Erstellt am: 15. 6. 2010 - 16:53 Uhr
WM-Journal '10-23.
Seit 1. Juni erscheint dieses WM-Journal zum Turnier in Südafrika - mit einer Ausgabe pro Spiel.
Hier auch in der schönen Übersicht.
Das WM-Journal gibt es auch als Podcast, einmal täglich, immer gegen Mittag.
Die Fakten zum Spiel Portugal - Côte d'Ivoire 0:0.
Offizielles: die FIFA-Seite und die WM-Spezial-Site der Sport-Kollegen.
Alle FM4-Stories zur WM, alle Rundherum-Geschichten aus Südafrika.
Selbst von Kollegen anderer Medien besuchtes und gelobtes Public Viewing beim FM4 WM Quartier im Wiener WUK.
Nein, ich will kein Gegreine von wegen "so hart!" und "kein Spielfluss!" hören - so ist das (auch im Leben) eben: an manchen Tagen gehts härter und enger ab; und auch die wollen gelebt werden. Fußball bedeutet eben nicht, dass alles immer unter den ewig gleichen Labor-Bedinungen stattfindet, sondern: Unabwägbarkeit. Deswegen sehe ich zum Beispiel zu.
Deshalb interessiert mich auch mehr, wie diese beiden Klasse-Teams diese wichtige Spiel angegangen sind. Weil da beide überrascht haben.
Portugal fast noch mehr.
Kein 4-3-3 wie zu erwarten, mit Ronaldo am Flügel.
Carlos Queiroz, der in Mosambik geborene, hat sein Team auf genau den heute zu erwartenden Gegner eingestellt und ein, hm, wie soll ich's nennen..., ein 4-2-Gehtscho-Gemma! rausgeschickt.
Vierer-Abwehr, davor unverrückbar Mendes und Mereiles und davor vier Offensive, die machen dürfen, was sie wollen. Weil sie allesamt Weltklasse sind, geht sich das aus. So kommt Deco meistens über halbrechts, Danny über halblinks, und Ronaldo agiert zentral hinter Liedson, der recht deutlich seine Mittelstürmer-Position hält. Deco-Danny-Ronaldo hingegen dürfen alles.
Vielleicht nützen sie das ein wenig zu wenig aus.
Das hat aber seinen Grund - einen starken Gegner.
Klassisches Einander-Neutralisieren also
Svengo Eriksson, noch ein Schwede in Afrika, hat die Côte d'Ivoire in 4-3-3 aufgestellt, im exakt selben System, mit dem gestern Kamerun ins Spiel ging. Und man zeigt, dass der Grund der Niederlage nicht am taktischen System lag - denn die Ivoirer spielen das bis jetzt recht sicher aus, vor allem die drei im Mittelfeld. Yaya Toure hat sich glücklicherweise wieder auf die defensivere Position zentral zurückgezogen, und weil Eboue halbrechts und auch Tiote halblinks in guter Form spielen, klappt es mit der Versorgung nach vorne in den Dreiersturm, in dem Gervinho rechts und Kalou links auffällig sind. Wohingegen Veteran Dindane als Drogba-Ersatz in der 9er-Postion unsichtbar bleibt. Das riecht nach Doumbia in der 2. Halbzeit.
Erikssons wichtigste Tat ist ein Rückzug.
Er hat den bislang unumstrittenen Chef in der Mittelfeld-Zentrale, Didier Zokora, dort rausgenommen und in die Problemzone Abwehr verfrachtet. Das löst dort hinten (womöglich) ein Problem, erspart dem Team aber den Zickenkrieg Didi gegen Yaya im Mittelfeld (einer der vielen absurden Fraktions-Kämpfe dieses Diven-Haufens).
In der 2. Halbzeit
löste Eriksson dieses gerade einmal so kurz erprobte System dann auch nicht auf, überraschte nur durch seltsame Wechsel-Politik. Sowohl Kalou als auch Gervinho, die beide noch Power in den Beinen hatten, mußten raus, dafür durfte der unsichtbare Dindane bleiben und auf den Flügel raus.
Ja, und nix mit den Schweizer Jungstar Doumbia - es kam der Chef persönlich: die Wunderheilung des Didier Drogba ließ 30 Minuten zu. Die hatten allerdings eher psychologische als spielerische Wirkung. Das ist noch kein vollfitter Drogba.
Trotzdem: die Cote d'Ivoire hat sich, gerade noch rechtzeitig, nach einer Talfahrt in den letzten Monaten, stabilisiert und gefangen. Das ist alles noch eckig, aber kann noch werden.
Portugal wirkt vor allem hinten sehr sehr sicher - dafür dann aber vorne, trotz Freiheiten für Ronaldo und die anderen, genau gar nicht torgefählich. Liedson ist nicht das erhoffte Stürmen-Wunder und der verletzte Nani geht total ab. Und: bis auf Hugo Almeida (von Werder) haben wir in diesem Spiel bereits alles gesehen, was Queiroz an Offensiven mitgenommen hat. Zu wenig.
Das sind eben keine Geheimfavoriten
Mit anderen Worten (und da darf ich ein wenig auf die Preview verweisen: diese beiden Teams sind eben weder "Große" noch echte "Geheim"-Favoriten.
Denn: niemand auf den die weltweiten Wetter viel Geld setzen ist "geheim". Und zu favoriten fehlt es den Ivoirern eben aktuell vor allem an der mannschaftlichen und spielerischen Substanz und den Portugiesen an der durchschlagkräftigen Offensive.
Dass sie weiterhin überschätzt werden werden, hat mit der Dramaturgie dieser WM und der Tatsache, dass man da sowas eine Todesgruppe braucht um diverse gruselige Metaphern herumschleudern zu können.