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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

21. 6. 2010 - 15:32

WM-Journal '10-43.

Portugal schießt sich frei.

Seit 1. Juni erscheint dieses WM-Journal zum Turnier in Südafrika - mit einer Ausgabe pro Spiel und zusätzlichen Analysen.
Hier auch in der Übersicht.

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Die Fakten zum Spiel Portugal - Nordkorea 7:0.

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Die Sprüche kennt man - toll sei sie die Mannschaft, und wenn sie auch Tore schießen würde, dann, ja dann. Dieses Geheule um dieses langjährige Portugal-Klischee wurde nach dem ersten Gruppenspiel wieder laut.

Dabei lag es nicht an der Torlosigkeit, dass Portugals erstes Match gegen die Cote d'Ivoire so lahm war, sondern an der enttäuschenden Spielanlage, der Übervorsichtigkeit. Und: wäre Ronaldos Lattenkracher drinnen gewesen, dann ...

Wie auch immer: das, was Portugals Nationalteam gefehlt hat, wurde jetzt im Spiel gegen Nordkorea gleich vielfach aufgeboten: der Torabschluss.
Schon nach den ersten Szenen in den ersten fünf Minuten war klar: die wollen's heute wissen. Abschluss suchen, schießen, Tororientierung, die Bälle immer nach vor, nie quer.

Nordkorea bringt sich aus Spiel-Lust selber um

Dass das gegen Brasilien so dicht im Abwehrraum stehende nordkoreanische Kollektiv all dies zuließ, war wohl auf einen Einschätzungs-Irrtum ihrerseits zurückzuführen. Man wollte gegen Portugal tatsächlich mitspielen. Das geht sich aber gegen keine der drei Gruppengegner aus. Obwohl die Koreaner technisch sensationell gut und sauber spielen, von ihren kollektiven Fähigkeiten gar nicht zu reden.

Und: zu einer WM fahren und sich dreimal nur hinten reinstellen: das ist als Vision wohl zuwenig,.
Also nimmt Nordkorea Risiko - und geht völlig unter.

Analyst Prohaska, bei dieser WM bisher alles andere als in Form, hat bei Nordkorea eine Viererkette gesehen.
Hm, in der Welt der Micky Maus (die ja nur vier Finger hat) würde das stimmen, in unserer aber... Ein Jammer, diese Ignoranz.

Also: Nordkorea spielte - wie schon gegen Brasilien - ein klares 5-4-1, heute allerdings deutlich offensiver interpretiert.

Portugal begann mit einem 4-2-3-1 (mit Simao rechts, Tiago zentral und Ronaldo links) und wechselte danach nur innerhalb des Systems (Ronaldo spielte schließlich rechts, Duda dann links).

Denn vom unendlich disziplinierten Spiel gegen Brasilien war nichts mehr übrig geblieben. Man lässt Lücken, verliert leichte Bälle, die Außenverteidiger gehen gern beide mit, wodurch die Fünferabwehr dann nur noch aus drei Mann besteht, auch im Mittelfeld bleibt nur einer achtsam - und genau da stoßen Ronaldos Portugiesen dann unglaublich penibel zu.

Portugal spielt sich der Favoriterl-Frust von der Seele

In der ersten Halbzeit gab es außer dem Tor nur zwei, drei Chancen - aber in der 2. Hälfte brachen dann alle Dämme: fünf Tore und mindestens ebenso viele Großchancen.

Portugal schießt sich den Frust von der Seele.
Den Frust nach dem ersten Spiel.
Den Frust nach der matten Quali, der mühsamen Relegation.
Und vielleicht auch den Frust, immer nur als Favoriterl, als Schönspielerchen belächelt zu werden.

Ob das eine einmalige Sache bleibt, oder ob der Knoten bei Portugal endlich (zumindest für dieses Turnier einmal) geplatzt ist: im Bruder-Duell gegen Brasilien, dem Spiel der Spiele am Freitag werden wir der Antwort ein wenig näher kommen.

Gruppe G, Runde 2, Fazit

Hier scheint alles klar.
Brasilien ist mit zwei Siegen (die wenig berauschend, aber sehr sicher erreicht wurden) fix weiter.
Portugal ist mit vier Punkten und einem überragendem Torverhältnis so gut wie sicher Zweiter.

Denn: die Ivoirer müssen auf eine portugiesische Niederlage hoffen und gegen Nordkorea sehr hoch gewinnen.
Aber ob die sich noch einmal derart ungelenk abschlachten lassen? Unwahrscheinlich.

Zudem ist das Team der Cote d'Ivoire der nächste Kandidat für Allotria der Marke Frankreich.