Erstellt am: 30. 5. 2010 - 13:27 Uhr
Song Zum Sonntag: Karen Elson
he ghost who walks she's on the prowl
For the man she loved he cut her down
It was an ordinary night in June
When he drove her to the lake
So he could watch the full moon
The ghost who walks she's on the prowl
For the man she loved he laid her down
In the tall grass he kissed her cheek
But with her knife in his hand he plunged it in deep
She looked at him with pleeding eyes
He softly spoke my dear love has died
And then he muffled her desperate cries under the moon light
The ghost who walks she's on the prowl
Wonders in the moonlight she's crying to herself because
His eyes never looked fooled, but the moon and the blade it Shimmered like a jewel
She looked at him with pleeding eyes
He softly spoke my dear love has died
And then he muffled her deadly cries under the moonlight Under the moonlight,
Under the moonlight,
Under the moonlight.
huffingtonpost.com
Karen Elson ist, jo eh, die Ehefrau des großen Jack White, aber ihre musikalischen Ambitionen sind beileibe nicht auf dessen Betreiben hin geweckt worden. Schon vor ihrer Ehe hatte sie in New York eine Band gegründet, mit Robert Plant, Cat Power, James Iha und Melissa auf der Maur Musik gemacht und - nach eigenen Angaben - bereits über 100 Songs geschrieben. Es lässt sich aber auch nicht leugnen, dass die kenntnisreiche Produktion und das Arrangement von Jack White ihrer Platte schon viel Kraft und Direktheit verleihen.
"Der wandelnde Geist" ist Karen Elson selber, die in Interviews berichtet, dass sie in der Pubertät dieserart gehänselt woden war, wegen ihrer hellen Haut und ihres schlaksigen Körpers - einer der netteren Spitznamen aus der Zeit, wie sie sagt.
Nun hat sie diesen Geist zur Wiedergängerin in einer "murder ballad" werden lassen. Hier wird der alte europäische Volksglaube an die Revenanten erweckt, diese ruhelosen Toten, die auf der Erde wandeln, um an ihnen oder ihren Familien verübtes Unheil zu rächen. Dieses Unheil ist in dem Fall einer Liebenden geschehen, deren Liebster sie zum Ufer geführt und ermordet hat, ohne die üblichen Gründe wie Efersucht oder Verzweiflung. Er küsste sie, erstach sie und erstickte ihre Schreie im Mondlicht. Nun wandert sie herum, "on the prowl", verdammt zur Ruhelosigkeit - wie lange und warum, bleibt ungesagt.
Thomas Kramar über Karen Elson
Wiedergänger können herumwandeln, wie Grillparzers Ahnfrau, Michael Hurley's "Revenant" oder der klassische Vampir. Sie können als Nachzehrer vom Grab aus durch ihre geöffneten Augen oder Münder den Lebenden die Lebenskraft stehlen - weshalb dem Toten immer Mund und Augen geschlossen werden oder - besonders interessant - mehrere Steine oder Bohnen ins Grab gelegt, weil er, ehe er sein Werk beginnen durfte, diese erst zählen musste, und die "drei" - heilig wegen der Dreifaltigkeit - nicht aussprechen dürfe. Als Aufhocker setzen sie sich auf die Schultern der Lebenden, und werden dann immer schwerer und größer, bis die Menschen unter ihrer Last zusammenbrechen. Der jüdische Dibbuk schließlich geht nicht in Menschengestalt umher, sondern ist der Geist eines besessenen Toten, der sich einer lebenden Seele bemächtigt.
Der Song zum Sonntag ist eine Kooperation zwischen FM4 und der Presse am Sonntag und erscheint hier wie dort, wo sich der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar der Kolumne annimmt.
Aufmerksame LeserInnen werden schon bemerkt haben, wie die in diesem kleinen Exkurs verwendeten Metaphern nun hübsch verwendet werden könnten, das Verhältnis von Karen Elson und ihrem Ehemann und Produzenten Jack White zur musikalischen Tradtion des 20. Jahrhunderts übertrieben bildhaft darzustellen, mit den beiden in den Rollen wahlweise von Mensch oder Untotem/Wiedergängerin, und in den jeweils anderen Rollen Johnny Cash, Sandy Denny, Eartha Kitt, Friedrich Hollaender, Etta James, Bobbie Gentry, Cordelia's Dad, Weill/ Eisler, Mississippi John Hurt, Doc Boggs, Dave Swarbrick, Leadbelly, Nick Cave etc... aber das muss ja ga nicht sein, denn aus dieser teils parasitischen, teils mythischen Verbindung sind ja schon die meisten der überragenden Musiken der Genannten entstanden.