Erstellt am: 15. 7. 2010 - 19:52 Uhr
Fußball-Journal '10-26.
Das WM-Journal war gestern. Jetzt ist wieder Alltag, also Fußball-Journal 10.
Vierzehn Österreicher finden sich in den Kadern der deutschen Bundesliga, soviele wie lange nicht. Tolle Sache, so eine rege Export-Tätigkeit; im Prinzip.
In den offiziellen Geschichten zum Thema findet man im übrigen die Zahl 13 - die APA hat Jungprofi Bernhard Janeczek bei Mönchengladbach vergessen, die Maintream-Medien malen diese Fehlinfo wie üblich copypastemäßig ab.
Anmerkung von Montag, dem 19.: nachdem Christian Fuchs bei Mainz anheuert erhöhen sich die beiden Zahlen auf 14/15...
Nur: mit der heimischen Bundesliga hat das so gut wie nichts zu tun. Und das obwohl man sich, nach langen Jahren des realitätsfremden Sträubens, seit ein paar Monaten zur Tatsache eine exportorientierte Ausbildungs-Liga zu sein, bekannt hat. Weil ja auch die Seifenblase eine Euro-Klasse-Liga werden zu wollen, spätenstens nach dem langfristigen Downsizing von Red Bull Salzburg zur Filiale von Leipzig zerplatzt ist.
Die 14 "deutschen" Akteure kommen jedoch nur in einem Fall frisch aus der Bundesliga: Rubin Okotie. Vier entstammen der eigenen Nachwuchs-Abteilung (Alaba, Walch, Janeczek und Marco Knaller), Arnautovic und Hoffer kommen aus Italien, Pogatetz aus England, Özcan aus der Türkei, Ivanschitz aus Griechenland, Harnik ist innerhalb der Liga gewechselt; so wie ein paar Jahre davor auch Ibertberger. Importe vergangener Jahre können sich die U20-WM (Prödl) oder die Euro (Korkmaz) als Federl an den Hut stecken, weniger die Bundesliga.
Daniel Beichler, der eben bei Hertha BSC unterschrieben hat, geht im übrigen in die 2. Liga. Aus der Christian Fuchs noch entkommen möchte.
Liga-Export nach Deutschland: 1
Die Exporte ist restliche Europa: Janko ins Land des Vizeweltmeisters zu Twente, Prager in die Schweiz zu Luzern, Mario Sara und Florian Sturm zum FC Vaduz. Macho nach Griechenland zu Panionios, Cem Atan zu Genclerbirligi in die Türkei.
Dragovic ist noch ein "italienisches" Thema. Und Marcel Büchel, der es von Siena in die Primavera zu Juve geschafft hat, soll auch nicht unerwähnt bleiben. Garics (Udinese?) und Scharner (angeblich womöglich Liverpool) werden wohl auch wechseln, aber in ihren Ligen bleiben.
Niemand neu nach Italien oder England, Frankreich oder gar Spanien. Und der zweite, der es nach Holland schaffte, Andi Lasnik (zu Willem II Tilburg), der ging den Weg über die 2. deutsche Liga. Denn die 2. deutsche Liga gilt international mehr als die österreichische Bundesliga.
Die paar restlichen Österreicher, die Deutschland holte, kommen in die Jugend oder die unteren Ligen. Bayern holte die Jugendteamspieler Holzmann, Traunmüller, Kevin Friesenbichler und zuletzt Deniz Mujic aus Dornbirn in seinen Nachwuchs. Gercaliu zog es als Pionier nach Ingolstadt, Wandervogel Marc Sand nach Dresden, Beichler eben zum Hauptstadt-Klub Hertha.
Die tatsächlich relevanten Liga-Exporte sind also genau acht an der Zahl. Als gezielte Verkäufe kann man sie aber nicht ausweisen. Fast alles waren regelrechte Fluchten:
Liga-Flucht ins restliche Ausland: 6
- Janko lief vor Huub Stevens Mobbing davon.
- Okotie vor dem der Austria-Fans.
- Atan klagte sich bei Mattersburg frei um endlich in die Türkei zu kommen.
- Prager wurde vom Hinterwald-Stand des österreichischen Coaches in die Flucht getrieben Dass er in Holland als versatiler Mittelfeldspieler ausgebildet (also als jemand, der sowohl 6er, als auch 8er als auch einen 10er spielen kann) wurde, verwirrte die taktisch rückständige Nomenklatura nachhaltig.
- In die diesbezüglich wesentlich besser ausgebildete Schweizer Liga zum FC Vaduz verschlug es auch Wiederholungstäter Florian Sturm und Mario Sara.
- Macho wurde beim LASK kein neuer Vertrag angeboten.
Apropos Europa: nachdem Dienstag Salzburg seine europäische Saison begonnen hatte, sind heute zuerst die Austria und dann Rapid dran.
Die Ausbildungs- und Export-Liga hat also außer Beichler (Dragovic ist noch in der Warteschleife, auch diese Verzögerung spricht Bände) keinen einzigen jungen Spieler exportiert.
Allein die vom über jede Sensibiltät erhabenen Coach Pacult breitgetretene Tatsache, dass es Veli Kavlak wieder nicht geschafft hat (der ein Jahr kaum spielende Hoffer von Italien aus aber mit Leichtigkeit) spricht für sich.
Alles furchtbar also?
Yes. But no. But yea, but: NO!
Ich sehe Licht.
In der heurigen Transfer-Politik nämlich.
Ein PS von danach:
die beiden EL-Spiele brachten interessanter Erkenntnisse. Sowohl Pacult als auch Daxbacher starteten mit einem offensiv ausgelegten 4-4-2 mit nur einem 6er.
Pacult setzte dabei erstmals seit Menschengedenken Steffen Hofmann dort ein, wo er hingehört: im Zentrum; rechts war Trimmel aktiv. Rapid sicherte dann in der 2. Hälfte mit einem 4-2-3-1 ab, immer noch mit Hofmann in der Zentrale.
Die Austria wechselte nur innerhalb des Systems - etwa den Irrtum mit dem steifen Vorisek als Rechtsverteidiger; und offenbarte die dort vorhandene Unsicherheit. Siroki Brijeg ist ein mühsamer Gegner, das wissen wir aus dem Vorjahr, trotzdem war das strategisch zu wenig.
Augenmerk auf die Jungen
Die Liga-Teams haben nämlich (dahingestellt lassend ob auch weiser Erkenntnis oder aus ökonomischer Not) nicht wie sonst gern wahllos ausländische Spieler eingekauft (und damit linke Vermittler reich gemacht) sondern sich mit jungen Spielern erstversorgt. Entweder aus dem eigenen Stall (wie das bei Sturm, Magna, Mattersburg, Ried oder Kapfenberg der Fall ist) oder halt von außen.
Bis auf Salzburg haben alle anderen neun Vereine nicht einmal die (per Gentlemens Agreement) erlaubte Anzahl an ausländischen Spielern nicht einmal ausgeschöpft. Rapid, Austria, Sturm, Kapfenberg oder Neustadt halten gerade einmal bei fünf, der LASK, Mattersburg oder Innsbruck gar bei noch weniger. Nur bei Salzburg ist es tendenziell andersrum.
Das macht Platz für zahlreiche hoffnungsfrohe Jung-Profis. Hierländer bei Salzburg, Margreitter, Stankovic oder Patrick Salomon bei der Austria, Hinum, Nuhiu oder Saurer bei Rapid, Schartner oder Ilsanker bei Mattersburg, Elsneg oder Chrstoph Kröpfl beim KSV, Ildiz bei Wacker.
Und sogar der einzige durchgeknallte Einkäufer, der sehr planlos wirkende LASK (ein Geheimtipp für den Abstieg) hat sich eben mit Patrick Derdak ein gutes Talent aus Bremen geholt.
Diese Heimholungen (Stankovic, Elsneg, Derdak; auch die von Hosiner zur Vienna) sind auch ein Zeichen für die Normalisierung des Liga-Fußballs. Die Ängste vor im Ausland aus/weitergebildeten scheint sich zunehmend zu legen. Und diese Durchlässigkeit im Transfer von Wissen und Können wird die Bundesliga in den nächsten Jahren womöglich wirklich noch zu einer echten Export-Liga machen, nicht nur zu einer, die das gern wäre, aber halt nicht so recht schafft.