Erstellt am: 21. 6. 2010 - 22:23 Uhr
WM-Journal '10-45.
Seit 1. Juni erscheint dieses WM-Journal zum Turnier in Südafrika - mit einer Ausgabe pro Spiel und zusätzlichen Analysen.
Hier auch in der Übersicht.
Das WM-Journal gibt es auch als Podcast, einmal täglich, immer gegen Mittag.
Die Fakten zum Spiel Spanien - Honduras 2:0.
Offizielles: die FIFA-Seite und die WM-Spezial-Site der Sport-Kollegen.
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Bei einem Spiel, bei dem die Kräftverhaltnisse so klar sind und bei dem auch wegen der Erstrunde-Vorleistungen beider Teams fix ist, dass es keine Überraschung geben kann (dazu ist Spanien zu gut - und Honduras kein Gegner der sie fordern könnte) lohnt es sich den Europameister einmal näher anzuschauen.
Denn Honduras war (wohl weil sie sich als ohnehin chancenlos betrachteten) strategisch nicht in der Lage, etwas vorzulegen. Man variierte ein kreuzbraves 4-5-1 in der zweiten Halbzeit zwar zu einem ansatzweisen 4-4-1-1, aber mehr war da nicht.
Immerhin hat der Fußball-Zwerg Honduras gegen Spanien nicht 1:5 verloren wie eine mir näher bekannte Fußball-Mücke im Wiener Praterstadion - die dabei wesentlich schlechter ausgesehen hat.
Spanien hat doch ein bisserl gebraucht, um den Schock der Niederlage gegen die Schweiz zu überwinden.
Und Vicente del Bosque hat reagiert.
Lauf/Flank-Maschine Jesus Navas auf rechts statt des nicht allzu überzeugenden David Silva.
Und weil Iniesta ausfällt (schon wieder, wie schon Fabregas oder Torres, die immer noch mit halber Kraft agieren) wird auch links umgestellt. David Villa, der im 1. Spiel die Solo-Spitze machen musste, kommt über die Seite. Fernando Torres, das gefühlt kränkliche Wunderkind, beginnt in der Mitte. Der kleine Xavi und der große Xabi Alonso machen den Kreativ-Part im Mittelfeld.
Vom EMlichen 4-1-4-1 ist also nicht mehr viel übriggeblieben. Aktuell heißt das hier 4-3-3. Oder auch nicht, je nachdem wie man Navas betrachtet - als offensiven Mittelfeldspieler oder als rechte Spitze.
Alles wurscht, meinst du, geneigter User, geschätte Userin?
Ja und nein.
Es ist dann wurscht, wenn es flutscht, so wie im Spiel heute, das zwar nur 2:0 gewonnen wird, aber ein gefühltes 6:0 war.
Dann, wenn es nicht flutscht, wird diese Schieflage aber zum Problem.
Wenn David Villa den Torerausch kriegt und seine linke Seite nicht hält (weil es ihn in die Mitte zieht) dann ist diese Flanke verweist (weil Xabi kein so Offensiver ist und niemand so recht die geniale Begabung Iniesta dort ersetzen kann).
Und bietet einem Gegner Raum dagegenzuhalten, über diese Seite vorzustoßen.
Honduras konnte das nicht - fast jeder andere Gegner hier schon.
Das ist die einzige strategische Schwäche des spanischen Spiels von heute - aber es ist eindeutig auch eine zu viel.
Erst als Mata und somit ein echter Links-Stürmer kommt, und Villa ins Zentrum geht, rundet sich die Sache ab.
Und das wäre auch die Lösung. Torres ist eh noch eindeutig zu schwach für ein großes Turnier. Villa mittendrin ist derzeit viel besser. Und mit zwei echten Flügeladjudanten auch besser versorgt.
Bloß: wird Villa wegen des Halsgreifers im eigenen Strafraum noch nachträglich gesperrt?
Was gegen Chile sein wird, steht also noch in den Sternen.
Und hängt auch vom Gesundheits-Fortschritt von Iniesta und Cesc ab.
Nur hinten ist alles außer Diskussion, immerhin.
Man kann das aber auch anders lesen.
Dass nämlich del Bosque das große Glück hat, sein Team in praktisch jeder nur erdenklichen Offensiv-Variante auflaufen zu können.
Weil er nämlich für jede Möglichkeit auch das richtige Personal hat (soferne es fit ist); und weil alle Spieler die Platz-Intelligenz besitzen, sich sofort auf ein neues System umzustellen.
Trotzdem bleibt bei mir eine Rest-Unsicherheit kleben. Und die hat genau mit der angesprochenen Fitness zu tun. Torres, Cesc Fabregas und Iniesta sind, deutlich sichtbar, nicht fit.
Andere Spielgestalter wie Xavi, David Silva, Puyol aber auch Ilker Casillas sind zwar fit, aber nicht in optimaler Verfassung.
Die aktuellen Leistungsträger sind Sergio Ramos, Pique (der in jedem Spiel blutig geschlagen wird), David Villa und Xabi Alonso. Das sind nicht allzu viele. Und es sind nicht unbedingt die Entscheider, sollte Villa jetzt noch wegbrechen, auch nicht unbedingt die Finisher.
Spanien studieren heißt aktuell also, sich um Spanien Sorgen zu machen.
Gruppe H, Runde 2, Fazit
Diese Gruppe wird noch zur Hölle werden.
Es drohen drei Teams mit sechs Punkten.
Und während anderswo Mannschaften mit Heulen und Zähneklappern, vielleicht mit 3 oder 4 Punkten aufsteigen werden, obwohl sie es nicht einmal ansatzweise verdienen, muss hier ein Team raus.
Mir graut jetzt schon.
Vor allem weil ich fürchte, dass es Spanien treffen wird. Die werden nämlich nicht gewinnen gegen Chile, sag ich einmal.
Und auch wenn ich mir vorstellen kann, dass sich Honduras sich gegen die Schweiz mit Recht etwas ausrechnet - wirklich daran glauben mag ich nicht.
Was mir mein kleines Traumfinale schon in der Vorrunde kaputtmachen würde.