Erstellt am: 30. 7. 2010 - 17:16 Uhr
Something For The Weekend
Weil vorige Woche hier gewisse Fragen aufgetaucht sind: In dieser Wochenend-Planungs-Sache gehts eher selten um Konzerte oder Kino oder so, sondern meistens um DJs und Clubs. Da hilft normalerweise oft nur eine private Flyersammlung, ein Facebookaccount oder ein Blick in einen Stadtführer.
Oder halt auf termine.orf.at/fm4 (empfohlen), hauptstadt.at, grazzz.at, technoboard.at oder sonst irgendwas Zielgruppenrelevantes.
Wenn du letzteren riskierst, also zum Beispiel in einem Buchgeschäft, dann rät dir ein anonymer Autor dazu, in Wien abends ins U4 oder ins Chelsea zu gehen. Bis auf die Formulierung urbanes Publikum hab ich mir den Wortlaut zwar leider nicht gemerkt, trotzdem lässt mich das nicht los, weil ich diesen Ratschlag für grob fahrlässig halte. Ich mein, in Berlin leben ganze Wirtschaftszweige davon, dass Billigfliegerurlaubsgäste zum Technopartyfeiern anreisen, und wir schicken unsere Gäste einfach pauschal einmal ins Chelsea oder ins U4?
Immerhin, das Chelsea hält sich an den Nichtraucherschutz. Sehr vorbildlich auch und freundlich: das Flex.
Nix gegen das Chelsea und schon gar nix gegen das U4: aber zur Zeit, in der so lustige Memes wie "Popper", "Britpopper" oder "Grufti" entstanden sind, gab es noch gar kein Internet in Österreich (außer beim Heeresnachrichtendienst vielleicht). Bruno Kreisky war noch am Leben und in Berlin ist eine Mauer gestanden.
An den Geschichten, die du über diese Mauer hörst, kannst du dann überhaupt erst messen, wie lang zwanzig Jahre eigentlich sind. Von Fluchtversuchen durch U-Bahnschächte unter der geteilten Stadt hört man da. Von mehr als 130 Menschen, die auf der Flucht getötet wurden.
Und, worauf ich eigentlich hinaus will und was ich mir persönlich so ganz und gar nicht vorstellen kann: Von Polizisten im Westen, die Flüchtlinge aus dem Osten freudig empfangen. Aber warum?
Warum (und das beschäftigt mich jetzt schon seit zwei Wochen, als ich endlich mal an der Bernauer Straße war) werden diese Menschen, wenn schon Polizisten daneben stehen und die Flucht beobachten, nicht am Boden fixiert und mit Handschellen via Anhaltezentrum in den nächsten Flieger gesetzt? (Oder in den nächsten Jeep, wenns nicht so weit ist.) Warum helfen diese Polizisten den abgekämpften Menschen, die da tagelang gegraben haben, oder ihr Leben riskiert haben, freundlich weiter? Das ist doch unlogisch. Beziehungsweise - fast noch interessanter - wieso ist man heute, wo schnelle Abwicklung eines Asylverfahrens mit umgehender Rückführung ins Heimatland eine Selbstverständlichkeit ist, da auch noch stolz darauf?
Vielleicht hat ja irgendwer eine Ahnung. Dann bitte unten hinschreiben. Genauso übrigens wie Veranstaltungstipps aller Art, Wohnungsangebote und Links zu Urlaubsfotos.
Pamela Rußmann
Freitag / [in]vitati[on] / Catekk, Mindestens etc. / Niesenberger / Graz
Das letzte Rauchfrei-Wochenende war eine ziemliche Ernüchterung. Weil anscheinend alle mit dem Nichtraucherschutzgesetz befassten Checker im Pool plantschen, am Klopeiner See grillen oder sonst irgendwie jetsetten, ist das mit der Umsetzung so eine Sache. Zumindest in Wien ist es schwieriger einen Club zu finden, in dem das Gesetz ordentlich umgesetzt wird, als ein Schlupfloch für Raucher zu finden. Wie das im Niesenberger ist, lässt sich mit Mitgliedsausweis am Freitag rausfinden.
Und auch der caTekk ist dabei.
Und auch - mindestens genauso wichtig - Mindestens. Für mich der ultimative Minimal-DJ-Name, obwohl sein aktuelles Set mehr als nur minimal groovt. Genauso interessant wie die Sounds sind in diesem Fall die Visuals, die von den fabulösen Ochoresotto kommen. Die möglicherweise kreativsten Visualkünstler des Landes überraschen dich trotz mittlerweile anständig vielen Bookings jedes Mal neu, oder wie man da sagt.
Freitag / Pling-Plong Festival / Aeroplane etc. / Pratersauna / Wien
Ich hab ja berufsbedingt immer wieder mal mit eitlen Gockeln zu tun, weswegen ich mir einmal folgende Kategorisierung herausnehme: Eitle Gockel lassen sich in zwei Untergruppen teilen. Gruppe eins wird verspottet ("ha ha, der eitle Gockel"), Gruppe zwei wird akzeptiert ("cooler Typ"). Während die Einser dadurch immer verbissener an ihrem Image arbeiten, vor Intrigen und Wimpernfärben nicht zurückschrecken und furchtbar nerven, sind die Zweier überaus großzügige, philanthrope und angenehme Zeitgenossen.
So ein Zweier ist auch Jerry Bouthier. Das Internet führt bei ihm als Berufsbezeichnung musikalischer Berater für die Avantgarde-Boutique Kokon To Zai im Londoner Szeneviertel Soho. Eine der letzten Beispiele von Jobs, für die es noch keinen Wifikurs gibt. Akzeptanz ("cooler Typ") hat sich der Netzwerker als DJ und Modeauskenner erworben, was ihm widerum die Chance gegeben hat, die durchaus stilprägende Kitsuné Boombox Compilation zusammenzustellen.
Aeroplane hingegen hat sich von einem Zweier zu einem Einser entwickelt. Damit meine ich jetzt gar nicht mein soeben erfundenes Eitler-Gockel-Modell, sondern die Besetzung. Stephen ist raus. Vito ist inzwischen alleiniger Netzwerker-turned-DJ. Von eitel inszenierten Fotos wissen aber auch diejenigen Blogs nichts, die den Belgier als heißes Ding des Sommers 2010 ausgerufen haben. Ein toller eigener Song ("We Can't Fly"), Softpop plus trendige Afrika-Ethno-Anleihen und zwei geklaute Ideen, die Baby, I'm Yours und Paris nun endgültig für den iTunes Suchordner abgehört, aber trotzdem sehr super qualifizieren, tun das Übrige.
Gemeinsam mit Jerry Bouthier und den heimischen Netzwerker-turned-DJs vom Dienst beim Pling-Plong Festival in der Pratersauna.
Freitag / Rasco, Guilty Simpson etc. / p.m.k. / Innsbruck
Wenn du den Button für Postings nicht fndest oder noch ein hochauflösendes TIFF mit 4 Flyerentwürfen übrig hast (wichtig fürs Radio!) kannst du auch E-Mail schreiben: update.fm4@orf.at. Auch sonst freuen wir uns über Post.
File under: großartiger HipHop. Guilty Simpson von der unermüdlichen Stones Throw Records Sammelstelle für irrwitzige MCs, die im richtigen Umfeld Geniales zu schaffen im Stande sind, ist im Lande. Der große J Dilla hat ihm bis zu seinem Tod immer wieder tolle Beats auf den Leib geschneidert. Seine neuen Sachen, die unter anderem Oh No produziert hat, gefallen mir persönlich fast noch besser. Lärm und Soul gleichzeitig kann einfach alles.
Die Promoter schicken ihn aktuell gerade auf eine Tour, deren Name ihnen wahrscheinlich beim bekifften Wrestlingschauen eingefallen ist: Clash Of The Titans heißt dieser Jahrmarkt von einem Jam, an dem sich in der p.m.k. auch Rasco, Tha Alkoholik J-Ro und noch ein Dutzend andere internationale MCs und DJs beteiligen.