Erstellt am: 12. 6. 2010 - 14:28 Uhr
WM-Journal '10-13.
Seit 1. Juni erscheint dieses WM-Journal zum Turnier in Südafrika - mit einer Ausgabe zu jedem Spiel.
Hier auch in der formschönen Übersicht.
Das WM-Journal gibt es auch als Podcast. Heute erst verspätet, sorry dafür!
Die Fakten zum Spiel Südkorea - Griechenland 2:0.
Das FM4 WM Quartier im Wiener WUK
Alle FM4-Stories zur WM, alle Rundherum-Geschichten aus Südafrika, wie etwa Johnny Bliss' tolle Vorort-Reportage.
Offizielles: die FIFA-Seite und die WM-Spezial-Site der Sport-Kollegen.
Es fällt mir nicht schwer keine Häme zu entwickeln, was die griechische Vorstellung betrifft. Das ist nur die konsequente Fortsetzung des Dramas, das eigentlich erst begann, als ein gesamter Verband und eine gesamte Öffentlichkeit nach einem wirklich komplett zufällig zustandegekommenen Erfolg ihre Seele verschrieben haben wie der Herr Faust. Nicht dem Teufel, sondern der Mumie.
Die Mumie ist schuld, aber: Wie soll sie auch leben?
Eine Mumie lässt eben toten Fußball spielen. Was sonst?
Da ist eher Mitleid angebracht, noch dazu, wo das griechische Image grade aus anderen, den sattsam bekannten EU-wirtschaftspolitischen Gründen, ohnehin schon im vorletzten Untergeschoß anzusiedeln ist. Und eben keine Häme.
Denn die unzähligen Schwächen dieser Mannschaft, ihre fehlende Schnelligkeit, ihre Mangel-Erfahrung, was Spielgestaltung betrifft, ihre traditionelle Überalterung, die Abwesenheit von Spielwitz, sind zumindest in einzelnen Teilbereichen gut präpariert. Die Standard-Situationen sahen allesamt gefährlich aus. Und die Strategie der weiten Crosses aus dem Halbfeld ist ja prinzipiell nicht verkehrt, wenn sie halbwegs präzise kommen würden.
Weil aber eine Mumie keine lebendigen Impulse setzen kann, und weil das nach italienischen WM06-Vorbild zusammengesetzte und lähmend langsame Destruktions-Mittelfeld auch mausetot agiert (Karagounis den 10er zu geben und Ninis draußen zu lassen, das ist ein echt makaberer Scherz), kann sich nichts entwickeln.
Ein Off Topic-Wort zu den Kommenatoren-Kollegen und ihren Schwierigkeiten mit taktischen Formationen.
Wenn man uns Seitaridis, der schon bei der EM 04 als rechter Verteidiger auffällig war, heute als Linksverteidiger verkaufen will, weil das auf einer vorgefertigten Aufstellung so draufstand, okay. Wenn man das allerdings in den ersten Minuten, in denen er - wie immer halt - rechts herumläuft, aufrecht erhält, dann muss ich schon ächzen.
Aber: wenn man dann Anfang der 2. Halbzeit plötzlich glaubt eine Umstellung auf eine Dreierkette zu erkennen, wo weiterhin eine Vierer-Abwehr spielt, dann tut das echt weh...
Huh!
Die Koreaner, von denen ich mir ja nicht so viel erwartet habe, spielen ihr 4-4-1-1 wirklich passabel durch: eine mitdenkende Mittelfeld-Zentrale (Herr Ki von Celtic, bravo!), und wirklich zupackende, mitreißende, vorwärtspreschende Flügel-Pärchen (Du Ri Cha und der Lee von Bolton rechts und der sehr auffällige 12er Lee und Kapitän Park links) sind die Seele dieses auf Tempo und schnelles Ausschwärmen angelegten Offensive.
Einziges Problem, zur Halbzeit zumindest: nur ein Tor gemacht. Und nein, das "Es hätt Elfer geben müssen!"-Gejammer interessiert mich da gar nicht. Huhs gut geschüttelte Legionärs-Truppe könnte das. Und muss auch: gegen Nigeria und Argentinien wird's schwerer. Die werden zwar von einen Naserl und einem Eiskasten gecoacht, aber die leben zumindest allesamt noch.
Lächerlich-Machung
Die Mumie macht sich in der Halbzeit bemerkbar und wechselt den offensivsten der drei destruktiven Mittelfeldspieler gegen einen weitere Destruktiven. Vielleicht glaubt die Mumie ihr Team führt in diesem Spiel, Reste von Erinnerungen zucken wie Phantomschmerzen durch den balsamierten Körper, Flashes aus der Zeit, ehe das Hirn durch die Nase gezogen wurde...
Die Mumie ändert auch mit den restlichen verbliebenen Wechseln nichts am Zustand ihrer Untergebenen, bleibt im toten System. Kein Ninis, der was unternehmen könnte. Wie sollte er auch aktiv eingreifen? Dazu müsste er noch am Leben sein.
Außerdem ist es zu diesem Zeitpunkt eh schon egal. Park, der logische Kapitän (er ist, das belegt sein Engagement bei Manchester United der klar beste Spieler dieses Teams) überläuft die zwei Schnarchnasen in den Innenverteidigung und überlupft Keeper Tzorvas, den einzigen Spieler in Normalform. Und damit ist der Keks auch schon gegessen, die Halbtoten haben keine Chance aus so einem Rückstand zurückzukommen.
Aber: was wird das wert sein?
Danach beginnen die Südkoreaner den Gegner teilweise mit Ballstafetten lächerlich zu machen, lassen das aber bleiben, verlangsamen das Spiel, der Schonung wegen, was dazu führt, dass die langsamen Griechen wieder reinkommen ins Match. Was aber keine ernsthaften Auswirkungen hat.
Der entscheidende Unterschied zwischen den beiden Teams/Philosophien ist die Interpretation des Spiels im zentralen Mittelfeld.
Bei den Griechen drei Ballschieber, die Angst haben, den Ball zu bekommen und ihn dann nach vorne dreschen.
Bei den Südkoreanern zwei aktive Gestalter, die - wie das heutzutage eben notwendig ist - sowohl Abräumer- (also 6er-) Qualitäten als auch Aufbau-Fähigkeiten haben. Der 8er-Kim ist dann eben ein echter 8er, der junge Ki von Celtic desgleichen: Umschalter, Stratege, Denker und Handler.
Die Frage wird sein, was das überlegte und gute Spiel der Südkoreaner gegen Argentinien und vor allem Nigeria, wohl ihren Konkurrenten um den Aufstieg, wert sein wird. Denn da werden andere Kaliber auffahren.