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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

25. 6. 2010 - 17:08

WM-Journal '10-53.

Wenn's um nix geht, hilft auch ein regelrechter Gipfel nicht. Nicht einmal einer zwischen Brasilien und Portugal.

Seit 1. Juni erscheint dieses WM-Journal zum Turnier in Südafrika - mit (meist) einer Ausgabe pro Spiel und zusätzlichen Analysen.
Hier auch in der Übersicht.

Das WM-Journal gibt es auch als Podcast, einmal täglich, immer gegen Mittag.

Der Katzenjammer bei Italien:

Die Fakten zu den Spielen Brasilien - Portugal 0:0 und Cote d'Ivoire - Nordkorea 3:0.

Offizielles: die FIFA-Seite und die WM-Spezial-Site der Sport-Kollegen. Inoffizielles: die Spielerverteilung.

Alle FM4-Stories zur WM, alle Rundherum-Geschichten aus Südafrika. Und auch eine schöne Nachlese zum Ausscheiden von Les Bleus.

Das FM4 WM Quartier im Wiener WUK - mit In- und Outdoor-Screens für jedes Wetter.

Es ist so:
Brasilien möchte die Gruppe natürlich gewinnen. Dafür reicht ein Remis gegen Portugal.
Denn mit dem Gruppensieg hat man gedacht Spanien im Achtelfinale zu entgehen.
Jetzt weiß aber niemand, wie Spanien am Abend abschneidet - ob die denn überhaupt erster werden, oder eh nur zweiter oder gar nur dritter?
Insofern ist das brasilianische Ziel also vage, verwässert.

Portugal will aufsteigen, und eigentlich auch die Gruppe gewinnen. Dafür braucht man einen Sieg.
Aber: Der Gruppensieg könnte bedeuten, dass man im Achtelfinale auf Spanien trifft. Und in Portugal traut man dem großen Nachbarn gerne alles zu.
Also ist sich Portugal nicht so sicher, ob es den Sieg wirklich will.
Das Unentschieden, das für die Fix-Quali reicht, sollte es schon sein.

Die Cote d'Ivoire muss gewinnen, um eine theoretische Chance zu haben. Hoch gewinnen. Sowas in der 7zuNull-Kategorie. Denn bei Brasilien - Portugal rechnet man mit einem knappen Resultat.
Da hilft also nur purer Angriff.

Mitm Schmäh allein...

Nordkorea ist schon draußen, man will sich aber mit Anstand verabschieden, auch weil die Nationalspieler gewisse Befürchtungen um Leib/Leben hegen, wenn sie als geprügelte Hunde heimkommen. Denn nach dem tollen 1:2 gegen Brasilien ist man im 2. Spiel ausgesprochen brutal unter die Räder gekommen. Es spielt das exakt selbe Team wie bisher. Und das wird den Teufel tun und mitspielen wollen wie gegen Portugal.

Die Männer mit dem Elefanten-Logo gehen schnell 2:0 in Führung - aber dann hakt es. Das ist auch eine Frage der Einstellung. Die man anhand von Didier Drogbas Aktion beim zweiten Tor gut ersehen kann. Der setzt einen Lattenpendler, der doch deutlich vor der Linie aufspringt, hin und dann nicht nach, sondern dreht jubelnd ab, um die Unparteiischen mit diesem Ritual quasi zu überzeugen. Drogba kriegt gar nicht mit, wie Romaric den Rebound eh versenkt, er ist zu sehr mit seinem Schauspiel beschäftigt.
Nur: Mitm Schmäh allein schießen sich die 7 Tore eben nicht.

Instinktives Zurückschalten

Bei Brasilien und Portugal steht das Spiel zwar nicht, es rollt nach 15 vorsichtigen Minuten schön hin und her. Es gibt Voleys, Lattenschüsse, Kopfbälle und Weitschüsse, Risiko, Handspiele und jede Menge gelbe Karten. Es schont sich also keiner (bis auf Ronaldo sind alle gelbbelasteten auf beiden Seiten eh auf der Bank).

Aber trotzdem: Wenn nix gehen muss, dann geht auch wenig.
Irgendwie geht's bei diesem Gipfel der portugiesischsprachigen Mächte, dem Spiel, das am schnellsten ausverkauft war, schon um was, immer, aber irgendwie nicht um genug.
Rein instinktiv schalten alle zurück und warten einmal ab.

Das hat nichts mit geschobenem Geschiebe der Marke Gijon zu tun, mit Absprache und Absicht - das ist schlicht die menschliche Natur, die von Vorsicht und Flucht geprägt ist.

Ich schätze erst so ab einem 5:0 im Parallelspiel wird Carlos Queiroz dann nervös. In die zweite Halbzeit startet sein Team in jedem Fall deutlich offensiver orientiert.

Taktisch sieht das so aus:

Brasilien spielt in Abwesenheit von Kaka (gesperrt) Elano (verletzt), Robino und Ramires (geschont, zweiterer wegen Geldbelastung) wieder ein verschliffenes 4-4-2. Dani Alves in der Elano-Rolle, Julio Baptista in der Kaka-Rolle hinter Luis Fabiano und Nilmar macht die linke Spitze, etwas offensiver als Robinho.

Portugal hat wieder umgestellt, beginnt ein drittes Mal neu: diesmal mit einem 4-5-1-Fächer etwa wie Japan. Also vor Pepe (später Mendes) sind Tiago und Raul Mereiles auf den Halbpositionen im Mittelfeld, Danny (rechts) und Duda (später Simao, links) sind außen, Ronaldo zentrale Solo-Spitze.
Das ist ein wenig vorsichtiger als die bisherigen Versuche (mit einem strangen 4-2-2-2 und danach dem sicher wirkenden 4-2-3-1).

Nach-Hause-Spielen

Aus Nelspruit, dem schönen Giraffen-Stadion, dessen Bau die Schleifung einer ganzen Siedlung, vor allem auch der dortigen Schule zu Folge hatte (die dann erst nach Protesten und dem Aufspringen ausländischer Berichterstatter, zumindestens in Form eines Containers wieder, äh, aufgebaut wurde) kommt nicht einmal die Meldung über ein drittes Tor.

Ich schalte vorsichtig rüber und komme zu einer koreanischen Chance und behäbigen ivoirischen Reaktionen zurecht - und verpasse damit fast einen Simao-Vorstoß, den Ronaldo nur nicht reinhaut, weil Lucio den Haxen dazwischenhält.

Es stellt sich also schon die Frage, wer mehr tut: Erikssons Ivoirer oder dann doch die beiden Teams in Durban?
In der 81. verlängert Kalou einen Boka-Cross ins Tor - 3:0, to little, too late.

In Wahrheit war diese dritte Runde der Gruppe G also völlig überflüssig. Alles war bereits vorher klar.