Erstellt am: 7. 7. 2010 - 10:37 Uhr
Gar kein Müll!
FM4 Soundpark Band des Monats kann jede Band werden, die sich im
FM4 Soundpark anmeldet.
Die heimische MusikerInnenszene ist nun wirklich leicht überschaubar. Und man denkt, man müsste eigentlich sowieso schon längst alles wissen und kennen, bevor Promo CDs oder Ankünder für Konzerte im FM4 Postfach eintrudeln. Und da bringt der Postmann nicht gerade wenig jeden Monat vorbei. Der aufmerksame Streberredakteur durchforstet außerdem natürlich brav und regelmäßig viele Blogs, Gazetten und sämtliche Social Network-Seiten, damit ihm/ ihr ja nichts entgeht.
Und dann stolpert man über ein Projekt namens Soopertrash, das schon drei Jahre am Buckel hat, von dem man aber wirklich noch nie, nie, nie etwas gehört, gesehen oder getrascht bekommen hat. Und man beginnt seinen Job dadruch vielleicht wieder ein Stückchen mehr zu mögen. Denn ja, sie sind noch möglich, die kleinen Überraschungen im Arbeitsalltag, den man meist viel zu abgeklärt meistert und wo sich das Musikmagazine kaufen - einst ein freudig abgefeiertes und sehnlichst erwartetes monatliches Erlebnis - in etwa so spannend anfühlt wie das Bestellen von Mittagessen in der Kantine.
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Jede Soundpark Band des Monats erhält einen Zehnstundenblock des Wiener Tonstudio- /Proberaum- /Musikverleih- Komplex
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Soopertrash sind also bisher kaum irgendwo in Erscheinung getreten. Googelt man diesen Namen, dann poppen keine Rezensionen und nur sporadisch Ankünder für anstehende Shows am Flimmerbildschirm auf. Da gibt es zwar ein schönes Musikseiterl, aber das haben vor mir auch nicht einmal 7000 Menschen mitbekommen. Mein Mama hat da warscheinlich mehr Klicks bekommen in den letzten drei Jahren. Kollege A. hingegen weiß schon mehr über diese Band, die waren doch auch bittesehr schon im letzten Jahr im FM4 Studio mal zu Gast, um ein Album vorzustellen. Aha."Und die sind ursuper und total lustig und die Musik ist echt geil und die Bühnenshows sind wirklich ein Wahnsinn".
Bei kleinen Lobeshymnen hüpft das Recherche-Herz schon höher, erste assoziative Bilder poppen im Kopf aus wie man sich also Soopertrash vorstellen könnte: Das könnten ja vielleicht zwei Linzer Mädels in Glitzerkleidern sein, die ihre 'Gustav' brav gelernt haben, ihre Laptops auf der Bühne braten und feministisch gefärbte Texte von der Bühne hinunter posauen. Oder vielleicht handelt es sich um vier junge Herren, die in Mendel'scher Manier Frickeltechno mit Elektropunk kreuzen, möge der bessere Beat gewinnen?
Soopertrash Live
Aber Soopertrash ist eigentlich ein Ein-Mann-Projekt aus Wien rund um Mastermind, Sänger und Gitarrist Nenad Stankov. Gegründet wurde das Projekt, zu dem sich gerne immer wieder andere Musiker gesellen, Anno 2007.
Der musikalische Auftrag: Poltische und systemkritische Texte in ein hübsch zusammengeschneidertes Elektropopkleid packen, mit einer multimedialen Prise verfeinert. Da wird Kritik an der Kosumwelt geübt, da wird am Überwachunsstaat gerüttelt. Doch vom altbackenen Parolenhülsen schwingen ist Soopertrash weit entfernt. Die Shows wirken eher wie ein seltsamer Hybrid aus Popshow und künstlerischer Performance, denen man in dieser Form auch sicherlich beim Jahresfest sämtlicher Kunstunis als Abenduntermalung begegnen könnte.
Neben Nenad Stankov gesellt sich auch Amerikaner Alan Key oft auf die Bühnenbretter dazu, der den Part des Sprechers übernimmt und der verschiedenste gefundene Zitate und Textbausteine mehr oder weniger zufällig in einen ganz neuen Zusammenhang bringt. Im Song "Youporn Generation" zum Beispiel, in dem verschiedene Teile von einschlägigen Webseiten vorgelesen werden,
Sex in der Stadt läßt grüßen! Oder andere Tracks, in denen sich Gedichte, die auf Berliner Hausmauern gesprayt worden sind, wiederfinden.
Alan, der eigentlich Wirtschaftsanwalt ist, sitzt dafür in einem nachgebauten Fernseher, spricht seine Texte in eine Kamera, die das Bühnenspektakel auf eine kleine Leinwand hinter der Bühne projiziert.
Soopertrash
Die FM4 Soundpark Band des Monats ist auch zu finden auf jedem Snipcard-Board auf www.snipcard.at
Man ahnt es vielleicht, Zufall und Humor spielen große Rollen im musikalischen Kosmos von Soopertrash.Verschiedenste Einflüsse und Ideen treffen hier aufeinander, poppige Rock 'n' Roll Gitarren, ein schnelles Schlagzeug, und ein spaciger Synthiesound verbrüdern sich mit 60er Jahre Beach Boys-Patina und Lo-Fi-Ästhetik, mit moderner und gut ausgetüftelter Elektronik und kritischen Statements zu politischen, gesellschaftlichen und medialen Entwicklungen. Manchmal wirkt das alles in einer gewissen - positiv gemeinten Weise - herrlich anachronistisch.
Wann haben Bands eigentlich damit aufgehört, zeitgemäße poltische Inhalte in ihre Musik zu packen und die Aufmerksamkeit, die man als Musiker auf einer Bühne erhält, als Möglichkeit zu nutzen um Botschaften weiter zu transportieren?
Eines ist also klar: Soopertrash fabrizieren sicher alles andere als Trash, im Gegenteil: Musik von großem Format. Also hineinhören, Konzerte besuchen und mögen. Danke.