Erstellt am: 24. 7. 2010 - 11:51 Uhr
Heiße Luft
Eigentlich würde ich ja jetzt lieber über den Blockbuster des Jahres schreiben, der mir seit der Pressevorstellung gestern im Kopf herumschwirrt und dort die Synapsen ordentlich zum Rauchen bringt.
Aber "Inception", der seit langer Zeit ambitionierteste Versuch, den Mainstream auf verschwurbelt intellektuelle und gleichzeitig gigantomanische Weise zu unterwandern, ist eine andere Geschichte, demnächst in diesem Theater hier.
Widmen wir uns stattdessen einem ebenfalls nicht unaufwändigen sommerlichen Tentpole Movie, wie das in der Marketingsprache heißt, der so ziemlich das hundertprozentige Gegenteil der Vision von Christopher Nolan repräsentiert.
"Knight and Day" ist einer dieser Filme, die nicht wie eine aufwühlende Symphonie wirken, sondern an musikalische Hintergrundberieselung erinnern. Die einfach an einem vorüberziehen, ohne Begeisterung zu verursachen oder auch ernsthafte Verärgerung.
Centfox
Dabei muss das Konzept in der Theorie für die Produzenten richtig gut geklungen haben. Man nimmt zwei Superstars wie Tom Cruise und Cameron Diaz, zeigt sie von ihrer augenzwinkernden Seite und lässt sie vor der Kamera flirten.
Zu der ganzen romantisch-komödiantischen Anbandelei für die weibliche Zielgruppe packt man dann aber noch Unmengen an Verfolgungsjagden, Schlägereien und Schießereien für die Buben aller Altersstufen.
Und am besten reichert man das ganze Spektakel zusätzlich mit touristischen Schauwerten an, von Salzburg bis Sevilla, um auch bei diversen Fremdenverkehrsfonds mitzunaschen. In den James-Bond-Streifen hat sich dieses Prinzip bekanntlich bestens bewährt.
Centfox
Wer jetzt schon abwinkt, sei erinnert, dass der große James Cameron etwa aus vergleichbaren Zutaten sein herrlich widersprüchliches Kinoabenteuer "True Lies" kreierte, in dem selbstironisches Liebesgeplänkel und teilweise knochenharte Actionsequenzen eine provokante Liaison eingingen.
Im Fall von "Knight and Day" funktioniert die Hollywood-Gleichung aber nicht.
Denn die Story vom abtrünnigen CIA-Agenten, der eine nichts ahnende Frau in seine gefährlichste Mission mit hineinzieht, wirkt hausbacken, könnte aus den muffigen fünfziger Jahren stammen. Da wimmelt es von müden Herrenwitzen und verklemmten Pointen.
Tom Cruise agiert als Top-Spion dermaßen autistisch, eitel und nahe an seinen im Netz herumkursierenden Scientologen-Videos, dass keine Sympathie für seinen Ersatz-007 aufkommt. Die charmante Cameron Diaz dagegen, deren komödantisches Potential immer wieder aufblitzt, wird zum blonden Naivchen reduziert und weit unter ihrem Wert verkauft.
Centfox
Kommt dann aber doch einmal eine gemeinsame Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern auf, dann bombt Regisseur James Mangold sie gleich unsensibel in Fetzen. Überzogene Action folgt auf Action, die Rechner müssen heiß gelaufen sein für all den digital unterstützten Tschinn-Bumm-Overkill.
Das ist vor allem auch schade, weil Mr. Mangold kein stumpfer Kino-Feldherr Marke Michael Bay ist, sondern mit einigen Streifen großes Inszenierungstalent bewiesen hat.
Mit "Copland" verdanken wir ihm einen der besten Sylvester-Stallone-einmal-anders-Streifen, der um das alte Rambo-Knautschgesicht ein Scorsese-artiges Szenario baute. Aus dem geradlinigen Johnny Cash-Biopic "Walk The Line" holte der Regisseur großartige emotionale Momente heraus. Und mit dem Neo-Western "3:10 To Yuma" schuf James Mangold ein straightes und unprätentiöses kleines Genre-Glanzstück.
Jetzt also "Knight and Day", nicht mehr als eine überteuerte, effektüberladene Nummernrevue, Kino-Junkfood zum schnellen Verbrauch. Ehrlich gesagt konnte ich mich nach Verlassen des Kinosaals schon kaum mehr an das eben Gesehene erinnern.
Centfox