Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Amadeus Awards - Die Videos der Nominierten Teil 2"

Alexandra Augustin

West Coast, wahnwitzige Künste und berauschende Erlebnisse. Steht mit der FM4 Morningshow auf.

18. 7. 2010 - 11:09

Amadeus Awards - Die Videos der Nominierten Teil 2

Fantastische musikalische Reisen mit Paper Bird, den Incredible Staggers, Florian Horwath, Velojet und Ja, Panik.

Amadeus Austrian Music Awards 2010

Alle Infos zum österreichischen Musikpreis auf

Als sich die goldenen Zeiten des Videoclips vor ein paar Jahren dem Ende zuneigten, war das für viele, wie auch für mich, gar nicht lustig. Musikvideos, die audiovisuellen Visitenkarten von und für MusikerInnen die mit fetten Budgets kreativ produziert wurden, wurden nach und nach seltener.

Ich denke gerne an meine musikalische Sozialisation zurück, die wunderbar geprägt war von Großmeistern wie Spike Jonze, Michelle Gondry und Chris Cunningham, die nicht einfach nur Videoclips produzierten, sondern Musikkurzfilme, wahre Kunstwerke, in denen sich nicht nur die Musik und Ästethetik einer Band wiederspiegelte, sondern die auch etwas über ihre Zeit aussagten und kulturell von Bedeutung waren. Die Nächte vor dem Fernseher, die ich richtig zelebrierte, immer auf der Suche nach einem neuen, audiovisuellen Happen, waren großartigst.
Das hier, dieses hier, dieses zum Beispiel auch und vor allem das da. Nicht zu vergessen das hier und dieses da.

Später waren dann Abende mit Charlotte wahre Highlights und während der Kunstuni tauchte ich dann in die großartige, von Christoph Dreher produzierte Sendereihe “Fantastic Voyages” für Arte ein, für die er besondere Videos systematisch von Kulturtheoretikern und Medienexperten analysieren ließ. Eine Woche nur Musikvideos schauen - wunderbar. Das war in etwa so wie das Lesen eines guten Buches, bei dem man traurig ist, wenn man irgendwann schließlich die letzte Seite erreicht hat.

Ich habe vor ein paar Jahren schließlich meinen Kabelfernsehzugang abgemeldet, als klar war, dass im ehemaligen Musikfernsehen mit seinen nun produzierten Reality Show-Schrott so schnell nicht mehr viel zu holen sein wird. Aber die Entwicklungen der letzten Jahre haben natürlich auch vielen positiven Dingen die Türen geöffnet: Man braucht keinen Fernseher mehr, es gibt ja nun flinke klitzekleine Mobiltelefone auf denen man Videoplattformen durchstöbern kann und wirklich jede und jeder kann sich eine Kamera schnappen, einfach losdrehen und das Ergebnis in Plattformen wie Youtube einspeisen. Das Equipment ist schließlich so billig wie nie zu haben, für einen Bruchteil dessen, was das alles früher einmal gekostet hat. Die technischen Grundlagen von digitalen Schnittprogrammen, die man sich überall downloaden und günstig kaufen kann hat man auch schnell intus. Das schafft vor allem für junge, noch nicht etablierte FilmemacherInnen und Bands ohne riesige Budgets in der Tasche einen guten Nährboden, sich auszuprobieren. Viele gute Videos entstehen einfach in D.I.Y.-Manier. Und die österreichischen FilmemacherInnen produzieren natürlich ebenfalls fleissig selber ihre Filme.

Ich habe heute meine Lieblingsclips der aktuellen Amadeus Nominees herausgesucht. Ansehen und nicht mehr nur über die guten, alten Zeiten jammern!

Velojet

Es braucht nicht viel, um ein fesselndes Video zu produzieren. Im Fall von Velojet reichen ein Proberaum in Wien, die Bandmitglieder und ein paar Passanten aus, die von der Kamera verfolgt werden und deren Wege sich ständig kreuzen. Kein einziger Schnitt war für dieses One-Shot-Video notwendig, und deshalb ist es auch so faszinierend. Exaktes timing is the key. Ich würde gerne wissen, wieviele Versuche nötig waren, bis das Ding im Kasten war. Eine wirklich gelungene Arbeit von Lelo Brossmann & Stefan Csáky.

An dieser Stelle muss noch erwähnt werden:

Das Espresso Film Festival in Wien zeigt heuer am
27. August eine Auswahl der besten Videoclips der heimischen Musik- und Filmlandschaft! Hingehen!

espressofilm.at

Paper Bird

Anna Kohlweis alias Paper Bird studiert seit einiger Zeit an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Und Anna ist nicht nur eine hervorragende Musikerin, sondern auch eine gute Malerin und Filmemacherin. Das hat sie schon durch frühere Videos und selbstgestaltete Cover für ihre Alben unter Beweis gestellt. Auch dieses Video ist ein weiteres Puzzleteil in ihrem Oevre. Sämtliche Requsitien für diesen Clip sind selbstgemacht, alles selbstgedreht und selbstgeschnitten:

Florian Horwath

Florian Horwath ist ein Weltenbummler, den es für die Aufnahmen für sein 2008 erschienes Album "Sleepyhead" in einen schwedischen Wald verschlagen hat. Zwar ist Florian Horwath nun für sein mittlerweile drittes Werk "Speak To Me Now" nominiert und hat auch
ein aktuelles Video am Start, doch dieses Video, in dem Florian Horwath ein Duett mit Nina Persson im schneebedeckten Norden singt, ist unbestritten eines der schönsten, das je für einem heimischen Musiker gedreht worden ist:

The Incredible Staggers

Was würde zu dem Sixties-Trash-Surf Sextett aus Graz besser passen als eine Portion Splatter? Angelehnt an alte Gruselfilme zelebrieren die unglaublichen Staggers hier ein großes Fressen von Innerein und knusprigen Insekten aus einem Totenkopf und fressen sich am Ende gar alle gegenseitig auf. Mahlzeit!

Ja, Panik

Als dieses Video im letzten Jahr plötzlich durch die Blogs und Social Networks geisterte, kam niemand daran vorbei. Auch wir nicht. Ein minutenlanger Monolog vorangestellt, ein ironischer Essay zur Lage, zur Funktion der Angst, eine Verortung der Band Ja, Panik im Zeitalter des Kapitals. Dazu starre Mienen und den Song als Verweigerungs-Karaoke-Performance dargeboten, anstatt ein austauschbares, beliebiges Popvideo zu produzieren. Diese Band weiß was sie tut und setzt sich mit dem eigenen Schaffen konsequent auseinander. Sehr super!

Soweit die ersten 10 von 35 Nominierten zum FM4 Award beim Amadeus 2010. Der Rest dann nach und nach demnächst.