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Albert Farkas

Ein kühnes Kratzen an der Oberfläche von Hohlräumen.

5. 6. 2010 - 10:48

Ständig ohne Strom

Ein Gedicht zur angebrochenen internationalen Festivalsaison.

Festival Round-Up!
DIE LISTE zu allen (möglichen!) Sommerfestivals quer durch die Weltgeschichte findest du hier!

Der Raabser Burgwirt hat zwei Pferd',
denen verdankst du deinen Onkel Gerd.
Denn als deine Mama längst geboren war,
es war im vergnügten '76er Jahr,
da nahm dein Opi deine Omi mit
auf einem Romantikurlaub inclusive Ritt.
Doch kaum hatte er die Hände an den Zügeln,
verfing sein Hosenärmel sich im Bügel
und zitternd, zeternd verlor er die Balance,
der Traber gab ihm keine zweite Chance,
und fortgezerrt ward er vom störr'schen Wallach,
quer durch die Weide, zurück zum Stall, ach!
Niemandem gönn ich solche Schmerzen!
Keinen Schritt wich er nun mehr von dem Bette,
ließ sich verwöhnen, ließ sich herzen
von der ergeb'nen Omi, die sich - jede Wette -
wieder der Prosa hingegeben hätte
denn das Talent, das hatte sie, für's Schreiben
doch nun mit 'nem zweiten Kind, da ließ sie's bleiben.

Und doch ist man zum Gerd nicht fair,
wenn man sagt, die Schuld trägt er
alleine für Omis unentfaltenen Seiten
die schließlich die Großeltern entzweiten,
die Schuld für's Gebrüll und für's Gejammer
den viel zu frühen Ausbruch deiner Mama,
für Schwangerschaft in jungem Alter
die Panik eures einstigen Erhalters,
die schwarzen Punkte auf dem Falter,
und die Frage - Wo ist Walter?

Und wenn du auch der Ansicht bist,
dass dein Onkel um nicht viel nützl'cher ist,
als ein Fäustling auf den Tasten vom Klavier
oder ein Regenschirm gänzlich aus Papier,
und so unreif er sich auch manchmal gibt
ist er doch jemand, der dich aus ganzem Herzen ... mag.

Daran erinnerst du dich hin und wieder,
hörst du im Autoradio die alten Lieder,
also immer genau dann wenn die anderen
mit dir zu den begehrtesten Festivals wandern.
Dann fahrt ihr zusammen in den hohen Norden,
zur Mitternachtssonne und zu den Fjorden,
und wenn ihr dort schon vor Kälte nicht genug schnauft,
dann fahrt ihr eben noch ein paar hundert Kilometer weiter rauf.
Immer auf der Suche nach den spektakulärsten Kulissen,
den packendsten Bands und dem heimlichen Wissen,
um eine unvergessliche Erinnerung bereichert worden zu sein,
wie die Wellen einer Brandung erfüllt vom morgendlichen Sonnenschein,
so, wie sich mir selbst ein schön'rer Anblick nie enthüllte,
als das eine Mal, als ein Koch 'nen Müllsack füllte
und diesen versehentlich, aber doch ziemlich scharf,
einem Security im hohen Bogen auf den Schädel warf.

Doch heuer ist natürlich nichts mehr genauso wie in den Jahren davor,
die Bilder spuken im Kopf und die Rufe im Ohr,
von dieser Zeit der unbeschreiblichen Aufbruchstimmung,
frei von Zynismus und fast von Gesinnung,
als gegen eine Mauer des ungläubigen Schweigens
eine Menge den Eifer verspürten es vorzuzeigen,
was es tatsächlich heißt,
wenn man sich zusammenschweißt,
und verschiedenste Menschen mit all ihren Problemen
zusammenkommen, um ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen.

Der Festivalplaner Auf&Davon

jugendinfo

Infos zu internationalen Festivals, Reisevorbereitung und Städtetrips gibt es auch im auf&davon, erhältlich bei den österreichischen Jugendinfos.

Das ist nun nicht mehr ein paar Monate her,
und trotzdem fühlt sich's so an, als ob's ne Ewigkeit wär,
und du fragst dich, um wieviel weniger hier jeder konsumieren müsste,
bis dass auch hier die Sicherheitsdienste zur Säuberung rüsten,
doch immerhin fällst du schon lang nicht mehr auf den Trick herein,
labert die konzentrierte Verwertungslogik auch unaufhörlich auf dich ein,
es müsse hier jeder Zug mit zusätzlichen Kosten verbunden sein,
so weißt du doch, die Antwort darauf lautet nein, nein, und nochmals nein.

Und dann spürst du selbst die hartnäckigsten Zweifel verschwinden,
wenn sich die Sterne in die richtige Konstellation begeben,
und Helge Schneider und Gonzales sich zum infernalischen Duo verbünden,
um deine ausgetanzten Knochen wieder von neuem zu beleben.

Wenn du aber dein nächstes Line-Up betrachtest,
und dich dabei gedanklich an fremde Orte verfrachtest,
in die cantabrischen Weiten oder an ein schottisches Loch
und's dir dann auffällt, "Was, Gomez, die gibt's wirklich noch?",
dann widme einen Gedanken doch nur dem alten Gerd,
er hat die meiste Zeit verplempert, aber vielleicht war's das ja wert,
und jedenfalls gibt's doch wohl kaum irgendwo 'ne Flasche,
die Träume so schnell zerstören kann wie eine Schwade aus Asche.