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Christian Fuchs

Twilight Zone: Film- und Musiknotizen aus den eher schummrigen Gebieten des
Pop.

21. 8. 2010 - 16:15

Angelina rennt

Bevor sich der Sommer seinem Ende zuneigt, hat Hollywood noch einen Blockbuster parat. Im Actionthriller "Salt" muss eine CIA-Agentin um ihr Leben laufen.

Angelina Jolie scheint offensichtlich die Gegensätze zu lieben. Durch die Klatschgazetten geistert sie omnipräsent als aufopfernde Übermutter und humanitäre Wohltäterin. Auf der Leinwand greift sie dagegen gerne zu gröberen Waffenarsenalen und lässt gegnerische Knochen fatal knacken, siehe ihren Hang zu Auftragskillerinnen in (Mach-) Werken wie "Mr. & Mrs. Smith" oder "Wanted".

Extra für die toughe Angie wurde mit "Salt" eines der begehrtesten Drehbücher in Hollywood umgeschrieben. Der von Kurt Wimmer ersonnene männliche US-Agent, der eines Tages als russischer Spion enttarnt wird, mutierte zur Frau.

Eben jene Evelyn Salt gilt als besonders verdienstvolle Mitarbeiterin des CIA, die auch nordkoreanische Foltern überstanden hat, ohne das Vaterland zu verraten. Aber dann gerät die Vorzeige-Agentin, ausgelöst durch das Geständnis eines russischen Überläufers, plötzlich in ein Netz aus Beschuldigungen und Verschwörungen.

Von den eigenen Kollegen (Liev Schreiber) und eiskalten Beamten (Chiwetel Ejiofor) verfolgt, bald zum neuen Staatsfeind Nummer Eins deklariert, begibt sich Evelyn auf eine nicht endenwollende Flucht. Dabei schwebt aber nicht nur sie selbst, sondern auch ihr unbescholtener deutscher Freund (August Diel in einer Blink-and-miss-Rolle) in Todesgefahr.

Salt

Sony

Dass James Bond & Co. endlich weibliche Konkurrenz bekommen, ist natürlich erfreulich. Positiv fällt in diesem Film auch die Old-School-Inszenierung des Genreveteranen Phillip Noyce auf.

Aufdringliche Computereffekte und visueller Firlefanz halten sich in Grenzen, die Kameraführung des großen Paul-Thomas-Anderson-Kollaborateurs Robert Elswit mutet klassisch kühl an.

Leider hat "Salt" aber auch eine Geschichte. Und hier beginnt das Problem. Schon bald verstrickt sich die dünne Story in immer ärgeren Absurditäten und auch die vorhersehbaren Twists und Wendungen hinterlassen ein schales Gefühl.

Salt

Salt

Dabei sind es gar nicht die bizarren Bezüge an die vergessene Ära des Kalten Kriegs, die wirklich stören. Passt das Comeback der russischen Leinwandbösewichte doch vom Timing her zum realen Spionagenetzwerk rund um "Moskaus Geheimwaffe" Anna Chapman, das heuer in den USA aufgedeckt wurde.

Es ist seine Unentschlossenheit, mit der sich dieser Film selber sabotiert. Wäre "Salt" ein durch und durch überzogenener Agententhriller in der Tradition der früheren 007-Streifen, könnte man über sämtliche fatalen Logikaussetzer hinwegsehen.

Aber Phillip Noyce gaukelt lieber einen Realismus vor, der im Post-Jason-Bourne-Hollywood zum guten Ton gehört. Auf der anderen Seite ist es haarsträubend mit anzusehen, wie Evelyn Salt im Alleingang den Geheimdienst, die Polizei und das Militär austrickst.

Angelina Jolie, deren filmisches Gesamtwerk ich ja eher zwiespältig betrachten würde, gibt sich sichtlich Mühe, diesen Film ganz alleine auf ihren durchtrainierten Schultern zu tragen. Vor dem schlechten Drehbuch flüchtet sie in "Salt" aber vergeblich.

Salt

Sony