Erstellt am: 26. 8. 2010 - 12:00 Uhr
Flattr: Danke sagen mit Mehrwert
Geld auszugeben für etwas, das man auch gratis erhalten kann, mag aus ökonomischer Perpektive vielleicht nicht ganz überzeugen, ist aber der aktuell am meisten diskutierte Vorschlag für die Finanzierung von Web-Content. Der Vorschlag nennt sich Social Payment und ist eng mit der Idee der Thank-you-economy verknüpft, also darauf, dass Leute bereit sind, für Content, der ihnen gefällt, zu bezahlen, auch wenn sie es nicht müssen.
Die Idee ist gar nicht so einfach umzusetzen, wie sie klingt, weil im Netz ja schließlich niemand mit dem Klingelbeutel umhergeht. Für eine Spende muss man Geld überweisen, was das Spenden von Kleinstbeträgen nahezu ausschließt. Eine Überweisung von einigen Cents rechnet sich allein wegen der Überweisungsgebühren nicht und kaum jemand würde zehn Euro für einen Blogeintrag ausgeben.
Help people share money, not only content
Ein ähnliches Service wie flattr bietet das US-Unternehmen kachingle.
Das schwedische Internet Startup flattr will das Geldverteilen einfacher machen. Der Name flattr kommt einerseits vom englischen "to flatter", also schmeicheln, zum anderen von Flatrate. Bei der Anmeldung bei flattr legt man seine persönliche Flatrate fest, mindestens zwei Euro. Dieser Fixbetrag wird dann monatlich vom flattr-Konto abgebucht, so muss man bei der Spendenabrechnung keine bösen Überraschung erleben.
Tom Schaffer hat in seinem Blog zurpolitik.com einige TeilnehmerInnen von flattr aufgelistet
Verteilen kann man dieses Geld, indem man die grün-orangen flattr-Buttons anklickt, die auf verschiedenen Blogs und Websites schon zu finden sind. Sie ähneln den like-Buttons von Facebook, mit dem kleinen Unterschied, dass jeder Klick Geld wert ist.
Wieviel die einzelnen bekommen, das wird erst am Ende des Monats klar, wenn der Betrag unter allen Klicks aufgeteilt wird. Habe ich nur einen Beitrag geflattert, bekommt der die ganze Summe, bei hundert Beiträgen nur ein Prozent etc. Für die Betreiber werden diese Kleinstbeträge dann summiert, wobei zum Teil beträchtliche Beträge zu Stande kommen.

flattr
Peter Sunde: It’s actually not just a click of a button, it’s also a part of my money that goes there as well, which means it’s much more mentally: There ist still a very small mental transaction cost that people think, well, it’s not additional money, it’s just money I’ve already paid, but they are getting some of it.
Mehr als ein Taschengeld
Der deutsche Technikblog netzpolitik.org etwa hat im Juli über 600 Euro mit flattr eingenommen, der Podcaster Tim Pritlove fast 900 Euro. Unter deutschen BloggerInnen hat flattr momentan den meisten Zuspruch, so Peter Sunde, der Gründer von flattr. Doch mit der taz oder der Freitag sind auch zwei große deutsche Zeitungen mit an Bord. In Österreich ist flattr noch nicht so richtig angekommen.
Aber nicht nur Leute, die mit ihren Inhalten Geld verdienen wollen, nützen flattr. "It’s very interesting to see that a lot of people who sign up for flattr actually just do it in order just to give money", meint Peter Sunde. Viele Menschen wollen einfach nur ihre Wertschätzung ausdrücken, indem sie Inhalte belohnen. Um mehr Internet-UserInnen, die nicht selber Inhalte produzieren, zu erreichen, setzt flattr verstärkt auf Kooperationen mit Websites, die Bilder, Videos oder Blogs hosten (etwa youtube oder flickr).

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Flattr ist keine Paywall
Die Times hat in den drei Monaten seit der Einführung der Paywall 1,2 Mio Leser verloren, schreibt die Huffington Post
Flattr ist ein Gegenmodell zur Bezahlpflicht, die manche Medien, wie z.B. die britische Times eingeführt haben, bei der die gesamte Web-Ausgabe kostenpflichtig gemacht wird. Flattr hingegen fördert mit seinem Konzept die Idee des offenen Netzes, denn um geflattert zu werden, müssen die AnbieterInnen ihre Inhalte offen und frei zugänglich machen.
Fürchtet man sich bei flattr, dass Marktgiganten wie etwa facebook in den Markt einsteigen könnten, schließlich wird derzeit nach funktionierienden Geschäftsmodellen gesucht, um (frei zugängliche) Inhalte im Internet profitabel zu machen?
Peter Sunde: Yes and no. The internet is great, there is room for everybody, I don’t see that as a big threat. If they would, that might be great, because that means that people would have an easier way to actually give money to people. That’s kind of the goal of flattr, helping out with that. If we don't succeed but someone else does that's really good as well. At least we tried and made people do it. I'm happy with that.
Flattr ist noch in einer Beta-Version und erst seit letzter Woche offen zugänglich. Knapp 40.000 UserInnen nützen den Service bis jetzt. Die finanziell aufwändigen Angebote großer Medienhäuser wird flattr wohl nie finanzieren können, wobei das auch nicht das Ziel von flattr ist. Am erfolgversprechendsten ist der Service für Blogs und Angebote außerhalb des Web-Mainstreams, für Leute, die bis jetzt kein Geld mit ihren Inhalten verdient haben.