Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Song Zum Sonntag: Teenage Fanclub"

Boris Jordan

Maßgebliche Musiken, merkwürdige Bücher und mühevolle Spiele - nutzloses Wissen für ermattete Bildungsbürger.

27. 6. 2010 - 12:43

Song Zum Sonntag: Teenage Fanclub

Loslassen statt glauben: Sometimes I don't need to believe in anything.

Drifting back through blossom streets
The silence way too loud
The cooling towers and the mysteries
The gloaming lights tonight

Deep inside you never let go
Deep inside you never let this go

Taking a ride on a subway train
To feel more alive when you get back out again
And if you meet those eyes you feel all is known
Under a summer sky there's a gentle wind is blowing

Sometimes I don't need to believe in anything ...

Heading west towards the glowing evening sunset
On an august night
Waking up before the mist is fully lifted
In the morning light
You feel the sadness in her eyes
As the autumn wind and golden leaves starts singing

Sometimes I don't need to believe in anything

Von der Natur lernen. Wie die Vögel auf den Feldern nicht säen und nicht ernten, so scheint der Sommer nichts glauben, nichts erwarten zu müssen. Im Gegensatz zu dir. Du kannst nicht loslassen, es einfach geschehen lassen. Wenn du mit der U-Bahn fährst, um dich nach dem Ausstieg lebendiger zu fühlen. Wenn du auf der Straße fährst, wenn du vor Morgengrauen aufwachst, wenn du die Traurigkeit in ihren Augen siehst ... Dann singen sie es dir vor, der Wind, die Blätter der Himmel: Manchmal muss man an gar nichts glauben!

Teenage Fanclub

Die Euphorie ist schon erstaunlich: Thomas Kramar, sonst bei unseren wöchentlichen Vereinbarungstelefonaten zu dieser Rubrik ein Bollwerk der Kritik, der den (von mir allzu oft vorgeschlagenen) harmlosen Lebensfreude-Ditties ein "belanglos", den Tiefgründigkeits-Epen ein "prätentiös" entgegenschleudert, ist dieser Nummer völlig erlegen. Er nennt sie den Sommerhit des Jahres, den Sommerhit "für freundliche Menschen, die optimistisch sein wollen".

Ist es die Freude, dass eine in den 90ern so liebgewonene Konsensband nach Jahren wieder relevante Musik zustande bringt?

Bandfoto Teenage Fanclub, in ienem leeren Zimmer auf eienem Sofa sitzend

heavenly.com

Eine Band, die einst die einzige war, die Liam Gallagher neben Oasis gelten ließ und deren "Grand Prix" und "Bandwagonesque" stark dazu beigetragen haben, dass sich diebBritische Musik neben der US-Hegemonie von Hardcore, Crossover und Grunge wieder ein großes Publikum erspielt.

Der Song zum Sonntag ist eine Kooperation zwischen FM4 und der Presse am Sonntag und erscheint hier wie dort, wo sich der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar der Kolumne annimmt

Eine Band, die für die liebevolle Adaptiereung eines historischen Sounds steht, wie es wohl am besten die Schotten können - außer ihnen fällt einem Jesus and Mary Chain (Velvet Underground, Psychedelia), Belle and Sebastian (Beatles, Britisches 60ies Easy Listening) und später Franz Ferdinand (XTC, New Wave) ein. Eine Band, die imstande war, große Musik, die ihr Leben verändert hatte, wieder zu großer lebensverändernder Musik zu machen - ein "Teenage Fanclub" eben. Bei ihnen war es die große Musik von Alex Chilton und seinen beiden Bands Box Tops und Big Star, sowie das zwölfsaitige Spiel und die Harmoniegesänge der Byrds, deren Fantum schon R.E.M. aus der Taufe gehoben und zum größten Bandmonster der USA hatte werden lassen.

Bei "Sometimes I don't need to believe in anything" ist es wohl die Message, die begeistert und die - eines echten Sommerhits würdig - die erleichternde und wertvolle Erkenntnis trägt, dass es eine Erleichterung sein kann, ja muss, dass man einmal auch an nichts glauben müssen darf, um glücklich zu sein.