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Markus Keuschnigg

Aus der Welt der Filmfestivals: Von Kino-Buffets und dunklen Sälen.

4. 6. 2010 - 16:15

Fackeln im Sturm

Eine Anwältin im Kampf gegen einen Kriegsverbrecher: Gewinn Tickets für die FM4 Kinopremiere von Hans-Christian Schmids "Sturm".

Es gibt ja gar nicht wenige, die behaupten, dass das politische Kino tot ist. Dass all das, was man heutzutage unter diesem Begriff geneigt ist zusammen zu fassen, nicht viel mehr ist, als nach allen Seiten abgesicherte Unterhaltungsprodukte wider den Korporatismus und Kapitalismus, gut erzählt, leicht verdaulich, ohne inhaltliche oder ästhetische Widerhaken. Auf den ersten Blick fällt auch Hans-Christian Schmids Politkrimi Sturm in diese Kategorie: ein Gemeinschaftsprojekt mehrerer europäischer Länder (bis vor wenigen Jahren als Euro-Pudding bezeichnet), gefördert von einer Vielzahl an Institutionen, das nach seiner Weltpremiere im Wettbewerb der Berlinale 2009 für ein kollektives Achselzucken und Augenbrauenheben gesorgt hat. Das soll der neue Film des deutschen Wunderkinds Schmid sein, der mit aufregenden, immer leicht gegen den Flow gebürsteten Arbeiten wie Crazy und vor allem Requiem international für Furore gesorgt hat? Ein unaufgeregter Krimi, den man beim ersten Drüberschauen für eine bessere Tatort-Episode halten könnte?

Gericht

Filmladen

Einblicke ins Kriegsverbrechertribunal in Den Haag: Sturm

Ein leichtes, leises Säuseln

Tatsächlich betritt der Regisseur mit „Sturm“ Neuland, obwohl er sich bereits mit Lichter an einem tagesaktuellen politischen Thema abgearbeitet hat: zum einen hält er sich formal zurück, der polnische Kameramann Bogumil Godfrejow zeichnet eher protokollarisch auf, als dass er in Bildern erzählen würde, sogar der Soundtrack von The Notwist bleibt vornehm im Hintergrund. Zum anderen setzt Schmid, bekannt für seine frei fliegenden Stoffe, hier auch auf Didaktik, bemüht sich Lichter zu werfen auf die Verstrickungen und Undurchsichtigkeiten innerhalb des Den Haager Kriegsverbrechertribunals.

Frau

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Kerry Fox als Hannah Maynard

Hannah Maynard (gut: Kerry Fox) ist Anklägerin ebendort, zuständig für die Kriegsverbrechen während des Balkankriegs. Mit dem vor Kurzem fest genommenen Goran Duric, der im Verdacht steht, als serbischer Kommandant die Vergewaltigung, Folterung und Ermordung von bosnischen Zivilisten befehligt zu haben, hat sie einen großen Fisch an der Angel, einen, der auch ihre Karriere anschieben könnte. Doch schon der erste Zeuge macht eine Falschaussage, gefährdet damit den Prozess und erhängt sich schließlich in seinem Hotelzimmer. Bei ihren weiteren Recherchen lernt Hannah dessen Schwester Mira kennen: die junge Frau lebt mittlerweile in Deutschland, will ihre Vergangenheit vergessen. Sie ist die einzige, die Duric festnageln kann. Aber dafür muss Mira die Sicherheit ihrer Familie aufs Spiel setzen.

Familie

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Mira Arendt (Anamaria Marinca) mit ihrer Familie

Krieg der Welten

In Schmids Filmen krachen immer Welten aufeinander: ein körperlich behinderter Schüler trifft auf gesunde Gleichaltrige, ein Verschwörungstheoretiker auf Vernunftgesteuerte, hier eben jetzt eine Anklägerin mit Gewissen auf eine politisch aufgeladene Rechtssprechungsmaschine. In Momenten, in denen sich Hannah entscheiden muss für das, was man moralische Wahrheit nennen kann und gegen das, was die Vorgesetzten ihr vorschreiben, in denen sie Geschäftemachereien beobachtet, die nichts mit dem Wohlergehen der überlebenden Zivilopfer zu tun haben, da weht dieser „Sturm“ am kräftigsten.

Schließlich erlaubt sich Schmid sogar einen utopischen Funken, die Ahnung einer Welt, in der ganz klar ist, was man tun und wie man sich verhalten muss, einer Welt, die es in dieser Form nur im Kino geben kann. Und dann wird einem bewusst, dass „Sturm“ tatsächlich ein durch und durch politischer Film ist: eben weil er sich keinen Zynismus erlaubt, sondern sich zu Träumen hinreißen lässt. Unter der blechernen Fassade diesen unscheinbaren Films, da pocht die Leidenschaft ganz stark. Vielleicht ist es also gar kein Problem dieses Films, dass er so achselzuckend wahrgenommen worden ist. Wahrscheinlich sogar ist es ein Problem dieser Gesellschaft, dass sie vergessen hat, genauer hinzusehen, verlernt hat, Nuancen wahrzunehmen.

Frauen

Filmladen

Die eine braucht die andere zum (Ver-)Arbeiten: komplexe Verhältnisse in Hans-Christian Schmids "Sturm"

FM4 Kinopremiere "Sturm"
Mittwoch, 9. Juni, 20 Uhr
Votivkino (Währinger Strasse 12 , 1090 Wien)

25x2 Tickets zu gewinnen!

Wer an der Kartenverlosung für die FM4 Kinopremiere von "Sturm" teilnehmen will, muss sich nur der folgenden Aufgabe stellen: Auf untenstehendem Bild ist ein Polaroid einer Figur, die _nicht_ aus einem Film von Hans Christian Schmid stammt. Wie lautet der Name des Films aus dem diese Figur stammt? Die richtige Antwort und euren ganzen Namen bitte an game.fm4@orf.at schicken.

Collage mit Filmausschnitten

Euro-Video, FIlmladen

Die richtige Antwort: Herr Lehmann

Die GewinnerInnen wurden bereits via E-Mail verständigt.