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Christian Holzmann

Snap your fingers, snap your neck.

12. 6. 2010 - 13:40

Nova Rock 2010 - Tag 1

Zu frühe Dillinger Escape Plan, Slash als die wahren Guns N' Roses, ein extrem konfuser Scott Weiland und von Rammstein wurde die Blue Stage doch nicht in Schutt und Asche gelegt.

Greg Puciato von Dillinger Escape Plan

Dominique Hammer

Dillinger Escape Plan

Wie schon gestern von mir erhofft traf die Gluthitze am ersten Tag des Nova Rock 2010 tatsächlich ein. Dillinger Escape Plan waren die erste Band des Festivals und mussten bereits zur Mittagszeit den, ähem, Anheizer auf der Blue Stage geben. Man muss sich schon ein wenig auf den als "Mathcore" bezeichneten Stil der Herrschaften einlassen wollen, denn wer sich leichte Kost mit "Hey Ho" und kollektivem auf und ab Gehüpfe inklusive Mitklatscherei erwartet hat, ist hier schlecht aufgehoben. Wer sich aber ein wenig mehr mit den Herren beschäftigt, wird sie so sehr lieben wie meine Kollegin Nina Hofer, die das Wort "Mathcore" gerne mit einem zufriedenen Mhhmmm einleitet.

Diese Band um 12.30 Uhr zu hören ist ja schon fast wie Wienerschnitzel zum Frühstück, wenn Dillinger Escape Plan ihren Frickelmetal zwischen Freejazz, Rock, Doom, Punk und wer weiß was noch alles da zum Besten gaben. Die prototypische Festivalband sind sie mit ihrer herben Kost ja nun nicht und kämen in einem Club wesentlich besser zur Geltung. Dillinger selbst nahmen es allerdings locker und sahen es sogar als eine "fuckin' Honour" an, als erste Band am ersten Tag eines Festivals aufzutreten. Sollten sie darüber verärgert gewesen sein, haben sie es gut verborgen.

Jene, die da waren (und derer waren es gar nicht wenige), wussten den Auftritt sehr zu schätzen und es werden nach dem Konzert mit Sicherheit einige Fans dazugekommen sein. Von 12.30 bis 13.05 Uhr wurde der geneigten Zuhörerschaft jedenfalls so ziemlich alles an Musikstilen um die Ohren geblasen, was einem stiltechnisch gut und teuer ist. Wer solche Rhythmuswechsel bewerkstelligt, kann wahrscheinlich alles spielen. Dillinger Espace Plan können es mit Sicherheit.

Fuckin' this und fuckin' that und irgendwie AC/DC

Bei den darauf folgenden beiden Bands Hellyeah und Airbourne kann man allerdings mit Fug und Recht behaupten, dass diese die beinah klassische Festivalband verkörpern. Während beim Schreiben dieser Zeilen die Bässe von Subway To Sally gerade dabei sind, unsere Sauna namens Arbeitscontainer ordentlich durchzurütteln, haben wir die Zählung jener Sätze längst aufgegeben, die beim Sänger von Hellyeah mit einem "Fuck" begonnen haben. Nun ja, Southern Metal mit Ex-Pantera Vinnie Paul am Schlagzeug und Mudvayne Sänger Chad Gray sollte eigentlich was können, wie andere Bands mit Mitgliedern mehrerer sehr guter bis legendärer Kapellen (ein Schelm wer Audioslave denkt) rissen mich Hellyeah genau so wenig mit.

Auch die Australier Airbourne machten ihre Sache zwar gut mit ihrem AC/DC Stampfrock und sicher sind das sehr nette Kerle, mit denen man mal gerne auf ein Bier gehen würde. Ok, AC/DC mögen inzwischen eh so gut wie alle, nur muss man denn jetzt wirklich so dermaßen extrem einen auf Bon Scott & Co. machen, sodass jeder Songstart fast wie eine Coverversion der Vorbilder klingt? Der grottenschlechte Sound machte das leider auch nicht unbedingt zu einem Ohrenschmaus. Sollte das an anderer Position besser gewesen sein, hatte man Glück.

Kein Zweifel, Slash IST Guns N' Roses

Slash

Dominique Hammer

Das Gefühl vor dem Auftritt von Slash war ein eher mulmiges, erinnert man sich an den desaströsen Auftritt von Guns N' Roses auf dem Nova Rock 2006, an dem der Ausnahmegitarrist bekanntermaßen nicht beteiligt war. Das Soloalbum von Slash ist ja ein recht gelungenes Rockalbum unterstützt durch Größen wie Chris Cornell (Soundgarden), Iggy Pop, Lemmy (Motörhead) oder Ian Asthbury (The Cult). Auch Myles Kennedy von Alter Bridge (quasi Creed ohne Scott Stapp) war auch einer jener, der dem einem der Songs seinen gesanglichen Stempel aufdrückte und mit genau diesem Herren ist Slash im Moment unterwegs, um dessen Solowerk live darzubieten.

Dass dieses nicht leichte Unterfangen einfach nur gelungen ist, wäre eine starke Untertreibung, denn Slash und seine Musiker waren phänomenal. Myles Kennedy nahm ohne jegliche Anstrengung jede Hürde an Tonlagen und eigentlich sollte man Axl Rose ein paar Gesangsstunden unter der gestrengen Fuchtel des Herrn Kennedy vorschlagen.

Auch jenes Gerücht, dass sogar Songs von Guns N' Roses gespielt werden sollten, bewahrheitete sich mit "Civil War", "Paradise City" und "Sweet Child O' Mine". Das verursachte einem schon so manch nostalgischen, aber sehr wohligen Gänsehautschauer und während dieser Songs merkte man, wie sehr einem Guns N' Roses in ihrer Originalbesetzung fehlen. Slash kam dem Original jedenfalls wesentlich näher als Axl Rose, der zwar die Rechte auf den Bandnamen besitzen mag, diese aber spätestens nach diesem Auftritt an Slash übergeben sollte. Vielleicht sollte Slash sowas machen wie "Slash plays Guns N' Roses", ähnlich wie es John Garcia gerade mit Kyuss macht und letztens in der Wiener Arena sehr gut gelang. Der Besuch einiger Fans inklusive mir wäre ihm sicher.

Gute Miene, böses Spiel

Scott Weiland von den Stone Temple Pilots

Dominique Hammer

Scott Weiland

Was der Auftritt der von mir mit Vorfreude erwarteten Stone Temple Pilots sollte, würde ich Scott Weiland gerne fragen, nachdem der selbigen aber sowas von in den Sand gesetzt hatte. Gerade bei dieser Band war meine Vorfreude um so größer, rauften sie sich nach ihrer Trennung vor ein paar Jahren nun doch wieder zusammen, nachdem ich sie schon unter "Schade, nie live gesehen" abgehakt hatte.

Als sie während smoothen Lounge Gegniedels die Bühne betraten und die Stimmung im Publikum etwas eigenartig bis ignorant war, mag das vielleicht auch an Rammstein-Fans gelegen haben, die eben nichts anderes hören wollten. Nicht unbedingt nett gegenüber all jenen, die wegen der Stone Temple Pilots da waren, als mit "Vasoline" das Set allerdings eröffnet wurde, wollte ich erst meinen Ohren nicht trauen, denn das wollte man nicht hören. Sobald Herr Weiland mit dem "Gesang" einsetzte, war nicht nur meine Vorfreude vorbei, ich war regelrecht entsetzt. Mit Ausnahme einiger kurzer Lichtblicke konnte man das als gequälten Versuch singen zu wollen bezeichnen und teilweise waren die Töne ganz einfach daneben.

Die Ursache dafür kann man nur vermuten, wenn ein Sänger sich aber wankend am Mikrofonständer fest hält und teils unverständliche bis lallende Ansagen macht, kann man sich zumidnest einen Reim darauf machen. Im Gegensatz dazu die Band, die äußerst druckvoll spielte, die ersten paar Sekunden jedes Songs waren aber eben nur bis zu dem Moment gut, als Scott Weiland da irgendwas zu singen versuchte. Der tänzelte noch dazu auf der Bühne herum wie eine Ballerina und kam sich bei all dem offensichtlich noch ganz großartig vor. Die Krönung war dann der Versuch, das Mikrofon an einer Stelle ins Publikum zu halten, als es da nicht wirklich etwas zum mitsingen gab.

Robert DeLeo (Bass), Dean DeLeo (Git.) und Eric Kretz (Schlagzeug) konnten einem schon irgendwie leid tun und man vermeinte es ihren Mienen auch anzusehen, das da etwas ganz und gar daneben lief. Am Ende besserte sich das mit Weilands Stimme zwar ein wenig, beim vorletzten Song "Dead & Bloated" kam allerdings wieder der stimmliche Absturz, was ich mir dann wirklich nicht mehr länger antun wollte. Die Stone Temple Pilots könnten wirklich verdammt gut sein, ja sie hätte sogar manche der Rammstein-Fans für sich gewinnen können. Mit einem nicht ganz auf der Höhe scheinenden Scott Weiland kann das allerdings nichts werden.

Böse Miene, gutes Spiel

Der Vorhang fällt pünktlich um 23.45 Uhr und das gleich zwei Mal. Erst der schwarze, gleich danach einer in Form einer, ähem, deutschen Fahne, Tschinderassa Bumm, Explosion, Tusch, das "Rammlied" böllert los und alle singen mit.

Dass Rammstein live trotz vehementem Einsatz von Pyrotechnik nie was anbrennen lassen, ist wohl allen bekannt, auch jenen, die sie nicht mögen und sich darüber wundern, warum das jemand mag.

Die Bühne selbst war ein Art Mischung aus einer Kulisse von "Das Boot", "Alien" und "Blade Runner". Raketen wurden verschossen, Feuerwerke gezündet, Sänger Till Lindemann schoss gar mit einer Art mehrläufigem Pfeil und Bogen Richtung Mischpult, das Mischpult schoss irgendwie zurück und die Flammen von der Decke der Bühne bei "Du Hast" ließen fast befürchten, dass bald die Band selbst in Mitleidenschaft gezogen würde. Später ließ sich Keyboarder Flake dann auch per Schlauchboot über das Publikum schippern. Auch nicht unlustig.

Eine kurze Schrecksekunde verursachte jener Herr, der da plötzlich auf die Bühne sprang und gleich in Flammen war, natürlich war aber auch das Teil des ganzen Schauspiels. Man kennt sowas schon von Metallica, die auf ihrer "Load" Tour den Totalzusammenbruch ihrer Bühne vorgaukelten und Scheinwerfertechniker brennen ließen.

Mir fehlten ja bei dem Konzert ein paar meiner persönlichen Favoriten wie "Rammstein" oder "Wollt ihr das Bett in Flammen sehen?", nach über 15 Jahren müssten die Herren aber wohl ein Set von über drei Stunden hinlegen, um alle anwesenden Fans zufrieden zu stellen.

Rammstein Ersatz

Christian Holzmann

Hier könnte ein Bild von Rammstein stehen, da wir aber leider keine Bilder des Konzerts online verwenden dürfen, müssen Sie mit meinen Katzen vorlieb nehmen. Links Till Lindemann, rechts Flake.

Rammstein mögen bei vielen wie z.B. Laibach oder Clawfinger abgekupfert haben, ihre Mischung aus EBM, Industrial und Metal ist trotzdem einzigartig und wiedererkennbar. Dass auch die Zugabe exakt so geplant war und pünkltlich um 1.15 Uhr das Konzert beendet wurde, war zu erwarten. Die große Kommunikation mit dem Publikum blieb wie üblich aus, ist mir aber immer noch lieber, als wenn dauernd jemand fragt, ob wir eh alle gut drauf sind. Nachdem Rammstein sich nicht nur höflich verneigen, sondern sich auch respektvoll vor dem Publikum niederknien, ist das Spektakel denn auch wirklich vorbei. Schön und heiß war es, vor Nickelsdorf steht Mickey Mouse und ich freue mich speziell auf Slayer am zweiten Tag des Nova Rock.