Erstellt am: 9. 7. 2010 - 12:11 Uhr
Fußball-Journal '10-24.
"Wir nehmen schon viel zu lange alles nur noch zur Kenntnis", sagt der unbekannte Kollege nach der Verkündungs-Pressekonferenz zum Start des heimischen Liga-Betriebs. Und er sagt es in einer Mischung aus Resignation und leiser Fassungslosigkeit.
Der Start wird am Montag sein, direkt nach dem WM-Finale. Und was da alles noch nicht fertig durchgedacht und ausverhandelt ist, füllt ein dickes Buch. Die Präsentation ist ein unfertiger Sauhaufen.
Trotzdem wird das medial kaum auftauchen, trotzdem werden die "Den WM-Schwung in die Saison mitnehmen!"-Headlines dominieren. Weil das Produkt, das die ÖFBL, die heimische Profiliga verkauft, von den vielen Partnern und auch von praktisch allen Medien mit Samthandschuhen angefasst wird. Man ist beteiligt, man schneidet mit, man hat sich in Arbeits- und Abhängigkeits-Verhältnisse begeben, man erarbeitet Content für die Sponsoren.
Und keiner wagt es, die fütternde Hand auch nur sanft zu zwicken. Weshalb die oben angesprochene "Kenntnisnahme" auch so gut funktioniert.
Das ist alles auch Wasser auf die Mühlen der "Es hat eh keinen Sinn"-Aufgeber, die sich durch Achselzucken, Desinteresse und Ignoranz über die Deppen, die glauben, mittels Engagement noch was ändern zu können, erheben wollen. Dabei sind genau diese Wegschauer die Totengräber jeder kritischen Zivilgesellschaft - was sich ja in der politischen Alltags-Praxis des Landes klar und deutlich niederschlägt. Im Fußball ist das nicht anders.
Ein noch größerer Teil der Schuld trifft aber die Medien, die ihre ureigenste Aufgabe, das Nach- und Hinterfragen, verräumen, um sich nicht den Interessen von Mächtigen, Partnern und anderen, die fürs Business wichtig sind, in den Weg zu stellen. Und dann eben nur zur Kenntnis nehmen.
Im aktuellen Fall wird folgendes bestenfalls zur Kenntnis genommen.
- Drei Tage vor dem Start der österreichischen Meisterschaft gibt es keinen gültigen TV-Vertrag.
- Eine Woche vor Start der Bundesliga gibt es keine gültigen Beginnzeiten für die Sonntag-Spiele.
- Man erkennt eine Woche vor Saisonstart, dass seit Monaten angekündigte Samstag-Fernseh-Show aufgrund der Tatsache, dass eine Euro-League-Qualfikation Sonntags-Termine bedingt, nicht möglich sein wird.
- Ein wie immer aus reiner Geldgier vollgestopfter Terminplan läßt keinerlei Spielraum zu.
- Der Liga-Präsident überlässt es dem hauptamtlichen Vorstand sich mit diesen News den Medien zu stellen - auch weil er ihn in 3 Monaten sowieso loswerden will.
- Die 1. Liga, die zweite Spielklasse, hat für die heutige Saison keinen Sponsor gefunden.
- Die von der Liga angekündigte Unterstützung für die in einer Woche beginnende U19-EM hat sich doch nur als Augenauswischerei herausgestellt.
- Ein Fairplay-Award wird an die Austria Wien vergeben, die von der UEFA aufgrund eines Platzsturms (!) hart bestraft worden ist.
- Der aus der WM mitzunehmende Schwung inkludiert ein Vuvuzela-Verbot für österreichische Sportplätze.
Ausnahmen bestätigen die Regel, Blog-Medien sowieso.
Und auch laola1.at traut sich.
Das alles wird heute und morgen von den Berichterstattern und Medien-Partnern nicht ernsthaft ausgeführt und erklärt werden.
Dies nur zur Kenntnisnahme.
Im Detail sieht das so aus:
Die Sache mit dem TV-Vertrag
Die Gefahr, dass österreichische Vereine in der Europa League weit kommen, ist (siehe Vorjahr) gegeben. EL-Spieltag ist der Donnerstag. Das führt dazu, dass die dort beschäftigten Vereine nicht am Samstag, sondern am Sonntag Meisterschaft spielen werden. Wie auch schon im Vorjahr.
Die Liga will dringend eine Samstag-TV-Fußballsendung. Das geht sich dann aber oft nicht aus. Außerdem streiten die TV-Partner (Sky und der ORF) über die Termine dieser Sonntagssspiele. Der ORF will 16 Uhr, um alles in einer 18-Uhr-Sport-am-Sonntag-Sendung unterzubringen, Sky will 18 Uhr, weil je später desto besser.
Alles nachvollziehbar.
Nur: dass dieser Wickel einen an sich beschlossenen TV-Vertrag genau jetzt, ein paar Stunden vor Start wieder aufschnürt, zeigt, dass da im Vorfeld nicht seriös verhandelt bzw. ratifiziert wurde. Und es zeigt die Erpressbarkeit und die Schwäche der Liga: da kann man im letzten Moment noch die Bedingungen diktieren.
Die Sache mit Hans Rinner und Georg Pangl
Rinner, ehemals Sturm-Präsident, dort zurückgetreten, ist (seit kurzem) der (ehrenamtliche) Präsident der Liga, ihr Repräsentant.
Georg Pangl ist (seit Jahren) der (hauptamtliche) Geschäftsführer der Liga, der Mann, der die Arbeit macht.
Rinner will Pangl loswerden und probiert das mittels einer cleveren Neuausschreibung - der Kollege Michael Fiala von 90minuten.at hat die ein bissl grauslichen Hintergründe recherchiert.
Dass das aktuell kein Thema für die Sport-Mainstream-Medien ist, versteht sich.
Die Sache mit der sponsorlosen 1. Liga
So gut wie nie wäre die zweite Leistungsstufe, die sogenannte 1. Liga, mit ihrem anstelle eines Sponsornamens übernommenen Slogan "Heute für Morgen" positioniert, sagt Pangl heute. Späte Einsicht, denn natürlich waren Red Zac oder ADEG eher fehl am Platz. Und weil eine Wirtschaftskrise eine Wirtschaftskrise ist, bekommt eine Totgeburt (und das ist die 1. Liga, seit langen Jahren) dann eben keinen passenden Geldgeber.
Nicht einmal die Entfernung der beiden Null-Zuschauer-Bringer und Leere-Stadien-ins-TV-Bild-Rücker (der Amateur-Teams von Austria und Salzburg) kann diese Liga attraktiver machen. Maximal sechs Vereine sind, unter Profi-Bedingungen, lebensfähig, die Zusammenfassung mit der Bundesliga, die Schaffung einer 16er-Liga mit einem regional gesplitteten Halbamateur-Unterbau ist unvermeidlich.
Noch allerdings lügt man sich mit einer Liga, die keiner will, aber in den Sack.
Die Sache mit der Liga-Unterstützung der U19-EM
Unlängst wurde per Aussendung die Unterstützung der Präsidenten-Konferenz der 1. Liga für die am 17. Juni startende U19-EM angekündigt. Das junge österreichische Nationalteam steht da unter den letzten 8, kann sich mit einer guten Platzierung für die U20-WM qualifizieren.
Nur, Gag, von wegen "Heute für Morgen", aus der ersten Liga kam nur ein Jungkicker für den Kader in Frage. Die meisten der U19-Elite kommen aus den Nachwuchs-Abteilungen ausländischer Vereine, der Rest aus den B-Teams der Bundesliga. Von denen, die regelmäßig in der Bundesliga spielen, bekam Aleks Dragovic von der Austria. sowieso keine Freigabe, Patrickm Farkas wurde von Mattersburg (inoffiziell mit dem Hinweis man würde eh Lukas Rath abstellen) zurückgezogen.
Die Bundesliga hatte zwar ihre Unterstützung zugesichert - im Gegensatz zur 1. Liga allerdings nicht schriftlich, sondern nur mündlich. Und was "Gentlemens Agreements" in dieser Liga wert sind, weiß man seit Herrn Kartnig nur allzu gut...
Und all die andere Achselzucker-Verursacherei
Dass der WM-Boom just mit einem Vuvuzela-Stadionverbot durchgeführt werden soll - ein Gag am Rande.
Dass sich im Bereich der Pyroverbots-Debatte etwas bewegt, dass es eine gute Gesprächsbasis zwischen Liga und der Plattform pyrotechnik-ist-kein-verbrechen gibt - sehr schön!
Dass die Sponsoren sich gegen verdummende Marketing-Aktionen der Sorte "Mehr Cheerleader-Girls!" und für eine Verschränkung mit neuer Technologie (wie auch für die gute Aktion Bundesliga on Ear aussprechen - Klasse!
Dass dann aber ein Fairplay-Award just an den Verein geht, der für die seit Jahren schlimmste Bestrafung durch die UEFA gesorgt hat (das erste EL-Spiel gegen Siroki Brijeg am Donnerstag muss man deshalb etwa vor leerem Haus austragen), zeigt auch wieder, wie sehr nicht mitgedacht wird.
Weil's ja auch wurscht ist - gibt ja keinen im Mainstream-Bereich, der sich da grundlegend und detailgenau damit auseinandersetzt; nur ein paar Schlagzeilen-Simplifizierer und die Zurkenntnisnehmer aller Schattierungen.