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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

29. 5. 2010 - 20:11

Fußball-Journal '10-22.

Einmal noch ein Österreich-Roundup, ehe es südafrikat.

Nicht einmal zwei Wochen sind es noch bis zur WM, die vielen Vorbereitungsspiele und Teamcamps in Österreich treten sich gegenseitig auf die Zehen (Neuseeland heute in Klagenfurt hätte ich echt gerne gesehen. Anm.: das habe ich vor dem Wissen um den überraschenden Sieg hingeschrieben) - es wird also ab so ziemlich sofort kaum noch Zeit bleiben für den (notwendigen) Blick auf den leisen Wahnisnn, der den heimischen Fußball umweht.

Sonst noch:
Frankreich richtet die Euro 2016 aus, die erste mit den 24 Teilnehmern. Dafür kann sich fast jede zweite europäische National-Mannschaft qualifizieren; gute Aussichten auch für Österreich dann also!

Dann ein unrühmliches Jubiläum, das aber wichtige Veränderungen nach sich zog: 25 Jahre Heysel-Katastrophe.

Und: morgen, Sonntag entscheidet sich, ob Österreichs U19-Junioren (zu dem sich David Alaba selber eingeladen hat) es zu ihrer Euro-Finalrunde (ebenfalls in Frankreich) schaffen.
Im letzten Spiel gegen Dänemark hilft nur ein Sieg, zudem sollten sich im Parallelspiel Serbien und die Schweiz am besten mit einem Remis selber aus dem Spiel nehmen.

Übrigens besteht praktisch die gesamte Offensive der Mannschaft aus Spielern, die im Ausland tätig sind. Das nur als Appetizer zum unten angeführten Junioren-Exodus.

Deshalb noch schnell ein Round-Up, ehe wir nur noch in Dimensionen entlang des indischen Ozeans denken. Auch deshalb, weil gestern auch die letzte Entscheidung gefallen ist: Wacker Innsbruck kommt wieder in die höchste Spielklasse, die Tivoli-Arena ersetzt quasi das verlorengegangene Klagenfurter EM-Stadion.

Bei der Meisterfeier, die in Pasching stattfand, wohin der gestrige Gegner Wackers, die Red Bull Juniors (das von Desinteresse überflutete B-Team aus Salzburg) abgeschoben wurde, ging innerhalb von Sekunden der Meisterteller kaputt und offenbarte damit seine billige Herstellungsweise: man erkannte die Klebestellen, die das Billig-Blech notdürftig (und untauglich) zusammengehalten hatte.
Was für ein perfektes Bild für die Saison der sogenannten 1. Liga, die sponsorlos in wenig sinnhafte Zukunft blickt (was natürlich kein Grund für derlei Unfug im sonst so sittsamen Vorarlberg ist).

Trotzdem ist der Titel (&Aufstieg) von Wacker Innsbruck das einzig nicht vorherzusehende Ergebnis der österreichischen Fußball-Saison gewesen. Bei Meisterschafts-Start sah es noch so aus, als würde Sponsor Trenkwalder seiner Admira den Titel mit einem Verzicht auf die Gentlemen-Agreements (was den Einsatz der Ausländer und Jugendbestimmungen betrifft) erkaufen, wie es Stronach im Vorjahr für Magna getan hatte (und wie es Mateschitz für Salzburg in der Bundesliga tut).

Bis auf Innsbruck: alles wie am Reißbrett

Darauf hat die Admira, vor allem im Nachrüstungs-Zeitraum, der Winterpause, verzichtet. Trenkwalder hat im Gegenteil Oldies und schlaffe Legionärs-Abzocker systematisch vor die Tür gesetzt und spricht von einem langfristigen, nachhaltigen Modell des Aufbaus, fast zu schön, um wahr zu sein.

Sonst lief alles, wie erwartet: das teuerste Team, das auf alle selbstauferlegten Regulative scheißt, hat die Bundesliga gewonnen (mit Mühe, was peinlich genug ist), die Top 4 sind die Top 4 - und es gibt keinerlei sportliche Absteiger.

Die 1. Liga in Zahlen, Daten und Fakten.

Auch das war zu Saisonbeginn schon irgendwie klar. Neben den endlich in die 3. Stufe entsorgten B-Teams der Großen (deren Aufstellungs-Politik ebenso wie die Zuschauerzahlen eine Verhöhung des kompetitiven Charakters von Fußball waren) erwischte es die seit Jahren die Geduld aller überstrapazierenden, dem Grasserismus frönenden und aus dubiosen Quellen befruchteten Kärntner und den Zwerg Dornbirn, für den der Sprung in die 2. Liga zu früh kam. Beide konnten und durften keine Lizenz mehr bekommen.

Erste Infos, wie es mit Kärnten weitergehen soll. Zu Gründen und Ursachen des kapitalen Versagens von Politik und "sportlicher Leitung" der Verweis auf Journal 15.

Das heißt: kein sportlicher Absteiger, dazu steigt der einzige Regionalliga-Meister, der aufsteigen kann, automatisch auf - und die, die sich gerade noch über zweite, dritte oder vierte Plätze reinmogeln können (ziemlich sicher St. Andrä/Wolfsberg, dann die Nummer 1 in Kärnten, und entweder Parndorf oder Horn) batteln um den letzten freien Platz.

Schwache Frühstücksdirektoren

Nicht unbedingt schon heuer war mit dem Rücktritt von Hans Rinner als Sturm-Chef zu rechnen - deshalb überraschte er ein wenig. Die Hintergründe schlüsselt die unbestechlich-kritische Plattform Sturm12 hier auf, und diese Bilanz des Nichts übers reine Troubleshooten hinaus Weiterbringens ist auch traurige Realität.

Rinner wird Bundesliga-Chef bleiben, ohne Hausmacht ist er dort wohl ein Nichts. Und weil die Liga es verabsäumt hat, sich jemanden an die Spitze zu setzen, der das als Fulltime-Job betrachtet, wird sich das noch rächen.

Ein anderer Frühstücksdirektor hat sich gerade in seinem Amt bestätigen lassen: ÖFB-Chef Leo Windtner bei der Bundeshauptversammlung.

Windtner hat, was seine Außen-Performance betrifft, durchaus dazugelernt: es klingt gut, was er da sagt, Substanz hat es nur geringfügig. Und das in einem ÖFB, bei dem es sowohl im Top-Bereich als auch in der Nachwuchs-Arbeit hint' und vorn nicht stimmt.

Exodus in Richtung Deutschland

Gut schaut es mit dem (dringend nötigen) Braindrain in Richtung Bayern München aus. Dort, wo die Jungstars David Alaba, Christoph Knasmüllner, Dominic Burusic, Christian Derflinger und Alessandro Schöpf sich heuer teilweise sensationell entwickelt haben, werden ab dem Sommer gleich drei weitere junge Österreicher ausgebildet: Marcel Holzmann, 19jähriger Salzburger U21-Akteur; der erst 16jährige Kevin Friesenbichler, Admira-Nachwuchs-Stürmer; und Dominik Traunmüller, Linksverteidiger des U17-Teams. Der Bursche mit thailändischen Wurzeln war als Kind schon bei den Bayern, die letzten Jahre dann in Linz - und kommt jetzt zurück.

Die drei sind hoffentlich nicht die einzigen, die den Absprung ins Ausland schaffen. Bislang ist noch allzu viel in trockenen Tüchern - deshalb ein unvollständiger Überblick über bereits fixierte Transfers: Andreas Lasnik hat sich von Alemannia Aachen zu Willem II Tilburg nach Holland verbessert. Eere wem Eere gebührt...
Mario Sara geht von Wacker zum FC Vaduz, dem Liechtensteiner Meister in der Schweizer B-Liga (von Eric Orie u.a. Florian Sturm trainiert).
Denis Berger wechselt von Jahn Regensburg zu Kickers Offenbach, Michael Langer von Freiburg zum FSV Frankfurt (wo Pa Saikou Kujabi spielt).

Schon bekannt:

Martin Harnik hat es zum VfB Stuttgart geschafft, wo auch Clemens Walch einen Profivertrag bekommt. Hochrücker sind auch Raphael Holzhauser (der es in die zweite Mannschaft der VfB geschafft hat), Bernhard Janeczek bei Gladbach, ebenso ein Junior wie Christian Bubalovic in der 2. von Energie Cottbus. Zurecht haben die Jungen Deutschland als besseres Ausbildungsfeld erkannt - gut, dass sie nicht auf die heimischen "Experten" hören.

Auch den Rückkehrern geht es nicht sooo schlecht. Da wären u.a. Marko Stankovic (Austria), Ernst Öbster (Innsbruck). Vor allem bei Rapid stehen einige Talente (Weimann, Daniel Wolf, Marco Djuricin, Dominik Rotter...) auf dem Wunschzettel.

Im Zusammenhang mit Atan (an dem Gencler interessiert ist) und Kavlak (Galatasaray) könnte das sogenannte Webster-Urteil erstmals praktische Bedeutung erlangen

Und über den Verbleib der heimischen Offensiv-Elite (Arnautovic, Janko, Hoffer, Okotie, Beichler, Jantscher, Maierhofer) und anderer Wechselkandidaten (Macho, Dragovic, Fuchs, Garics, Scharner, Leitgeb, Kavlak, Atan...) und vor allem der sich komplett zerstreuenden Salzburger Juniors wird (auch die WM über) nicht hier, aber anderswo (hier etwa) berichtet werden. Im Schatten Südafrikas lässt sich ganz brauchbar verhandeln.