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Irmi Wutscher

Gesellschaftspolitik und Gleichstellung. All Genders welcome.

31. 5. 2010 - 11:25

Keith Haring 1978 - 1982

Die frühen Werke von Keith Haring sind jetzt in der Kunsthalle Wien zu sehen. Dabei wird mit einigen Mythen aufgeräumt.

Beim Namen Keith Haring hat man sofort ein Bild vor Augen: Knallbunte Strichmännchen, die tanzen. Das riesige rote Herz mit Beinen oder das Baby mit Strahlenkranz. Denn Harings Bilder kann man nicht nur in jedem Postershop der Welt fürs Wohnzimmer kaufen, sie zieren auch T-Shirts, Kaffeehäferl, Mousepads usw. Wieso sollte man sich dann eigentlich noch eine Ausstellung der Original-Bilder ansehen? Zum Beispiel, um zu sehen, wie Haring eine eigene Bildsprache entwickelt hat.

Bis 19 September ist die Keith Haring Ausstellung noch in der Kunsthalle im Wiener Museumsquartier zu sehen.

Keith Haring, Untitled, 1980 © Keith Haring Foundation

Keith Haring, Untitled

Seit 28. Mai 2010 ist in der Wiener Kunsthalle nämlich eine Ausstellung zu sehen, die Werke aus Keith Harings früher Schaffensperiode zeigt. Die Schau ist eingebettet in den heurigen Achtziger Jahre Schwerpunkt der Kunsthalle, der mit der Ausstellung zum Jahr 1989 begann und nach Haring mit der Ausstellung "Séripop" fortgesetzt wird.

Kunsthallen-Direktor Gerald Matt über den Fokus der aktuellen Ausstellung: "In der Ausstellung sieht man, wie sich ein Künstler entwickelt. Man sieht viele Werke, die zum Verständnis dessen, was wir unter Keith Haring heute sehen, notwendig sind, und ein differenziertes Bild eines Künstlers zeigen."

Media-Mix

Denn sowohl inhaltlich als auch, was die Medien betrifft, wird ein weiterer Bogen gespannt, als man das von Haring gewohnt ist. Kuratorin Raphalea Platow über das Konzept der Schau: "In terms of content people get to see how Keith Haring developed his visual language. There are many abstract works, this is how he started out. Then there are also many works based on language and words, which, I think, are not commonly known at all. And then, in the middle of the show, the figures, the language, the vocabulary is introduced, that we are all familiar with."

Keith Haring, Courtesy Keith Haring Foundation Archives

Keith Haring

Die Ausstellung beginnt mit einem Video von Keith Haring, in dem der Künstler tanzt und abwechselnd seine Zunge oder seine Nerd-Brille in die Kamera hält. Flankiert wird das von Fotos des Nachtlebens im New York der 80er Jahre, inklusive Szenegrößen wie Grace Jones oder Klaus Nomi.

Denn 1978, in dem Jahr, das den Anfang der Schau markiert, kommt Haring nach New York, um an der School for Visual Arts zu studieren, und lernt dort die Underground-Kunstszene kennen. Daraus resultieren oben genannte Foto und Video-Arbeiten (zum Beispiel auch ein Video einer Klaus-Nomi-Performance), aber auch Experimente in der Zeichnung, wie die Manhattan Penis Drawings-Serie. Ebenfalls gezeigt werden Spielereien mit Sprache, etwa Zeitungscollagen oder an Beat-Poesie erinnernde Wort-Bilder.

Keith Haring, Manhattan Penis Drawings for Ken Hicks, 1978 © Keith Haring Foundation

Keith Haring, Manhattan Penis Drawing Series for Ken Hicks

"Keith's word pieces as well as his early video pieces and much of the earlier drawings, they really come from a place of education, that he received while he was in New York at the school of visual arts", erklärt Julia Gruen, Direktorin der Keith Haring Foundation, die mit Haring in den Achtziger Jahren zusammengearbeitet hat.

Dekonstruktion von Mythen

Denn - so sind sich Kuratorin und Haring Foundation einig - mit dem Zeigen des Frühwerks sollen einige populäre Mythen über Keith Haring ausgeräumt werden. Etwa, dass er ein naiver Künstler war, der einfach so mit seinen Strichmännchen auf der Bildfläche der Kunstszene erschien. Vielmehr war Haring ein ausgebildeter Künstler war, hinter dessen Bildsprache und Sich-Bedienen gewisser Medien durchaus ein Konzept steht. Dazu Julia Gruen: "There is this whole other side to Keith, which had to do with the intellect, which had to do with study and scholarship and academics."

Ein weiterer Mythos, den die Ausstellung ausräumen will, ist, dass Haring ein Grafitti-Künstler ist. Diese Kunstform kam zwar gerade auf, und ging natürlich auch an Haring nicht spurlos vorüber: "Keith really loved this art form", meint Gruen dazu - "He thought it had a kind of energy that was completely missing from the more conventional art forms." Er selbst konnte und wollte aber nicht mit den Spraydosen-Kids von der Straße konkurrieren und fand seinen eigenen Weg, Grafitti zu realisieren. "He was using chalk in the subways. And furthermore he was creating these hundreds of drawings over a period of four years in full public, with an audience. During the morning, during the daytime, during the evening, not in secret. And he was arrested many times, for making this mischief!" erzählt Julia Gruen.

Keith Haring” © Kunsthalle Wien, Foto/photo: Stephan Wyckoff: Keith Haring, Untitled, 1982, Courtesy of Keith Haring Foundation

Diese Kreidegraffitis sind in einer Diashow dokumentiert. Ansonsten konzentriert sich die Ausstellung auf Zeichnungen auf Papier, anhand derer verfolgt werden kann, wie Haring zu seiner eigenen Bildersprache findet. Ein Weg, den alle guten KünstlerInnen gehen, meint Julia Gruen: "As an artist, you distill into that, which is the most powerful and relevant thing to you. If you are lucky you distill. And for Keith: He found his strongest voice in using figurative images. But these early points of origin are really interesting!"

Ausstellungsansicht/exhibition view, “Keith Haring” © Kunsthalle Wien, Foto/photo: Stephan Wyckoff

Die Ausstellung wirft ein Licht auf Keith Haring vor seinem späteren, popstarhaften Ruhm, vor Andy Warhol, Pop Shop und der AIDS-Krise. Ein Keith Haring, der sich als Künstler ausprobierte, der seine Kunst auf die Straße hinaustrug und sie in Austausch mit dem Publikum realisierte. Oder, wie Gerald Matt es zusammenfasst: "In gewisser Weise könnte man sagen, diese Ausstellung räumt mit vielen Klischees auf, die durch diese Poster und Postkartenverbreitung geschaffen wurden, und macht den eigentlichen Keith Haring wieder sichtbar."