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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

20. 6. 2010 - 14:47

WM-Journal '10-40.

Nach Paraguays Ankunft im Turnier ist klar: Sein bisheriger Sieger heißt Südamerika.

Seit 1. Juni erscheint dieses WM-Journal zum Turnier in Südafrika - mit einer Ausgabe pro Spiel und zusätzlichen Analysen.
Hier auch in der Übersicht.

Das WM-Journal gibt es auch als Podcast, einmal täglich, immer gegen Mittag.

Die Fakten zum Spiel Paraguay - Slowakei.

Offizielles: die FIFA-Seite und die WM-Spezial-Site der Sport-Kollegen.

Alle FM4-Stories zur WM, alle Rundherum-Geschichten aus Südafrika.

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Argentinien und Brasilien, die Großen des südamerikanischen Fußballs, der ja seit jeher als der Gigant der Süd-Hemisphäre, als der große Rivale des europäischen Fußballs gilt, haben im Verlauf der WM die Erwartungen erfüllt - die einen teilweise glanzvoll, die anderen mit neuer Spar-Ökonomie.

Aber, und das ist neu und war schon lange nicht mehr so: auch die anderen Südamerikaner glänzen.
Chile spielt, wie von Experten erwartet, den vielleicht schönsten Offensiv-Fußball des Turniers.
Uruguay hat, nach einem nervösen Remis-Auftakt gegen Frankreich im Spiel gegen den Gastgeber wirklich geglänzt.
Und jetzt legt auch der fünfte Vertreter des Conmebol nach: Paraguay droht die ängstliche Slowakei zu überrollen, mit spielerischen Mitteln wohlgemerkt.

Dazu noch die feine Rolle, die der zentralamerikanische Nachbar Mexico spielt - und fertig ist das Bild des Positiv-Zentrums dieser WM: Es sieht aus wie Lateinamerika.

Von der Härte, die die lateinamerikanischen Mittelmächte in früheren Turnieren an den Tag gelegt haben, ist nichts mehr übriggeblieben. Alle Vertreter punkten mit ausgefeilter Technik, präziser Spiel-Philosophie, taktisch ausgefeilter Raffinesse und hohem spielerischem Niveau.

Lateinamerikanische Macht-Demonstration

So auch Paraguay heute Mittag: nachdem man die Mauer-Taktik vom Italien-Spiel ins Kabinett gesperrt hat, ist es der erwartete Dreier-Sturm des Schreckens, der dem Gegner das Leben schwer macht. Nelson Valdez, Lucas Barrios und Roque Santa Cruz (die wir alle gut kennen, weil sie alle über Deutschland-Erfahrung verfügen und sich dort als Publikums-Lieblinge festgesetzt haben) sind nicht nur offensiv ungemein gefährlich und flexibel - sie sind auch die ersten Störenfriede beim gegnerischen Aufbau.

Aktuelle Kontinental-Bilanz gefällig?
Europa 8-7-7
Südamerika 6-2-0
Afrika 1-4-6
Concacaf 1-3-1
Asia/Ozeania 2-2-4

Und weil bei den Paraguayos sowohl Abwehr als auch Mittelfeld ebenso beides im Kopf haben (Defensive und Offensive) kommt ein ganzheitliches Spiel dabei raus. Die Außenverteidiger stoßen mit vor, die Innenverteidiger nutzen jeden Standard, um sich zu präsentieren, die Mittelfeldspieler schießen aus der 2. Reihe und Vera, der Fast-Ecuadorianer im rechten Mittelfeld, macht dann auch das Tor.

Auch wenn der Druck in der zweiten Hälfte nachlässt und Trainer Martino irgendwann wieder auf 4-4-2 umstellt (glücklicherweise mit meinem Lieblingsspieler der erste Partie, dem wunderbaren Aureliano Torres, als linkem Mittelfeld-Antreiber) - das ist alles wesentlich forscher interpretiert als bisher. Paraguay kann jederzeit einen Zahn zulegen, wenn es nötig sein wird, so klar hat man den Gegner im Griff.
Und belegt das in der Schlussphase dann auch mit dem zweiten Treffer.

Die Weiss'schen in Weiß

Die Slowaken sind nach dem Punkteverlust gegen Neuseeland merklich nervös und haben seltsam umgestellt.
Das sehr kreativ nach Channels angeordnete System des 1. Spiels haben sie zugunsten eines eher öden 4-5-1 in Fächerform (ein bissl wie Japan, aber ohne deren Drive) aufgegeben. Trainersohn Vladimir Weiss ist mit seinen Links-Rechts-Rochaden der einzige mit Witz. Vittek schaut mit der Außenspieler-Rolle überfordert aus, Kozak, der neue im zentralen Mittelfeld hat eine gute Frisur und Hamsik ist, das muss man sagen, als Spielgestalter doch eine kleine Enttäuschung. Würde nicht Skrtel hinten alles wegräumen (den Rest hält dann Tormann Mucha) wäre die Slowakei schon weg.

Bei Rückstand erst zehn Minuten vor Schluss mit einer echten Umstellung zu reagieren - zu spät.

Erinnert mich heute ein wenig an Österreich, der Nachbar: planlos, furchtsam. Obwohl: mit nur einem defensiven und gleich zwei kreativen Mittelfeldspielern und einem de facto-Dreier-Angriff würde sich Constantini nicht einmal gegen Malta aufzulaufen trauen. Ich ziehe den Vergleich wieder zurück.