Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "WM-Journal '10-85."

Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

12. 7. 2010 - 16:35

WM-Journal '10-85.

Nach der WM ist vor der Euro.

Seit 1. Juni erscheint das WM-Journal zum Turnier in Südafrika - mit einer Ausgabe pro Spiel und zusätzlichen Analysen.

Hier auch in der Übersicht.

Das WM-Journal gibt es auch als Podcast, einmal täglich, gegen Mittag. Morgen wohl noch ein letztesmal.

Die Fakten zum Finale, die Reaktionen aus Holland und Spanien. Und dann noch die Preisträger

Die offizielleFIFA-Seite wegen diverser Statistiken, die WM-Spezial-Site der Sport-Kollegen, die demnächst eingefroren wird und alle FM4-Stories zur WM, alle Südafrika-Geschichten.

Das FM4 WM Quartier im Wiener WUK - sagt danke und ciao, vielleicht bis in zwei Jahren zur Euro 12.

Nur Laien glauben, dass es jetzt, nach der WM, eine lange Pause gibt.
Unfug.

Montag Abend startet die unsinnigste Liga der Welt, die zweite österreichische Profi-Liga, die sponsorlose sogenannte 1. Liga ihre Meisterschaft mit der Partie St. Pölten gegen Admira. Morgen gibt es die 2. Qualifikations-Runde zur Champions League (mit Salzburg), am Donnerstag die 2. Quali-Runde zur Europa-League (mit Rapid und der Austria, die ihre Stadiosperre absitzen muss) und am Samstag beginnt die Ö-Bundesliga ihren Spielbetrieb.

Normale Ligen, also solche, die nicht einem permanenten Hitzschlag unterliegen und deshalb schon Anfang Juli in eine aufgeblasene Meisterschaft starten, beginnen im August.

Wie auch die europäischen Nationalteams - die testen erstmals im August, ehe dann am 3. September die Qualifikation für das nächste große Turnier, die Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine losgeht.

Die 9 Gruppen dafür sind längst ausgelost, aber daran kann sich jetzt, im WM-Wirrwarr eh keiner mehr erinnern, oder? Und außerdem haben sich die Machtverhältnisse im europäischen Fußball ja massiv verschoben. Bis auf die großen Drei (Spanien, Niederlande, Deutschland) hat sich ja niemand hervorgetan. Alle anderen WM-Teilnehmer sind zudem jetzt echt gläsern.

Ich würde deshalb gern die neun Gruppen im Schnelldurchlauf abchecken - einfach um die nach der WM völlig neue Hierarchie der Wertigkeit festzuhalten.

Die Österreich-Gruppe A

Es ist so: die neun Gruppensieger kommen weiter. Der beste Gruppenzweite auch, die anderen acht spielen Playoff um vier Slots. Dazu kommen Polen und die Ukraine als Veranstalter.

Die enthält Deutschland und damit eine der besten Truppen der Welt. Wer sich da was ausrechnet, ist echt arm.
Leider hat sich sonst keiner der Gruppen-Gegner für die WM qualifiziert - denn sonst wären die ein bisschen gläsern. Was hingegen Belgien und die Türkei aktuell können, das dem ÖFB-Team zu vermitteln, bleibt dann den Scouts und äh, Experten, wie Manfred Zsak oder Heinz Peischl vorbehalten.

An die Türkei können sich einzelne noch erinnern, November 2008, kaltes Happelstadion, jammervolle Vorstellung, grausame 2:4 Niederlage einer gar nicht so uninteressant aufgestellten Mannschaft. Außerdem ist da auch noch der Neue, Guus Hiddink, und ein Ungewollter, Turgay Bahadir.

An Belgien erinnerte am Samstag der RSC Anderlecht, der zwar wenige belgische Teamkicker auf den Rasen brachte, aber kulturell durchaus ähnlich spielte (auch weil von Althasen Georges Leekens keine neuen Tricks zu erwarten sind). Und gegen Rapid doch recht sicher gewonnen hat. Wobei Rapid am Ende des Trainings-Prozesses steht, Anderlecht erst mittendrin (die belgische Meisterschaft startet, irrsinnig genug, schon am 30.7.)...

Griechenland ist dafür Testgegner im November.

Natürlich wäre, jetzt, im Nachhinein, wo man immer gscheiter ist, betrachtet, eine Gruppe mit, sagen wir, Italien und Dänemark oder Griechenland interessanter gewesen. Da würde man jetzt deutlicher wissen, wo man ansetzen könnte. Wir haben das ja bei Frankreich gesehen, 2008, nach deren verbockter Euro... So droht wieder das Wurschtigkeits-Problem, das die wenig akribischen ÖFB-Arbeiter mit Mannschaften haben, die man nicht so gut kennt. Von unaussprechlichem wie Aserbaidschan oder Kasachstan gar nicht erst zu reden.

Die Euro-Quali-Gruppen der Üblichen Verdächtigen...

Die Europäer im aktuellen, erst Mittwoch offiziellen, FIFA-Ranking:
1 Spain *
2 Netherlands *
3 Germany *
4 England *
5 Portugal *
6 Italy *
7 Greece *
8 Serbia *
9 Croatia
10 Russia
11 Switzerland *
12 Slovenia *
13 France *
14 Norway
15 Ukraine
16 Slovakia *
17 Turkey
18 Denmark *
19 Czech Republic
20 Sweden
21 Israel
22 Scotland
23 Romania
24 Bulgaria
25 Belgium
26 Latvia
27 Finland
28 Lithuania
29 Poland
30 Bosnia-Herzegovina
31 Northern Ireland
32 Austria
33 Hungary
34 Cyprus
35 Macedonia
36 Albania usw

Die Draw-Liste für die Endauslosung der Euro 12 (also ohne Ukraine und Polen, die sind sowieso Final-Gruppenköpfe).
1 Spain *
2 Netherlands *
3 Germany *
4 England *
5 Russia
6 Croatia
7 Italy *
8 Portugal *
9 Greece *
10 Switzerland *
11 Serbia *
12 France *
13 Sweden
14 Denmark *
15 Czech Republic
16 Slovakia *
17 Turkey
18 Finland
19 Israel
20 Slovenia *
21 Bulgaria
22 Ireland
23 Northern Ireland
24 Romania
25 Bosnia-Herzegovina
26 Norway
27 Scotland
28 Latvia
29 Austria
30 Hungary
31 Lithuania
32 Belarus
33 Wales
34 Belgium
35 Cyprus
36 Macedonia etc

* = WM-Teilnehmer.

... haben allesamt WM-Starter. So originell war die Auslosung nicht.

Weltmeister Spanien bekommt es in der Gruppe H mit Tschechien und Schottland zu tun. Vor allem für die Tschechen wird ein weiteres verpasstes Turnier, vor allem bei den Nachbarn, nicht akzeptabel sein. Michal Bilek ist der Mann, der das bewerkstelligen muss. Und das mit einem ziemlich neuen Team.

Die Niederlande treffen in der Gruppe E eigentlich nur auf Schweden - denn die von Lothar Matthäus noch traumatisierten Ungarn und Finnland werden wohl keine echten Gegner sein. Schweden hat nach der letzten verpassten Quali einen Schnitt gemacht. Der neue Mann ist Erik Hamrén, zuletzt Coach bei Rosenborg in Norwegen. Und wie er mit Superstar Ibrahimovic umgeht und den in ein Team einbauen kann, das wird viel ausmachen.

England sieht sich in der Gruppe G hauptsächlich der Schweiz gegenüber. dazu noch Bulgarien und Wales und Montenegro. Es wird zwar mühsam für Fabio Capello da den geplanten Neuaufbau zu beginnen, aber da könnte man sich auch mit faulen Kompromissen hinwegschwindeln. Die Schweizer sind aufgrund ihrer kompakten Philosophie und ihrer guten Altersstruktur allerdings durchaus zu beachten. Auch für 2012 selber.

Italien hat in der Gruppe C gleich zwei WM-Starter zu bekämpfen: Serbien und Slowenien. Und das heißt für den dort fälligen Neuaufbau unter Cesare Prandelli, dem langjährigen Fiorentina-Coach: Alarm. Denn das sind ganz unangenehme Gegner (Nordirland kommt auch dazu), die sich zum gefälligen Herumexperimentieren mit neuen Spielern und neuen Systemen gar nicht eignen. Slowenien hat gezeigt, wie gern und gut man Große zwickt und Serbien hat gar einen davon besiegt.

Frankreich hat es in der Gruppe D nur nominell leichter: den Neuaufbau unter Laurent Blanc (wobei - wie der ausschauen soll, weiß eh noch keiner...) werden Rumänien (dort kennt man die Franzosen ja ganz gut) und vor allem Bosnien, vielleicht auch Weißrussland, die speziellen Ehrgeiz in die Euro im Nachbarland setzen werden, ausnützen wollen. Das bosnische Team, jetzt unter Safet Susic, ist zuletzt schon knapp drangewesen, ist bald soweit an die Leistungen von Serbien, Kroatien und Slowenien anzuschließen und wird eine echte Gefahr darstellen. Die ex-jugoslawische Fußball-Schule hat einen gewaltigen kulturellen Impact, man unterschätzt das gerne...

... und der Rest halt.

Die angesprochenen Kroaten müssen sich in "ihrer" Gruppe F mit lauter Mühsamen herumgfretten: mit Israel, Georgien, den Letten und vor allem mit Griechenland. Die werden, wenn sie sich einmal vom wahnhaft als Krone gefühlten Joch befreit haben, die Welt neu wahrnehmen. So wie ein Blinder sehend wird, könnte das werden.

Die alte Schutzmacht für sowohl Polen als auch die Ukraine, Russland nämlich, hat in Gruppe B mit der Slowakei und Irland auch zwei extrem unangenehme Gegner zu bekämpfen und mit Mazedonien, weil eventuell auch mit Naumoski, noch einen Beißer am Hals.
Die Slowaken haben sich als bessere Tschechen erwiesen und mit ihrem Italien-Slashing ein Erfolgserlebnis, auf dem sich aufbauen lässt. Und Weiss macht ja weiter. Gut so.
Und bei Eire fragt man sich jetzt mehr denn je, ob es nicht doch besser gewesen wäre, Henry hätte sein Handspiel zugegeben und sie wären anstatt der Equipe Tricolore nach Südafrika geflogen, wie es sich Charlize Theron gewünscht hatte. Allerdings: dort bleibt der mittlerweile altersstarre Trapattoni im Amt.

Bleibt die Gruppe H mit Portugal als Gruppenkopf. Gegner: Dänemark, Norwegen, Zypern, Island.

Langzeit-Coach Morten Olsen müsste sich von vier bis acht Altstars trennen, damit es einen echten Schnitt gibt. In zwei Jahren derheben die Rommedahls und Tomassons so ein Turnier nämlich nicht mehr. Norwegen muss sich endlich wieder einmal auf die Landkarte schießen, da schaut es vor allem mit guten Legionären, echt schwach aus.

Fazit:

Demnächst kommt dann ja die Euro mit 24 Mannschaften. Für Mittelständler wie Österreich super, für eine kompetitive Qualifikation aber ein Killer.

Weil sich für die Euro eh 14 Nationalmannschaften qualifizieren können, ist der Druck für die WM-Abstinker aus der 1. Reihe nicht gar so hoch. Auch für England und Portugal, auch für Frankreich und Italien ist die Quali machbar, auch für die hochgerankten Nicht-WM-Fahrer Russland und Kroatien. Weil wohl nur etwa doppelt so viele (28) Mannschaften überhaupt ernsthaft in Frage kommen. Sofern ich Österreich mitzähle. Was ich hiermit tue. Wehe dem, der da aktiv dagegenarbeitet.