Erstellt am: 23. 7. 2010 - 16:16 Uhr
Fußball-Journal '10-31.
Das WM-Journal ist vorbei.
Die U19-Euro läuft übel, echt ganz ganz übel. Und das, was man inoffiziell aus der Normandie hört, reizt zum akuten Dauer-Erbrechen.
Also hat uns der Alltag, haben uns ÖFB-Misere, Liga-Frust und Europacup-Quali wieder: alles im Fußball-Journal 10.
Für alle, die die wirklich wichtige Meldung dieser Tage überlesen haben (und nein, da geht es nicht um irgendwelche Transfers, Ergebnisse, Tormann-Diskussionen, Ultras-Eskapaden oder Schiri-Ablenker-Debatten...): es wird downgesizt und zwar ordentlich.
Das bestätigt jetzt der Chef persönlich.
Bei der Sports Media Austria Tagung in Gastein. Dass nämlich Red Bull, als Sportsponsor ein echter global player (etwa als Formel 1 Dominator) seine Fußball-Aktivitäten auf den deutschen Markt konzentrieren wird, was die sportlichen Erfolge betrifft (die Red Bulls New York sind ein wichtiger Door-Opener für die US-Markt, wenn auch sportlich recht wertlos). Leipzig soll in 5 oder so Jahren also Champions League fitgemacht werden.
Red Bull mach Salzburg zu Minimundus
Infos zum Gradenoch der Austria und zur Fast-Blamage von Rapid; nicht zu vergessen: die Peinlichkeit von Salzburg von Dienstag.
Salzburg? Mateschitz: "Mir ist lieber, dass Salzburg in der Europa League Siege feiert, als wenn sie zwar in die Champions League kommen, dort aber mit null Punkten Gruppen-Letzter werden." Und: "Bundesliga-Titel sind zwar fein, bringen uns aus Marketingsicht allerdings nichts."
Klartext: Salzburg ist wurscht.
Mateschitz nennt es "College-Team", aber das auch wohl eher, weil er mit den richtigen Sport-Begrifflichkeiten halt nicht vertraut ist. Er meint "Farm-Team", also einen Ausbildungs- und Enbtwicklungs-Standort, der für die "stärkste Red-Bull-Mannschaft in Deutschland" zuliefern wird.
Mit anderen Worten: der RB/FC Salzburg hat noch drei oder so Jahre um es mit der Champions League zu probieren, dann werden die Ressourcen abgeschöpft. dann wird eine U20-Filiale der Rasenballer in Leipzig entstehen.
Wie das geht, nämlich radikal, hat Red Bull/Mateschitz diesen Sommer vorexerziert: die Juniors, das B/Amateur-Team, das die Erste Liga verlassen musste, wurde praktisch aufgelöst. Bis auf fünf oder sechs Spieler wurde alles verliehen, verkauft, verscherbelt oder entlassen. Der Auftritt in der Regionalliga war dem Konzern nicht attraktiv genug.
Fad gewordenes Spielzeug
Parallel zu diesem rechtzeitig angekündigtem Rückzug droht der andere große Super-Sponsor mit Rückzug: der Mann der Österreich 2010 zum Weltmeister machen und Austria Wien als Dauergast in die Champions League bringen wollte - und mit seinem Konzern (Magna) auch das Potential gehabt hätte, wäre er nicht von einer geradezu frappanten Ahnungs-, Instinkts- und Gefühllosigkeit, was sportliche Abläufe betrifft, besessen. Frank Stronach also.
Das hat mit seinem (offiziellen) altersbedingten Abschied bei Magna zu tun. Er wird weiter ein Wörtchen mitreden, aber bestimmte Geldflüsse nicht mehr direkt kontrollieren können. Weshalb etwa das Magna-Engagement im Fußball als verwundbar gilt.
Einem anderen Generalsponsor, dem Personaldienstleister Trenkwalder geht es wieder besser - das Budget für die Admira wurde trotzdem massiv gesenkt.
Das Ende der Retorten-Ära naht
Das Modell der politischen Umweg-Finanzierung über Bank-Garantien und "Gegengeschäfte" ist in Kärnten so brachial gescheitert, dass sich lange niemand mehr über sowas Halbseidenes drübertrauen wird.
Die Retorten-Clubs, die mäzenatischen Solo-Läufe im österrreichischen Fußball nähern sich also ihrem historischem Ende.
Grad Franz Grad fordert via Pasching noch die "Wer zahlt, schafft an und schreibt die Gesetze!"-Mentalität früherer Tage ein.
Andere bekommen dafür, Jahre später und zu spät, die Rechnung präsentiert.
Das intensive Downsizing der großen Sponsoren, das sind die Probleme, die die österreichische Bundesliga in den nächsten Jahren beschäftigen wird. Dass die sogenannte 1. Liga heuer keinen Generalsponsor mehr auftreiben konnte, ist ein zusätzliches Warnzeichen.
Provisorien...
Aktuell beschäftigt sich die Liga aber hauptsächlich mit sich selber: ein grober Wickel zwischen Fulltime-Geschäftsführer Georg Pangl und dem von den Liga-Clubs eingesetzten Frühstücks-Direktor Hans Rinner verhindert etwa immer noch eine endgültige Fixierung eines TV-Vertrags mit Sky/ORF (das läuft aktuell alles im Provisorium), treibt aber auch andere, absurde Blüten.
Wie 90minuten.at unlängst recherchierte, hat die Bundesliga die Möglichkeit der Einführung eines Torrichters nach EL-Vorjahrsvorbild verschlafen. Die entsprechenden Informationen der FIFA von Anfang Juni wurden "nicht weitergereicht", Pangl erhielt zu spät davon Kenntnis.
Stattdessen bastelt man immer noch an einem akzeptablem Spielplan der von zu vielen Spielrunden höchst überflüssig aufgeblähten Zehner-Liga. Weil drei Austro-Vertreter in der Euro League (Termin immer: Donnerstag) spielen, kommt man mit der durch TV-Notwendigkeiten bedingten Terminaufteilung in feste Troubles.
Deshalb wurde erst unlängst ein neues Passus in den Bundesliga-Durchführungsbestimmungen beschlossen; dass es nämlich zwischen Pflichtspielen "zustehende Pause von zwei spielfreien Tagen" geben müsse. Bislang galt eine 48 Stunden-Regel.
Damit wollte man Samstags-Termine für die EL-Streiter unmöglich machen.
...und Anlaß-Regelveränderungen, die nach hinten losgehen.
Heute nun gab dieselbe Bundesliga bekannt, dass sie sich mit Rapid Wien auf einen Verzicht geeinigt hätte. Das Spitzenspiel zwischen Rapid und Salzburg findet am Sonntag, den 1. August statt, obwohl Rapid schon am Dienstag wieder in der EL-Quali aktiv sein muss. Warum das Dienstag und nicht Donnerstag stattfindet: auch die Austria spielt EL-Quali, auch zuerst daheim und zwei zeitgleiche Spiele pro Stadt erlaubt die UEFA nicht, alles recht komplex, aber alles vorherplanbar.
Mit anderen Worten: die Bundesliga bastelt an weltfremden Bestimmungen, die ein lächerliches und unnötig fragiles TV-Provisorium (das aus der wirtschaftlichen Schwäche von Liga und TV-Partnern entsteht) stützen sollen, muss sie aber wegen der (leicht vorher einschätzbaren) internationalen Terminplanung dann erst recht außer Kraft setzen.
So macht sich eine Anlass-Regelgebung selbst lächerlich.
Wie eine Liga, die nicht einmal die Anforderungen der Gegenwart (wobei: die meisten aktuellen Probleme sind Nachzipfer aus der Vergangenheit) lösen kann, sich mit den Anforderungen der nahen Zukunft (Stichwort: Downsizing) auseinandersetzen soll, ist mir allerdings schleierhaft.