Erstellt am: 16. 6. 2010 - 20:51 Uhr
10festival: Anna Aichinger & Doychinoff
Montag abend, das Wiener Modevolk versammmelt sich im runden Turm namens Semperdepot zu den Fashionshows der departure fashion night. Departure ist ein Büro, das die creative industries in Wien fördert, und die diesjährigen FörderkandidatInnen zeigen ihre aktuellen Kollektionen.
jork weismann
Der Runway von mija t. rosa geht in aller Bescheidenheit fast unter, zu auffällig sind die Shows der anderen.
Doychinoff zeigt ein Video von Kohl über Gorbi bis Panzer in Budapest, passend zur Kollektion, die mit politischen Symbolen spielt und sich zwischen russischen Orden und ladygagaesken Strukturen bewegt.
Die Hüte von Mühlbauer werden rücklings vom Wiener Zweier-Outfit Madchen Amick berockt.
Und für die Accessoires von AND_i werden Tänzerinnen aus Oper, Konservatorium und Dance Art erst mit Mullbinden eingefascht und gehen dann auf der Spitze über den Laufsteg.
Unsere Eindrücke schwanken zwischen Grace Jones, Silent Hill und "Oh, das fehlt den Models also - Muskeln!"
Sommer, komm!
Und was macht Ober-Darling Anna Aichinger? Wie wir im Video-Interview (siehe unten!) erfahren: Die junge Meisterin der intelligenten Sexyness zeigt erstmals eine Kollektion ganz ohne die Farbe schwarz.
Ihre Pre-Summer '11 Collection "Beyond Grey Gardens" trägt, so Aichinger, "wahnsinnig viele Farben. Der Winter war einfach extrem lang diesmal. Im März hat es mich dann schon in den Fingern gejuckt, im April noch mehr, und im Mai dann noch mehr: Farbe! Farbe! Farbe!".
Erstmals gibt es auch eine Anna-Aichinger Handtasche aus weichem grauem oder fuchsienfarbigem Leder. (Alarm! Handtaschen und Accessoires stehen meist für den ernsthaften Willen eines Labels jeglicher Größe, es jetzt mit dem Kommerz richtig angehen zu wollen.)
Auf dem Laufsteg: Doychinoff und Anna Aichinger
Auf, neben und hinter dem Laufsteg haben Robert Glashüttner
und Eva Brunner gefilmt.
Shanghai
Aichinger, die auch für einen der Austrian Fashion Awards nominiert ist, freut sich über die Departure-Förderung. Ein Modelabel verschlingt, bevor es bekannt wird, viel mehr Geld als eine Band oder eine Internetfirma. Obwohl sie ihre verführerischen Kleider letzten Monat in Shanghai präsentieren durfte und nächsten Monat in New York, heisst das nicht gleich: Umsatz und Reichwerden.
Andi Lackner / Perfectprops
"Shanghai war aufregend. Die Stadt hat mich an Gotham City erinnert. Dort herrschen immer Smog und Nebel - über allem liegt ein Dunst, nie hat man direktes Sonnenlicht. Durch das diffuse Licht ist es beinahe eine Stadt ohne Schatten. Die Architektur ist teil englisch-französisch aus dem 20. Jahrhundert und teils hypermodern und sieht manchmal aus, als wäre ein UFO auf dem Dach eines Hochhauses gelandet."
Lady Gaga
Während man sich das Kleine Strukturierte Weisse von Doychinoff sehr gut an Lady Gaga vorstellen könnte, würde Anna Aichinger nur sehr bedingt in Schnappatmung verfallen, stünde das Popphänomen mit der Bitte um Kleidung auf der Matte. "Natürlich habe ich auch für sie etwas zum Anziehen. Allerdings kleide ich sonst lieber Frauen ein, die nicht auf der Bühne leben und arbeiten, sondern die im Leben stehen und dort etwas Anzuziehen brauchen. Die stelle ich mir stark vor, weiblich, stolz, voll Kraft, intelligent, wunderschön. Ich möchte Sachen entwerfen, bei denen man der Trägerin zuallererst immer noch ins Gesicht schaut."