Erstellt am: 16. 6. 2010 - 21:28 Uhr
WM-Journal '10-29.
Seit 1. Juni erscheint dieses WM-Journal zum Turnier in Südafrika - mit einer Ausgabe pro Spiel.
Hier auch in der schönen Übersicht.
Das WM-Journal gibt es auch als Podcast, einmal täglich, immer gegen Mittag.
Die Fakten zum Spiel Südafrika - Uruguay 0:3.
Offizielles: die FIFA-Seite und die WM-Spezial-Site der Sport-Kollegen.
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Ich hab' ein Deja Vu.
Diese Spiel, diese erste Hälfte hab ich schon einmal gesehen. Kürzlich. Von der Bafana Bafana. Gegen einen lateinamerikanischen Gegner.
Oder?
Das ist doch dieselbe angstmachende Halbzeit wie die gegen Team Mexico vom Eröffnungs-Abend dieser WM.
Österreich in ein bissl schneller - hintenherum, ideenlos im Aufbau, umständlich und wieder ist Mittelstürmer Mphelas Phlegma die auffälligste Emotion.
Wie gibts das?
Hat das Team von Parreira alles, was die 2. Halbzeit von damals gebracht hat vergessen? Oder hebt sie sich das für die 2. Hälfte auf, wegen der Dramaturgie.
Deja Vu
Ja, nur Mexico kam im ersten Spiel trotz drückender Überlegenheit zu keinem Tor, der heutige Gegner, das umgestellte Uruguay schon. Mit weniger Gelegenheiten, aber mit viel und echter strategischer Dominanz.
Und wieder einmal ist das was der südafrikanische Gegner auf den Platz stellt interessanter.
Tabarez hat sein 3-4-1-2 aufgegeben und ein nominelles 4-3-3 aufgestellt. Das ist aber - absichtlich - so windschief aufgestellt, dass man große Mühe hat, es zu durchdringen.
Die linke Seite mit den Porto-Spielern Fucile und Alvaro Pereira drückt enorm, während über rechts gar nix passiert. Dort tummelt sich hin und wieder der nominelle Stürmer Cavani. Offensiv ausgerichteter als der ist Forlan, der nominell hinter den Spitzen (Cavani und Suarez) agieren soll.
Verstanden?
Nein?
Keine Sorge: Die südafrikanischen Spieler auch nicht - die sind immer noch verwirrt. Sie haben aufgrund der seltsamen Spielanlage des Gegners nämlich das Gefühl, dass die einer mehr sind. Und das ist echt schlau gemacht vom Uru-Coach-Think-Tank.
Während auf der anderen Seite die Mittelfeld-Zentrale mit Lethsoconyane und Dikgacoi ganz gut funktioniert, schleichen die Kreativen davor wie geistesabwesend über den Platz. Modise und Pienaar sind nicht da, Tshabalala ist das 1. Spiel ein bissl zu Kopf gestiegen.
Umstellen wird Carlos Alberto Parreira, der Weltmeister, nicht, aber ordentlich Dampf wird er in der Kabine - damit es wieder gut ausgeht, wie im Startspiel.
Klarer Fall von "Sicher Nicht!"
Denn diesmal rettet die Bafana kein Tshabalala, kein Traumtor, keine Euphorie und kein Glück.
Es gab keine Steigerung, offenbar auch niemanden, der die müden Kerle von der Bank aus hätte fordern können. Denn die Leader auf dem Feld waren keine. Kapitän Mokoena ist, wie schon im ersten Spiel, viel zu schwach, Pienaar erfüllt die Rolle des Offensiv-Leaders ebensowenig wie Modise. Und es hilft auch das halbgare 4-1-4-1 nicht, wo Mphela raus und zwei neue Spitzen rein gehört hätten.
Also ritt das Team österreichisch in den Untergang: fehlerhafter und tapsiger Aufbau, keine Vertikalität, kein forciertes Interpretieren der eigenen Rolle und Aufgabe.
Im ersten Match war das südafrikanische Fazit noch: wie Österreich nur schneller.
Heute fiel das "nur schneller" auch noch weg.
Und der Vergleich der (wohl) ausgeschiedenen Veranstalter hält ja auch.
Taktische Schlauheit
Uruguay hat sich im Lauf des Spiels immer klarer mit seinem neuen System angefreundet, und zunehmend auch die rechte Seite (mit Maxi Pereira und Cavani) ins Spiel gebracht, so dass das verschliffene 4-3-3 zu einem 4-4-2 wurde. Forlan spielte sich weiterhin direkt hinter Suarez frei und weil die Offensiven vor den 6 für die Defensive Zuständigen völlig frei bewegen und den gesamten Platz beackern gibt es eine Szene nach der anderen.
Dass die entscheidenden Situationen allesamt eng waren (Forlans Unterlatten-Knaller leise abgefälscht, der Elfer samt Roter Karte überhart...) ändert nichts dran, dass die aktivere und auch taktisch wesentlich schlauere Mannschaft heute gewonnen hat.
Ob die lahme Leistung der Bafana Bafana jetzt auch das Land lähmen wird und die Begeisterung abschwächt - ich kann's mir nicht vorstellen. In Südafrika pfeifen die Vuvuzelas für die anderen Afrikaner und dann halt immer für die Teams die schön anzusehen sind. Glaub ich in meiner positiven Naivität jetzt einfach einmal.