mit Salzburg dringewesen wären: Alaba, Prödl, Arnautovic, Janko, Stranzl, Bahadir und vielleicht auch Darko Bodul mit Ajax).

Die müssen sich jetzt, genau wie im Vorjahr, beweisen. Indem sie den Cup der Verlierer seriös absolvieren und nicht so lasch und luschig auftreten wie im Dienstags-Spiel; ohne echte Torchance, ohne Wille und ohne Mumm - wieder einmal wie eine seelenlose Legionärstruppe, eine herzlose Retortenmannschaft.

Für Rapid gilt (it's all so déjà-vu) wie im Vorjahr: egal, ob sie jetzt noch einen einzigen Punkt machen; allein die Art der Qualifikation macht sie (europäisch) sakrosankt.

Dass es in diesem entscheidenden Spiel endlich wieder einmal einen zentralen Hoffmann, also ein echtes beidseitiges Flügelspiel und damit endlich wieder eine sinnvolle Strategie gab, hat damit durchaus, am Rande, zu tun - aber wer will da kleinlich sein.