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Maria Motter Graz

Bücher, Bilder, Kritzeleien. Und die Menschen dazu.

29. 6. 2010 - 15:10

Weiße Schatten, Zombies, Frustschutzmittel

"Die Kinder der Iris 2" versammelt steirische Musikvideos. Am Mittwoch wird die DVD im Grazer P.P.C präsentiert.

Auf größeren Screens gibt es alle Videos der "Kinder der Iris 2"-DVD-Kompilation am 30. Juni im Grazer P.P.C. zu sehen. Der Eintritt ist frei, der Beginn 20:45.

Martina Zinner und Michael Ostrowski erzählen uns etwas zwischen den Videos, im Vierer-Pack gibt's die Kinder der Iris und Wild Evel ist der DJ des Abends.

Darf ich mal ein Video für euch machen? hat Matthias Zuder auf die My Space-Seite von The Base gepostet. Sein Video zu "Buffalo People" eröffnet jetzt "Kinder der Iris 2", eine DVD-Kompilation heimischer Videos, die am 30. Juni erscheint.

Eh alles auch auf Youtube, könnte man da einwerfen. Doch die Zusammenschau ist eine schätzenswerte Dokumentation heimischer Musik- und Kurzfilm-Produktion. Weil die Clips, wenn sie auf "der größten Musikvideo-Jukebox der Welt", wie Martin Gasser, einer der Kuratoren der Compilation, Youtube treffend bezeichnet, einmal gelöscht sind und den Archivtransfer von Festplatte zu Festplatte nicht überstehen, schnell verloren gingen. Und wer sieht sich dreißig, vierzig Videos am Stück an und lädt sich die Besten herunter?

Genau das haben der Künstler und Journalist Martin Behr, der Kulturjournalist Martin Gasser, und Christian Marczik von der Intro-Graz-Spection gemacht. Die Auswahl seit der ersten "Kinder der Iris"-DVD 2008 der Kunstinitiative Intro-Graz-Spection war erfreulich groß, die Kriterien dieselben: Die Videos müssen in jüngster Zeit entstanden sein, Band oder Regie haben einen Bezug zur Steiermark. Und: Pro Band kam nur ein Video auf die DVD.

Kein unwesentliches Prinzip, denn viele waren gleich mit zwei oder drei Videos am Start. Wie etwa The Base mit "Buffalo People", dem Johanna Moder ein Geisterpferd animiert hat. Ein Auftragswerk des Trios.
Just für denselben Song hat sich Matthias Zuder entschieden. Ein Jahr nach der ersten knappen Anfrage an The Base lernen sich Sänger Norbert Wally und Zuder kennen. Ob er noch immer ein Video machen darf?
Es ist eine der schönsten Arbeiten auf "Kinder der Iris 2" geworden. You don't wanna dream what I dreamed last night. Oh doch, I do. Es ist ein einziger Shot.



"Es war genau das Gegenteil von einem Auftragswerk", sagt Norbert Wally. "Wie Matthias das ohne Budget gemacht hat", wundert er sich. Mit einem eigenen Fördertopf für Musikvideos bietet die Cinestyria Unterstützung. Hunderte freie Stunden und unbezahltes persönliches Engagement stecken jedoch in den meisten Videos.

Go, go, go!

In zwei Tagen waren die Bilder zu Fiagos "Stay" im Kasten. Keine Jump-Cuts, sondern Stop-Motion hat Christian Ursnik angewandt, mit 10 Frames pro Sekunde. Als Motiv setzt sich die Laborsituation aus "My TV" von ShotShotShot fort.


"Ziel war es, dass diese weißen Leute in jedem Bild eine andere Positon haben, und wie weiße Schatten herumhüpfend nie greifbar sind", sagt Regisseur Christian Ursnik, der das Video in einer Woche aus Tausenden Einzelaufnahmen auch montiert hat. Dabei ist es keine leichte Aufgabe, diese riesigen digitalen Daten in einen Fluss zu bringen. Ursnik hat eine große Affinität für den Stoptrick, bei Virgil Widrichs "Fast Film" hat er mitgearbeitet. Wer gerade an welchen Videos in Graz arbeitet, weiß man, weil Equipment eifrig ausgeborgt und getauscht wird.

Laborsituationen

Männer in weißen Mänteln haben auch in Le TamTam's "Disko Animator" von Claus Prinz eine Vision und Mission, koproduziert von dem Visual-Duo OchoResotto, das auf "Kinder der Iris 2" gleich mit drei Clips vertreten ist. Monique Fessl bekam zu "Schnee mit Matsch" getrocknete Seepferdchen und Fischer aus Marseille auf 16mm, Mr. Dero & Klumzy Tung feat. Beardyman fielen für "The Little Things" in Teetassen. Zylinder, weiße Kaninchen und Kinder inklusive, nur keine Alice. Dafür einer der größten Männer der Welt, Idrissa Malik Sidibe, einstiger Basketballer und in Leoben zuhause.



Wir unterbrechen für eine kurze Werbepause:

An "Frustschutzmittel" von Tobi Frick für das Elektroduo Phonix scheiden sich die Geister.

Coming up next: Zombies!

Daniela Böhm als Zombie mit Gesichtsschminke

Rocking Pony

Daniela Böhm als Zombie vor und im Regiekollektiv hinter der Kamera. Mit Katharina Oberegger serviert Böhm in der Kombüse regelmäßig "Melodien für Millionen". Schlager in your ears, doch diese Plattensammlung ist eine Geschichte für sich!

Mit der ersten Premiere bei der Präsentation von "Kinder der Iris 2" wird das Kollektiv Rocking Pony vorstellig: Fünf Frauen und ein Mann haben nicht nur ein Fan-Futzerl zu einigen Sekunden von Fever Rays "If I had a heart" gemacht, sondern das neue Video für The incredible Staggers, "Zombies of Love".

Und Herzblut!

Für die zweite Premiere am Mittwochabend blickt Favela Gold Plattenbauten hoch. Anfang November des Vorjahres trommelte der umtriebige Grazer Sänger, Musiker, Schauspieler und mit "Language of love" unter die Videomacher gegangene Favela Gold Freunde zusammen, um in Trainingsanzügen auf dem Parkplatz auf dem Dach eines Shoppingcenters nach seiner Choreografie zu tanzen. "Nicht chic" ist die Choreografie laut Favela Gold, "A Chorus Line" trifft sich mit "La Boum" und Favela Golds starker familiärer Bezug zu Polen taucht die sechsminütige(!) Geschichte in eine osteuropäische Klischeemärchenwelt, mit detailverliebtem Ausstattungswitz.

Das Hochhaus steht in Zagreb, die Reise nach Warschau hätte das gesamte Budget verschlungen. Die Fotografin Jasmin Schuller und Richard Techt von ShotShotShot drehten bis zu 98 Einstellungen pro Tag, vier Tage lang. Dann zog sich Favela Gold ins Schnittkämmerchen zurück. Bis die "Kinder der Iris-Kuratoren" drängten: "Ist das Video fertig? Jetzt machst es fertig!"

Die DVD-Kompilation "Kinder der Iris 2" erscheint am 30. Juni und ist bei der Intro-Spection-Graz um €12 erhältlich.