Erstellt am: 13. 7. 2010 - 16:19 Uhr
Monströse Wiedergänger
Ich verstehe die bittere Enttäuschung meines Kollegen Markus Keuschnigg angesichts von Hollywoods neuestem Ausflug ins "Predator"-Universum. Wer das Kino in jungen Jahren als maßgeblichen Teil der Identitätsstiftung begreift, wer in diesem Fall vom glorreich naiven Action-Wahnwitz des Achtziger-Originals berauscht wurde, der darf sich einen bestimmten Frust erlauben, wenn essentielle Kindheitserinnerungen durch den Recycling-Reißwolf gezogen werden.
Ich für meinen Teil hab ja bis zu einem gewissen Grad meinen Frieden gemacht mit der anhaltenden Sequelitis und Reboot-Mania.
Vermutlich, weil ich bereits resigniert habe, was eine der zentralen Tendenzen der Gegenwart betrifft. Einerseits ist unsere Zeit verliebt ins Artifizielle, in die künstlichen Oberflächen, in die inszenierten Lügen, bis zu dem Punkt, wo wir nur mehr Spuren des Realen erahnen können.
Auf der anderen Seite gibt es parallel dazu einen Drang zur Bombardierung sämtlicher Mythen, muss jedes überlebensgroße Wunder kleingeschrumpft, jedes Geheimnis aufgelöst und jede schöne Fassade dekonstruiert werden.
Im Remake-Wahn offenbart sich diese perfide Gegensätzlichkeit sehr deutlich: Ununterbrochen zapft Hollywood die kollektiven Nostalgievorräte an und drückt alle denkbaren Knöpfe bei verschiedenen Generationen von Kinogehern. Gleichzeitig befreit man die verklärten Leinwandmysterien der Vergangenheit aber von irrealen Qualitäten, entzaubert und banalisiert sie. Eine Schizophenrie, an der wohl kein Weg mehr vorbeiführt.
twentieth century fox
Dabei kommt der aktuellste Big-Budget-Neuaufguss gar nicht als Remake oder Reboot daher, sondern als scheinbar altmodisches Sequel.
Mit "Predators" knüpft Produzent Robert Rodriguez an den legendären ersten Teil von 1987 an, in dem sich eine Gruppe Soldaten im mittelamerikanischen Dschungel mit einem außerirdischen Killerbiest herumschlagen muss. Ein reduziertes Urwald-Action-Kammerspiel, angeführt von einem damals für mich ikonenhaften Arnold Schwarzenegger, vorangetrieben von herrlich überzogenen Macho-Posen und großartigen Sprüchen.
Unter der Regie des ungarischen Genrespezialisten Nimród Antal landet nun eine Gruppe zusammengewürfelter Elite-Kämpfer unfreiwillig in einem mysteriösen Dschungel. Bald machen die Söldner, Yakuza und Schwerverbrecher eine traumatische Entdeckung: Sie befinden sich auf einem fremden Planeten.
Schon bald wird auch klar warum: Draußen im Regenwald warten uns wohlbekannte außerirdische Krieger, die lustvoll Jagd auf die Gruppe aus Männern und einer Alibifrau machen.
Fox
Im ersten Drittel packt mich die Inszenierung durchaus, funktioniert das Regenwald-Setting beinahe wie in meiner Ex-Lieblingsserie "Lost", schaue ich den schablonenhaften Figuren gerne beim verwirrten Herumtaumeln im Dickicht zu.
Immerhin, denke ich ganz pragmatisch, muss man in diesem Film wenigstens nicht mit schleimtriefenden Aliens rechnen. Um deren Wiederauferstehung auf der Leinwand soll sich demnächst Ridley Scott himself in einem würdigen Prequel kümmern, heißt es. Die vollkommen unnötige "Alien vs. Predator"-Reihe wurde jedenfalls glücklicherweise ad acta gelegt.
Statt einem infantilen Monster-Crossover besinnt sich Predators" zumindest am Anfang auf seine Wurzeln. Ein klaustrophobisches Umfeld, raue Action, Science-Fiction-Elemente, Horrorzitate. Sogar an zynischen Onelinern versucht sich der Film. Mit Adrian Brody verfügt die Söldnergang über einen durchaus charismatischen Anführer.
Wie so oft in zwiespältigen Monstermovies ist dann ausgerechnet beim Auftauchen der gefährlichen Kreaturen Schluss mit Lustig. Für heutige Verhältnisse ungewohnt schlechte Effekte trüben die Laune, das Drehbuch versagt immer mehr, bis es gegen Ende wirklich zähflüssig wird. Mit dem geballten Auftritt der Predatoren verwandelt sich Nimród Antals Streifen leider in einen durchschnittlichen DVD-Release für die Ramschkiste.
Paramount Pictures
Und weil wir schon bei monströsen Wiedergängern sind, noch ein paar Worte zu einem anderen Sequel, das auch vor Kurzem angelaufen ist. Shrek is back, wieder einmal, diesmal in modischem 3D. Auch hier gibt es zunächst eine gute Nachricht.
"Shrek Forever After" ist eindeutig unterhaltsamer geraten als der misslungene dritte Teil der animierten Oger-Saga. Die Gratwanderung aus familientauglichem Entertainment und zahlreichen bissigen Gags mit popkulturellem Hintergrund macht wieder Spaß.
Dabei widmet sich Regisseur Mike Mitchell einem zentralen Thema vieler Romantic Comedies. Verheiratete Männer werden von der Midlife-Crisis überrollt, die an der Oberfläche heile Familienwelt fühlt sich plötzlich leer und langweilig an. Wes Anderson näherte sich diesem Motiv zuletzt virtuos in "Fantastic Mr. Fox", aber auch große grüne Oger bleiben davon nicht verschont.
Anstatt die Idylle mit Frau und Kindern zu genießen, sehnt sich Shrek nach seinem früheren wilden Leben zurück. Kein Problem, flüstert ihm das diabolische Rumpelstilzchen zu. Ein magischer Hokuspokus macht aus dem braven Ehemann wieder einen monströsen Schrecken des Waldes.
Aber die schwarze Magie ändert den Lauf der Dinge komplett. Shrek wacht in einem Paralleluniversum auf, im dem alles anders ist. Sein alter Freund Esel erkennt ihn nicht mehr, sogar die geliebte Fiona agiert auf einmal wie eine Fremde. Und der gestiefelte Kater, noch immer mein Lieblingscharakter, ist faul, dick und noch gehässiger geworden.
Die schlechten News: An die köstlichen ersten beiden Teile kommt das neue Shrek-Epos trotzdem nicht annähernd heran, da helfen auch keine 3D-Brillen. Das vierte und angeblich letzte Oger-Abenteuer bietet sommerlich leichtfüßiges Monster-Entertainment mit Durchhängern.
Paramount Pictures