Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Song Zum Sonntag: The Drums"

Boris Jordan

Maßgebliche Musiken, merkwürdige Bücher und mühevolle Spiele - nutzloses Wissen für ermattete Bildungsbürger.

6. 6. 2010 - 14:27

Song Zum Sonntag: The Drums

Tod und Sonnenschein: Best Friend

Wir waren beste Freunde, ich hab immer auf dich gewartet, auf deiner Motorhaube bin ich gesessen. Ich habe geträumt, dass du wieder einmal wegdriftest, du bist oft weggedriftet, aber ich konnte in deinen Augen immer sehen, dass es wieder gut werden würde. Aber dann kam es anders, ich war 23 und du warst 25 und es war nicht ok – wie soll ich jetzt nur überleben.

Der Song zum Sonntag ist eine Kooperation zwischen FM4 und der Presse am Sonntag und erscheint hier wie dort, wo sich der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar der Kolumne annimmt.

Die Drums aus Brooklyn vereinen einige Features, die fruchtig süße Jungsbands seit The Knack oder den Bay City Rollers unbedingt benötigen: Hübscher Frontmann, Ahhh / Ohhh /Hey-Refrains in Dur (der hier ist düsterer und eindeutig von "Heaven" von den Psychedelich Furs geklaut), pumpende Bassläufe, lustige Kleidung (bei ihnen sind es die Hochwasserhosen und Krawatten der erwähnten Bands), ähnliche Frisuren, und gerne auch eine freizeitfetischisiernde "Hey Ho let’s Go" Attitüde, wie sie die Drums mit ihrem Debut "Let’s Go Surfing" anklingen ließen.

Band "The Drums"

The Drums

Connor, Adam, Jacob, Jonathan sind The Drums.

Bei den Drums scheint es so, als ob sie dieses Wissen schon hatten. Etwas, was ich schwedischen Bands gerne vorwerfe, das "ausgedacht"- Sein und auf-Teufel-komm-raus-so-lange-Durchdeklinieren-bis-alle-Fehlerquellen-ausgemerzt-sind, das Ausleben eines feuchten Svengali Traums einer (fiktiven oder realen) "älteren Musikjournalisten" Vaterfigur - hier scheint es zum Vorteil zu gereichen.

Diese Jungs zelebrieren die Abgebrühtheit und das Wissen um all die Elemente, tragen diese selbstgewählte Einordnung in ein Teen Klischee vor sich her, sodass man glauben mag, sie könnten alles tun, wenn ihnen dereinst das Erwähnte auf die Neven geht, sie langweilt oder ihnen nicht mehr verfügbar ist.

Mehr über The Drums von Christian Lehner demnächst hier



Zu dem Wissen um Style und Momentum kommt bei ihnen nämlich noch eine geschmackvolle Verortung in der düsteren Ecke der für Spaßmusik Vorgesehenen, einer Ecke aus Tod, Sucht, Depression und Melancholie, die also (wie im Kalifornien von Mike Davis) das Gegenteil der hedonistischen Jugendmessage schon dialektisch in sich trägt. Die Ecke, in der sich Brian Wilson versteckt hielt, aus der sich Scott Walker herausgeschält hat, mit Hilfe von Ausflügen in jene sich Morrissey die Kraft für seine Selbstvergöttlichung geholt hat und aus der immer wieder helle, dünne, klare Stimmen wie die von Richard Butler herausgeschallt sind. Wer hier wissend wohnt und von hier aus den Tod des Freundes beklagt, der kann sich zugleich in Heroinland und in Top Of The Pops breitmachen, ohne aufs Ablaufdatum schauen zu müssen und - wenn Daddy das Surfboard weggepackt hat - Burroughs und Carver lesend den Hörer gerade dann nicht abheben, wenn Justin Bieber in die Reha Klinik gefahren werden will.